Streit im deutschen Eisschnelllauf-Team:Pechstein, immer wieder Pechstein

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Steht im Ruf, der Agressor zu sein: Claudia Pechstein. (Foto: dpa)

Wer immer wieder in Konflikte verwickelt ist, kann irgendwann nicht mehr glaubhaft behaupten, nur das Opfer zu sein. Es wäre längst angebracht, die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein in die Schranken zu weisen. Notfalls auf Kosten von Medaillen.

Ein Kommentar von Joachim Mölter

Unter zwei deutschen Eisschnelllauf-Olympiasiegerinnen gibt es gerade Streit, wieder einmal, das ist ja nichts Neues. In den neunziger Jahren gab es Reibereien zwischen Gunda Niemann-Stirnemann und Claudia Pechstein. Nach der Jahrtausendwende folgte der als "Zickenzoff" bekannt gewordene Zwist zwischen Anni Friesinger und Claudia Pechstein. Nun gibt es Ärger zwischen Stephanie Beckert und Claudia Pechstein.

Pechstein, Pechstein, immer wieder Pechstein. Wer immer wieder in Konflikte verwickelt ist, kann irgendwann nicht mehr glaubhaft behaupten, nur das Opfer zu sein, die Angegriffene, die Unschuldige. Sondern muss mit einem unliebsamen Ruf leben - dem des Aggressors. Claudia Pechstein scheint das nichts auszumachen, sie hat ihre Interessen stets aggressiv vertreten und ist offensichtlich gewillt, das weiterhin zu tun. Zu sehen am jüngsten Konflikt, den sie verursacht hat.

Es mag ja stimmen, dass Stephanie Beckert am Wochenende nicht in Form war beim Weltcup-Finale; es mag auch stimmen, dass sie vorher nicht am Teamtraining teilgenommen hat. Das kann man kritisieren, aber nicht unbedingt sofort in aller Öffentlichkeit. In Mannschaften ist es üblich, solche Dinge erst einmal intern anzusprechen. Aber da hätte sich Pechstein womöglich auch einige Fragen gefallen lassen müssen.

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In ihrer 2010 erschienenen Autobiografie "Von Gold und Blut" hat die 41-Jährige über ihre 17 Jahre jüngere Teamkollegin unter anderem geschrieben: "Meine Faust möchte unbedingt in ihr Gesicht." Kann man es Stephanie Beckert da verdenken, wenn sie Pechsteins Gegenwart lieber meidet, so oft sie kann? Ist es nicht nachvollziehbar, wenn Beckerts Management nun von "Mobbing" spricht? Wenn es den Verband auffordert, die junge Athletin zu schützen?

Die Funktionäre der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) geben in der Angelegenheit ein schwaches Bild ab. Sportdirektor Günter Schumacher wurde am Wochenende mit dem Satz zitiert: "Die DESG hat beide Läuferinnen nötig." Das offenbart zweierlei: Dass der Erfolg, oder auch nur die Aussicht darauf - hier eine erhoffte WM-Medaille im Team-Wettbewerb - allen anderen Werten vorgezogen wird, die in einer Gemeinschaft an vorderer Stelle stehen sollten: ein höflicher, respektvoller Umgang miteinander zum Beispiel.

Und zweitens, dass Pechstein wohl keine ernsthaften Sanktionen zu befürchten hat wegen ihres unsportlichen Verhaltens. Dabei wäre es längst angebracht, sie mal in die Schranken zu weisen. Notfalls auf Kosten von Medaillen.

© SZ vom 12.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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