Champions League:Der Fußball beschädigt sich selbst

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Raheem Sterling trat in den Rasen und dann flog er dahin gegen Donezk. Es gab Elfmeter. (Foto: Andrew Yates/Reuters)

Football-Leaks, Kommerz, Fanproteste - auf den Fußball prasselt gerade viel ein. Doch das Verhalten von Raheem Sterling und Jose Mourinho zeigt den Sittenverfall auch auf dem Feld.

Kommentar von Jonas Beckenkamp

Es sind keine leichten Zeiten für den Fußball, von allen Seiten prasselt es derzeit auf ihn ein. Von den Football-Leaks, die infame Geschäftspraktiken europäischer Großklubs offenlegen, von den Fans, die sich die gute alte Zeit zurückwünschen und von den Regelhütern, die mit der Einführung des Video-Schiedsrichters das Spiel gravierend verändert haben.

Mancherorts zumindest, denn in der Champions League gibt es jene Hilfestellung für Referees noch nicht. Doch ob mit oder ohne technische Innovationen im Fußball - Mitleid ist nur bedingt angebracht, wenn es um die verlorengegangene Würde des Spiels geht. Sie ist zwar eigentlich genauso unantastbar wie jene des Menschen (was gewiss auch Karl-Heinz-Rummenigge bestätigen würde), aber wenn der vergangene Spieltag in Europas Eliteklasse eines gezeigt hat, dann das: Die Protagonisten des Fußballs tragen auch selbst Schuld an der Glaubwürdigkeitskrise des Sports.

Die Szene, die Manchester Citys Stürmer Raheem Sterling gegen Donezk einen Elfmeter einbrachte, war eine solche Farce, dass man sie am besten für immer vor fußballspielenden Kindern verstecken sollte. Leider hat das Mantra "Don't try this at home" noch nie jemanden von der Nachahmung abgehalten, weshalb auf den Dorfplätzen des Landes nun wieder fleißig Kopien von Sterlings Fallflug ohne jede gegnerische Berührung stattfinden werden.

Mit Hilfe des Videoschiedsrichters wäre sein stumpfer Tritt in den Rasen sicher entlarvt worden, aber so kam er kommentarlos davon. Der Anstand, einen solchen Sturz wahrheitsgemäß beim Schiedsrichter zu melden, ist also nicht mal mehr von einem Engländer zu erwarten - dabei gilt Unehrlichkeit auf der Insel immer noch als schweres Vergehen.

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Ein anderer Höllenhund, der den Fußball schon lange, viel zu lange, rufschädigend beackert, ist der Trainer Jose Mourinho. Seine Entgleisungen sind vielfach aktenkundig, sein Verhalten kennt kaum noch Werte, er richtet nur nach eigenem Gutdünken - meist sind alle anderen die Bösen. Höhepunkt seiner Fehlgriffe war wohl jener, als er seinen Zeigefinger ins Auge eines gegnerischen Co-Trainers in Spanien bohrte. Wobei seine neuerlichen Provokationen im Spiel seines Vereins ManUnited gegen Juventus Turin nicht weniger abzulehnen sind. Im Moment des späten Sieges den Juve-Fans die Hand am Ohr zu zeigen, nach dem Motto "Was sagt ihr jetzt?" - das zeugt von mäßiger Kinderstube und von Sittenverfall. Von der neuerlichen Rambo-Aktion eines Sergio Ramos (in etwa die 100. in seiner Karriere) im Spiel gegen Pilsen ganz zu schweigen.

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Was bleibt also hängen? Wie steht es um die Moral in dem Sport, der oft "Fairplay" propagiert und dann alles mit Füßen tritt? Vielleicht das: Die Beteiligten auf dem Feld sind eben auch nur so aufrichtig unterwegs, wie es das Gesamtgefüge, das sogenannte "System" mit all seinen zwielichtigen Darstellern und Verhaltenscodes vorgibt. Oder das: Vielleicht erwarten wir einfach zu viel vom milliardenschweren Profi-Fußball, wenn er als Vorbild dienen soll. Dass geschummelt, gehänselt und betrogen wird, mag nichts Neues sein. Aber in diesen Zeiten schauen halt mehr Menschen genau hin.

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