"Keep on fighting", schreibt Jürgen Klinsmann unter seine Abschiedsnachricht, und allein anhand dieser kleinen Botschaft - weiterkämpfen! - lässt sich ein merklicher Unterschied erkennen zwischen Südkorea und der Vergangenheit. "HaHoHe euer Jürgen", so lauteten die heute fast schon legendären Abschiedsworte an die Anhänger von Hertha BSC Berlin, wo Klinsmann im Februar 2020 nach gerade einmal elf Wochen seinen Rücktritt verkündete, weil er einen Verein kennengelernt hatte, den er nicht mehr länger trainieren wollte.
Das "Keep on fighting" allerdings lässt sich diesmal auch reflexiv deuten, es könnte sich genauso gut auf Klinsmann selber beziehen, der eigentlich gerne in Südkorea weitergekämpft hätte bis zur Weltmeisterschaft 2026 in seiner Wahlheimat USA. Nur suchen die Südkoreaner eben einen anderen General als ihn, wie sich anhand der Entlassungspapiere erkennen lässt.
Newsletter abonnieren:Morgen im Stadion
Der besondere Blick der SZ-Sportredaktion auf den Bundesligaspieltag, jeden Freitag als Newsletter. Kostenlos anmelden.
Keine besonders schlechte Bilanz hinterlässt Klinsmann nach elfeinhalb Monaten Nationaltraineramt. Neun Siege, fünf Unentschieden und drei Niederlagen aus 17 Spielen, ein Halbfinale beim Asien-Cup, ein souveräner Start in die asiatische WM-Qualifikation - es waren nicht die Rohdaten, die für Klinsmann zum Problem wurden. Sondern vielmehr die Nebenschauplätze.
In der zerstrittenen Mannschaft tobte ein Generationenkonflikt
Da wäre das von den Medien skandalisierte Lächeln nach dem enttäuschenden Ausscheiden gegen Jordanien, das ihm als fehlende Ernsthaftigkeit ausgelegt wurde. Da wäre die fehlende taktische Weiterentwicklung, die zuletzt in einer fatal niedrigen Anzahl an Toren mündete. Wie ein Klinsmann-Best-of klingt das, wie die Geschichte eines Trainers, der in der Branche allerorts für seinen Ideenreichtum geschätzt wird, aber der die Umsetzung nicht beherrscht.
Zur ganzen Wahrheit gehört aber im Falle Südkoreas auch die Frage, welcher Trainer diese Mannschaft erfolgreicher hätte trainieren können. Eine Zankerei zwischen dem inzwischen 31-jährigen Führungsspieler Heung-min Son und dem jungen PSG-Talent Kang-in Lee, bei der sich Son ein Fingergelenk auskugelte, war zuletzt öffentlich geworden und gab den Blick frei auf einen massiven Generationenkonflikt, der in der zerstrittenen Mannschaft tobt, die auch auf dem Feld offensichtlich kaum zueinanderfinden wollte.
Dass es kulturelle Unterschiede gibt, die die Lösung einer solchen Thematik erschweren und die er vor dem Amtsantritt unterschätzt hat, ist auch Klinsmann zuletzt klar geworden, hört man aus seinem Umfeld. Freiwillig aufgeben wollte er die Trainerposition allerdings auch nicht, was jedoch nichts daran ändert, dass der 59-Jährige sich in einer nicht allzu aussichtsreichen Position seiner Karriere wiederfindet, als gescheiterter Trainer einer mittelgroßen Fußballnation. Es hilft nur: Weiterkämpfen.