Sven Bender von Borussia Dortmund:Mann mit den langen Gräten

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Wer ist der wichtigste Fußballspieler von Borussia Dortmund? Für Trainer Jürgen Klopp ist das wohl Sven Bender. Der Defensivdenker erdet das Spiel der Dortmunder Abenteurer. Er ist der wahre "moderne Sechser", denn er ist ein lästiger Verfolgungsfußballer und kann auch noch richtig gut kicken.

Christof Kneer

Wenn man die Leute auf der Straße nach den wichtigsten Dortmunder Fußballspielern fragen würde, dann würde Mario Götze wahrscheinlich als erster genannt. Auch Shinji Kagawa und Robert Lewandowski kämen auf zahlreiche Nennungen, aber es kommt natürlich auch immer darauf an, wo die Straße steht. Je näher sie an Dortmund liegt, desto höher dürfte der gebürtige Borusse Kevin Großkreutz im Kurs stehen, dem es gelingt, in diesen glatten Zeiten immer noch wie ein kantiger Achtziger-Jahre-Fußballer auszusehen.

Gleich schießt er - der rechte Fuß des Dortmunder Mittelfeldspielers Sven Bender, der viel mehr kann als nur das Spiel zerstören. (Foto: dapd)

Je nach Klientel kämen auch Mats Hummels (Frauen), Roman Weidenfeller (Torhüter) oder Sebastian Kehl (Nostalgiker) in die Wertung, und mancher Befragte wüsste vielleicht sogar, wie man B-l-a-s-z-c-z-y-k-o-w-s-k-i buchstabiert.

Nur Jürgen Klopp, der würde Sven Bender nehmen.

Sven Bender sei "seine Lebensversicherung", sagt der Dortmunder Trainer im kleinen Kreis oft. Jeder spürt, dass das Spiel von Borussia Dortmund über ein Geheimnis verfügt, aber wie jedes anständige Geheimnis ist auch dieses so geheim, dass man schon Jürgen Klopp oder Joachim Löw sein muss, um es zu kennen. Es ist nämlich so, dass Lewandowski nur deshalb so stürmen und Götze/Kagawa nur deshalb so dribbeln und Großkreutz nur deshalb so marschieren und die Außenverteidiger Piszczek und Schmelzer nur deshalb so weit vorrücken können - weil es Sven Bender gibt.

Es wird ja immer behauptet, dass es in Deutschland inzwischen so viele Sechser gebe, moderne Sechser, wie meist stolz angefügt wird. Gemeint sind Spielertypen wie Bastian Schweinsteiger, umoperierte Zehner, deren Kernkompetenz darin besteht, das eigene Spiel schön zu machen. Dem gegnerischen Spiel die Schönheit nehmen, das können sie schon auch, aber es ist nicht ihre beste Disziplin. Ihre Defensivbeiträge bestehen eher darin, kundig im Raum herumzustehen, kenntnisreich zu verschieben und manchmal, immerhin, den Oberkörper dazwischenzustellen.

Sven Bender dagegen sagt, es sei seine "Hauptaufgabe, den Druck von der eigenen Abwehr fernzuhalten". Er ist wirklich ein moderner Sechser. Er steht nicht in der Tradition von Uwe Bein, eher in der von Jens Jeremies. Er kann ein total lästiger Verfolgungsfußballer sein, er kann einem Gegner hinterherrennen und ihm den Ball abjagen. Kundig herumstehen und kenntnisreich verschieben kann er natürlich auch. Und er kann - das unterscheidet ihn von den alten Sechsern - auch richtig gut kicken.

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Bei Sven Bender, 22, dessen Zwillingsbruder Lars in Leverkusen spielt, stimmt die Reihenfolge. Er denkt erst an die Defensive und dann, sofern erledigt, an die Offensive. Man darf die Behauptung riskieren, dass sich die Dortmunder ihr abenteuerlustiges Spiel nur leisten können, weil sie diesen dienstbaren Geist im Zentrum wissen. Er erdet dieses himmelhoch jauchzende Spiel, aber er limitiert es nicht. Er bringt es zur Geltung.

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Diese Benders hätten "so lange Gräten, die bringen sie überall dazwischen", schwärmte einst bei 1860 München der ehemalige Löwen-Trainer Marco Kurz. Sven Bender hat einen so berüchtigt langen Fuß, dass es manchmal wirkt, als sei er mit vier Füßen unterwegs.

Nimmt man die vier seines Zwillingsbruders Lars hinzu, dann sind es acht. Kein Wunder, dass die Vielfüßler mehr laufen als normale zweibeinige Profiwesen; der Leverkusener Lars hat gerade einen neuen Ligarekord aufgestellt, 13,9 Kilometer in einem Spiel.

Lars Bender spielt in Leverkusen offensiver als Sven das in Dortmund darf, aber beide widersprechen der gängigen Lehrmeinung, wonach Lars grundsätzlich der offensive und Sven grundsätzlich der defensive Bender sei. Sie könnten beide beides, sagen sie, man würde sie halt nur unterschiedlich besetzen.

Die Dortmunder Draufgänger werden ihren Sven aber weiterhin als Langfuß und Defensivdenker brauchen, und darüber hinaus müssen sie hoffen, dass sie nicht mit dem DFB in Konflikt geraten. Niemand weiß, ob es von den Statuten überhaupt gedeckt ist, dass ein Spieler mit vier Füßen spielt.

© SZ vom 03.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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