Supercup in Dortmund:Der FC Bayern lässt sich nicht lange stressen

Lesezeit: 3 min

Titel Nummer eins: der neue Bayern-Coach Julian Nagelsmann und seine Spieler bei der Supercup-Fete in Dortmund. (Foto: Leon Kuegeler/Reuters)

Erster Sieg und erster Titel für Julian Nagelsmann: Mit einem 3:1 im Prestigeduell gegen Borussia Dortmund gewinnt der FC Bayern den Supercup. Robert Lewandowski zeigt sich im Duell der Torjäger in starker Frühform.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund/München

Den berühmtesten Fingerzeig repräsentiert ein Deckenfresko im Vatikan: Michelangelos Gemälde von der "Erschaffung Adams". John Travoltas gen Himmel gerichteter Zeigefinger am ausgestreckten Arm in "Staying Alive" war ein stilprägender Fingerzeig für die Tanzbranche. Und rebellisch mutete an, wie trotz seines strengen Zeigefingers der Lehrer Lämpel von Max und Moritz in Brand gesteckt wurde. In der Kulturgeschichte wimmelt es von bedeutenden Fingerzeigen, doch jener "Fingerzeig", den sich Borussia Dortmunds Fußballtrainer Marco Rose explizit vom Supercup gegen Bayern München versprochen hatte, erwies sich am Dienstagabend für den BVB nicht wie erhofft als rebellisch und stilprägend - sondern eher als ein bisschen ernüchternd.

Als "Prestigeduell, in dem jeder sehen will, wie die Kräfte verteilt sind", hatte Münchens Trainer Julian Nagelsmann die Partie im Vorfeld bezeichnet. Dies war die Definition von Roses "Fingerzeig". Wenn man den Münchner 3:1 (1:0)-Sieg unter diesem Gesichtspunkt interpretiert, dann deutet halt doch vieles auf den zehnten Meistertitel in Serie für Bayern München hin. Die Dortmunder demonstrierten gleichwohl glaubhaft ihren Willen zur Gegenwehr, und insofern war das intensive Spiel auch ein Trost für alle neutralen Zuschauer mit grundsätzlichem Interesse an Spannung.

SZ PlusFC Bayern in der Einzelkritik
:Neuer nimmt Haaland in Manndeckung

Der Nationaltorwart gewinnt das Privatduell mit dem Ausnahmestürmer, Niklas Süle wagt sogar einen Ausflug - und Müller ehrt Müller. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Von Sebastian Fischer

Beide Trainer hatten mit je nur einer Veränderung auf ihre Startformationen vom Bundesliga-Auftakt am vergangenen Wochenende gesetzt. Beim BVB musste Rose den verletzten Flügelstürmer Thorgan Hazard ersetzen, entschied sich dabei allerdings nicht für den niederländischen Zugang Donyell Malen, sondern für den 16 Jahre jungen Stürmer Youssoufa Moukoko, der mit Erling Haaland eine Doppelspitze bildete. Das war mutig gegen den FC Bayern, aber vermutlich hatte Rose die Defensivprobleme der Münchner im Auftaktspiel bei Borussia Mönchengladbach gesehen und sich gedacht, dass man die Bayern-Abwehr mit einer Doppelspitze ganz gut stressen könnte. Das gelang bedingt.

Beim FC Bayern verzichtete Julian Nagelsmann in der Startelf auf Leroy Sané, versetzte den Linksangreifer Serge Gnabry auf die rechte Außenbahn und brachte links Kingsley Coman. Die Rochade erwies sich als kluger Schachzug, weil der Dortmunder Rechtsverteidiger Felix Passlack dem blitzschnellen Coman immer wieder Ballgewinne ermöglichte. In der 41. Minute, als Coman und Gnabry die Seiten längst getauscht hatten, konnte Passlack Gnabry auch nicht an jener Flanke hindern, die Robert Lewandowski mit Anlauf zur 1:0-Halbzeit-Führung einköpfte. Wie ein Volleyballer zum Schmetterball flog er in beeindruckender Manier heran.

"Er hat einen unglaublichen Spirit reingebracht. Er ist wie eine Lebensversicherung gewesen, überragend gut", sagte Nagelsmann bei Sky. Seinen eigenen Anteil am Titelgewinn wollte der Coach nicht überbewerten: "Der Titel ist eine Belohnung für die letzte Saison. Das ist ein Titel, der Hansi und der Mannschaft gebührt." Gleichwohl betonte Nagelsmann, dass der Erfolg auch für ihn eine Bedeutung habe.

Neue Saison, altbekannte Geste: Robert Lewandowski entschied das Supercup-Finale in Dortmund mit zwei Toren für den FC Bayern. (Foto: Martin Meissner/AP)

Die Münchner Spieler, die sich zu Ehren des verstorbenen Gerd Müller in Trikots mit der Rückennummer 9 und dem Namen Müller aufgewärmt hatten, ließen sich von der Dortmunder Doppelspitze nur hier und da beeindrucken. Sie dominierten das Spiel, versäumten aber eine frühere Führung, ehe Marco Reus in der 20. Minute mit der ersten BVB-Chance am fabelhaften Manuel Neuer scheiterte. Es war ein Actionfilm von einem Fußballspiel. Rauf und runter, hin und her, ohne Rücksicht auf (Ball-)Verluste. Auch das Spiel ein Fingerzeig: Wer Meister werden will, muss nicht nur an den Bayern vorbei, sondern wohl auch an Dortmund.

Beide Bayern-Tore fallen über Dortmunds rechte Seite

Zum neunten Mal standen sich die Klubs im Supercup gegenüber (und bereits das zehnte Mal, wenn man die inoffizielle Austragung im Jahr 2008 mitrechnet, die Dortmund 2:1 gewann). Die vorherigen acht offiziellen Supercup-Duelle hatten sich der BVB und der FCB schön 4:4 aufgeteilt. Die einzige Auflage auf neutralem Boden 1989 in Kaiserslautern gewann der BVB, die beiden Spiele in München (2012 und 2020) gewann der FC Bayern und von den zuvor fünf Spielen in Dortmund gewann drei der BVB und zwei der FCB. Macht zusammen: je vier Siege gegeneinander. Nun liegt Bayern im direkten Vergleich 5:4 vorne.

Auch das zweite Tor fiel über die rechte Dortmunder Abwehrseite. Diesmal brachte Alphonso Davies den Ball in die Mitte, wo Lewandowski BVB-Torwart Gregor Kobel irritierte und Thomas Müller dadurch den Abstauber zum 2:0 ermöglichte (49.). Spannung keimte, obwohl Haalands Treffer in der 53. Minute wegen Abseits aberkannt wurde. Für die Dortmunder war diese Aktion trotzdem das ermutigende Signal, dass gegen die Münchner Abwehr etwas möglich erschien.

Wichtige Tat: Manuel Neuer rettet seinen FC Bayern gegen Marco Reus (r.). (Foto: Lars Baron/Getty Images)

In der 64. Minute verkürzte Marco Reus auf 1:2. Sein Kunstschuss von der Strafraumgrenze drehte sich um die Münchner Abwehr herum in den Winkel jenes Tores, in dem Neuer diesmal machtlos war. Es war insgesamt schon Reus' achter Treffer gegen Neuer.

Die Entscheidung zugunsten der Bayern brachte in der 74. Minute ein Aussetzer des BVB-Abwehrmanns Manuel Akanji. Seinen unbedrängten Pass blockte der frisch eingewechselte Corentin Tolisso, und diesen Abpraller verwandelte der völlig freistehende Lewandowski zum 3:1. Für Nagelsmann war es der erste Sieg als Trainer des FC Bayern München.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusJesse Marsch im Interview
:"Das war wie eine Explosion in meinem Kopf"

Jesse Marsch, der neue Trainer von RB Leipzig, spricht über Kämpfe mit Mentor Ralf Rangnick, seine Faszination für Plattenbauten - und wie er es aus Wisconsin über die Princeton University in den europäischen Fußball schaffte.

Interview von Javier Cáceres

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: