Tennis:Dieser Mann will Roger Federers Comeback ruinieren

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Jürgen Melzer trifft bei den Australian Open auf Roger Federer. (Foto: imago/GEPA pictures)
  • Der Österreicher Jürgen Melzer kämpfte sich bei den Australian Open nach seiner Verletzungspause bis ins Erstrundenmatch gegen Roger Federer.
  • Melzer gilt als zäher Gegenspieler, der ein etwas altmodisches Tennis spielt.
  • Auch Roger Federer kehrt nach einer Operation samt langer Reha- und Aufbauphase zurück.

Gerald Kleffmann, Melbourne

Der Mann, der das Comeback des heiligen Roger Federer ruinieren will, ist ein Österreicher. Er heißt Jürgen Melzer, ist 35 Jahre alt und genoss früher den Ruf, ein Schwerenöter auf der Tour zu sein. Wenn man im Internet nach Fotos von ihm sucht, lässt sich tatsächlich so manches Motiv finden, das ziemlich interessant ist, aber das ist ein anderes Thema. Jürgen Melzer ist ja immer noch zuvorderst Profi, er ist in der Langzeitbetrachtung nach dem früheren French-Open-Sieger Thomas Muster sogar der erfolgreichste Spieler seines Landes.

Dass er sich nun für diesen Montag bei den Australian Open ein Erstrundenmatch gegen den 17-maligen Grand-Slam-Sieger erkämpft hat, ist eine erstaunliche Geschichte, die er selbst auch nicht so kommen sah. Melzer war wegen einer schweren Schulterverletzung samt Operation lange weg, zehn Monate. Und sein Tennis wirkt heute irgendwie doch aus der Zeit gefallen.

Melzer ist eine Mischung aus dem alten Jimmy Connors und einem Marathonläufer. In seinen besten Tagen, die vor allem 2010 waren, als er etwa im Halbfinale der French Open stand (und dort Rafael Nadal unterlag), war er einer der am zähesten zu besiegenden Spieler. Weil er nicht die Geduld verliert, sondern es auch völlig okay findet, den Ball eben noch ein weiteres Mal übers Netz zu befördern. Auch heute noch setzt er dabei nicht so viel Topspin in seinen Schlägen ein, wie das die heutige Generation tut.

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"Es ist schön zu sehen, wie die das Tennis angehen", sagt Melzer trotzdem bewundernd in Melbourne, nachdem er sich in vier kleinen Schlachten durch die Qualifikation gepirscht hatte. Sein Bruder Gerald stand übrigens auch im Hauptfeld, klar, als 87. der Weltrangliste war er direkt qualifiziert. Beide in Runde eins, das kam noch nie vor bei einem Grand Slam, was Jürgen Melzer natürlich freute. Nur Federer jetzt? "Den hab ich mir nicht gewunschen", sagt er auf Österreichisch. Federer ihn als Gegner offenbar aber schon.

Die beiden kennen sich ja bestens, sie sind derselbe Jahrgang, 1981, Melzer findet überhaupt, dass die zwischen 1981 und 1983 Geborenen eine "goldene Generation" gewesen seien. Viele Spieler aus dieser Epoche seien nicht wegzukriegen von der Tour. Vor seinem letzten Qualifikationsspiel gegen den Amerikaner Rajeev Ram hatte Melzer Federer im Gang getroffen, und da rief ihm der Schweizer zu: "Dann sehen wir uns im Hauptfeld." Federer wusste da ja immerhin schon, weil die Auslosung feststand, dass er auf einen Qualifikanten treffen würde. Melzer wurde ihm dann tatsächlich zugelost. So wird auch für ihn dieses Erstrundenmatch ein besonderes sein. So oft spielt Federer nicht mehr gegen Kontrahenten, die er noch aus seiner Jugend kennt. Ein Klassentreffen in der Rod Laver Arena wird das also sein.

Melzer bewundert Federer für seine Bodenständigkeit

Mit 14 waren sie sich das erste Mal begegnet, sie wurden Profis, "doch es dauerte erstaunlicherweise bis 2010, bis wir das erste Mal gegeneinander spielen mussten", erinnert sich Melzer. Vier Duelle wurden es dann bislang, 2011 in Monte-Carlo siegte sogar Melzer, in jenem Jahr war er die Nummer acht der Welt, seine Athletik und sein Wille hatten ihn so weit gebracht. 2010 hatte er als erster Österreicher sogar in Wimbledon triumphiert, im Doppel holte er mit dem Deutschen Philipp Petzschner den Titel. Heute gibt er zu: "Ich kann nicht mehr vier Stunden Tennis spielen, drei Stunden Kondition machen und mich dann ausstretchen."

Wenigstens weiß er, inzwischen die Nummer 300 der Weltrangliste: Federer kommt "ja auch nicht nach einer 25-Match-Winning-Streak zurück", sondern auch nach einer Operation samt langer Reha- und Aufbauphase. Nur: Federer ist eben Federer, "es gibt nichts, was er nicht kann". Auch menschlich bewundert er ihn: "Er ist so ein Netter, komplett auf dem Boden geblieben, dabei hat er so viel erreicht."

Bruder Gerald, 26, hat am Montagnachmittag dann sein Match gegen den jungen Australier Alex De Minaur mit 7:5, 3:6, 6:2, 6:7, 1:6 verloren. Der 26-Jährige, ebenfalls Linkshänder, wirkt in vielen Bewegungen wie ein jüngerer Klon seines großen Bruders, die beiden verstehen sich auch blendend. Nur gibt es von Gerald nicht so schöne Whirlpoolfotos wie von Jürgen. Aber das ist wirklich eine ganz andere Geschichte.

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