Startelf-Check zum Finale:Reus als Unruhestifter, Dante als Stabilisator

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So könnten Bayern und Dortmund gegeneinander spielen (Foto: Grafik: SZ/Eiden)

Im Finale der Champions League ist Marco Reus als Götze-Vertretung gesetzt, Robert Lewandowski könnte bereits sein Abschiedsspiel absolvieren. Bei den Bayern stehen vor allem Franck Ribéry und Thomas Müller vor der Krönung ihrer perfekten Saison. Die voraussichtlichen Aufstellungen und Einzelporträts der Spieler.

Von Carsten Eberts

FC Bayern München

Manuel Neuer: Stammt aus Gelsenkirchen, wurde im Stadtteil Buer geboren, trat schon mit vier Jahren dem FC Schalke bei. Hat damit qua Geburtsurkunde besonderes Interesse daran, dem BVB den zweiten Champions-League-Sieg nach 1997 zu vermasseln. Sagte vor dem Spiel: "Ich bin immer heiß gegen Dortmund, das ist eine Art persönliches Derby." Muss vermutlich im Finale nur die wenigen Bälle parieren, die seine Abwehr durchlassen wird. Könnte auch wieder als Elfmeterschütze in Frage kommen wie im vergangenen Finale. Sagt selbst: "Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, ich habe noch nicht einmal daran gedacht."

Philipp Lahm: Ist ein gewissenhafter Kapitän, ein souveräner Rechtsverteidiger, der in wichtigen Spielen - sei es bei Weltmeisterschaften oder in der Champions League - stets seine besten Leistungen abruft. Das alles ist landläufig bekannt. Was neu ist: Lahm könnte mit seinen 170 Zentimetern Körpergröße einer der kleinsten Spieler sein, der als erster den Champions-League-Henkelpott bei der Siegerehrung in die Luft gereckt hat. Könnte nach intensiven Recherchen von Süddeutsche.de anschließend vielleicht sogar ein Bad darin nehmen.

Jérôme Boateng: Hatte im Saisonverlauf gegen Daniel Van Buyten oftmals das Nachsehen. Ist zum Saisonhöhepunkt jedoch topfit und damit in der Innenverteidigung wieder gesetzt. Wird gebraucht wegen seiner kraftvollen Sprints gegen die schnellen BVB-Stürmer, ist jedoch auch ein Kandidat für unmotivierte Chaosgrätschen und ungelenke Handspiele, häufig in Strafraumnähe. Wird von Trainer Jupp Heynckes sicher zu ein wenig Contenance angehalten.

Dante: Hat die Bayern als Abwehrchef gleich in seinem ersten Jahr zur Meisterschaft und in zwei große Finalspiele geführt. Wer vor den Duellen im Halbfinale gegen Barcelona dachte, Dante sei zwar in der Bundesliga ein großer Stabilisator, jedoch nicht auf höchstem Niveau, wurde eines Besseren belehrt. Dante hat zu dem Thema einfach gar nichts gesagt. Und gegen Barcelona zwei ungemein souveräne Auftritte hingelegt.

David Alaba: Mit ihm hätten die Bayern das Champions-League-Finale 2012 gegen den FC Chelsea gewonnen, da sind sich die meisten Experten einig. Der Österreicher fehlte damals gelbgesperrt, hat sich diesmal mit Fouls in den Halbfinals zurückgehalten. Dürfte es mit Dortmunds Jakub Blaszczykowski zu tun bekommen. Könnte zudem als sicherer Elfmeterschütze wichtig werden.

Javi Martínez: Entscheidender Faktor, dass die Bayern keines der vier vergangenen Duelle (inklusive Supercup) gegen den BVB verloren haben. Weil Martínez den Dortmundern mit seiner Spielweise und seiner beneidenswerten Gabe, Passwege zuzustellen, bevor der Absender überhaupt daran denkt, den Ball auf die Reise zu schicken, sehr weh tut. Weil das forsche Pressing gegen eine Mannschaft, in der Martínez spielt, viel schwerer ist als gegen ein Team, das ohne Martínez auskommen muss. Das musste zuletzt sogar der FC Barcelona feststellen.

Bastian Schweinsteiger: Hat das vergangene Jahr genutzt, um gelassener zu werden. Die Enttäuschung nach der Niederlage gegen Chelsea und über den eigenen verschossenen Strafstoß war riesengroß. Schweinsteiger hat die Erlebnisse nach eigener Aussage verarbeitet, jedoch ohne die Hilfe eines Psychologen, wie vielfach behauptet wurde. Dirigiert seitdem das Bayern-Spiel noch effizienter, hat in Martínez einen kongenialen Partner gefunden. Kaum vorzustellen, wie gelassen Schweinsteiger erst sein wird, sollte er diesmal den Henkelpott gewinnen.

Arjen Robben: Erlebte im Finale 2012 den schwersten Tag seiner Karriere, als er zunächst beste Chancen ausließ, dann in der Verlängerung einen Elfmeter vergab - und die Bayern verloren. Wurde anschließend ein wenig ausgepfiffen, hat sich jedoch zurück in die Herzen der Fans gespielt. Vor allem in den vergangenen Wochen, als er sich für seine Verhältnisse höchst mannschaftsdienlich präsentierte. Ist in dieser Form kaum zu ersetzen. Wird trotzdem diesmal eher keinen Elfmeter schießen.

Thomas Müller: Mag die ganz großen Spiele, das betont er gerne. Dreht dann auf, ist von den Gegenspielern nicht zu fassen, macht von seiner eher unorthodoxen Kopfballtechnik Gebrauch, mit der er den Ball im Sinken mit Wucht in die Maschen drückt. Will aber nicht nur Kopfballtore erzielen (wie gegen Barcelona), sondern auch in einem möglichen Elfmeterschießen gefragt sein. Hat deshalb Sonderschichten eingelegt. "Das kann nicht schaden", sagt Müller.

Franck Ribéry: Der Franzose spaltet derzeit die Bayern-Gemeinde. Die einen sagen, sie hätten nie einen besseren Franck Ribéry gesehen. Die anderen halten dagegen, sie hätten sogar noch nie einen besseren Spieler im Dress des FC Bayern gesehen. Ribéry wuselt derzeit jeden Gegenspieler schwindelig, der sich ihm in den Weg stellt. Und verspürt großen Hunger auf den Finalsieg. Sagt selbst: "Ich habe mit den Bayern alles gewonnen, nur dieser Titel fehlt."

Mario Mandzukic: Hat nach seiner furiosen Hinrunde ein wenig an Treffsicherheit eingebüßt. Musste zudem im Halbfinal-Hinspiel gegen Barcelona gelbgesperrt pausieren - und mit ansehen, wie Sturmkollege Mario Gomez ein Treffer gelang. Hat sich die Final-Teilnahme dennoch verdient. Zum einen, weil er für das Münchner Pressing gegen den BVB wichtiger ist als jeder andere Offensivspieler. Zum anderen, weil Gomez als Einwechselspieler gebraucht wird.

Borussia Dortmund

Roman Weidenfeller: 32 Jahre alt, null Länderspiele, null internationale Titel. Spielt dafür eine verdammt großartige Saison. Rettete dem BVB im Halbfinale gegen Real Madrid fast im Alleingang den Finaleinzug. Parierte im Rückspiel freie Schüsse von Higuain und Benzema, als das gesamte Estadio Santiago Bernabéu bereits zum Jubeln ansetzen wollte. Holte sich im letzten Bundesliga-Spiel gegen Hoffenheim eine kuriose rote Karte ab, vielleicht um ein paar Minuten Kräfte zu schonen. Es dürfte schließlich Weidenfellers letzte Chance auf einen internationalen Titel sein.

Lukasz Piszczek: Hat seit Monaten Beschwerden an der Hüfte, wird sich deshalb bald auf einen OP-Tisch legen - und anschließend rund fünf Monate ausfallen. Sehr zur Freude von Trainer Jürgen Klopp hat Piszczek den Eingriff jedoch auf die Zeit nach dem Champions-League-Finale gelegt. Ist nämlich souveräner Abwehrmann, als Dampfmacher auf der rechten Seite und hin und wieder auch als Überraschungstorschütze kaum zu ersetzen.

Neven Subotic: Der 24-jährige Serbe Neven Subotic spielte schon in Mainz unter Jürgen Klopp und folgte dem Trainer 2008 zum BVB. Seine Rolle: Er ist der Prellbock der Mannschaft, er rackert, geht in Zweikämpfe - gerne auch mal mit britischer Härte. Im Spielaufbau ist Subotic dagegen manchmal etwas schludrig - und hat sich die langen Bälle ins Niemandsland trotz langjähriger Klopp-Schule nicht austreiben lassen.

Mats Hummels: Sein Gesundheitszustand gab Anlass zur Sorge. Hatte sich im letzten Bundesligaspiel gegen Hoffenheim eine Außenbanddehnung zugezogen, zum denkbar blödesten Zeitpunkt der Saison, so kurz vor dem Champions-League-Finale. Hummels Ausfall wäre fatal, schließlich ist er nicht nur als schneller Abwehrorganisator gesetzt, sondern erfüllt auch wichtige Aufgaben im Dortmunder Spielaufbau. Wartet manchmal mit Total-Blackouts auf. Bemüht sich danach aber umso mehr.

Marcel Schmelzer: Hat mit Bayern-Außenstürmer Arjen Robben schon einige Erfahrungen gemacht. Trieb den Niederländer mit seinen Auf-den-Füßen-steh-Qualitäten häufig zur Verzweiflung, so dass Schmelzer ganz gewiss nachts in Robbens Träumen erschien. Es gab allerdings auch schon Spiele, in denen Robben trotz Schmelzers Bewachung wichtige Aktionen gelangen. Diesmal wird der Dortmunder besonders gewarnt sein: Robben brennt darauf, endlich mal ein großes Finale zu seinen Gunsten zu entscheiden.

Ilkay Gündogan: Beherrscht das Spiel perfekt, das Kinder mancherorts "Dummer Junge" nennen. Schnappt den Gegnern auch in recht aussichtslosen Situationen die Bälle weg und wird damit zum schlauen Buben. Gündogan agiert als wichtiger Impulsgeber für die Offensive, hat damit schon so einige Stürmer froh gemacht. Wird von Jürgen Klopp "der Stratege" genannt, wartet mit Sicherheit mit einem interessanten Final-Plan auf.

Sven Bender: Hat zuletzt gegen den VfL Wolfsburg bewiesen, dass er auch für Tore gut sein kann. Ist in so einem Champions-League-Finale ja nicht ganz unwichtig. Agiert sonst meist als verlässlicher Kamerad im Defensivverbund. Unauffällig, aber engagiert und lauffreudig. Rutscht an schwächeren Tagen auch schon mal am Ball vorbei. Wurde bei 1860 München geformt, ist mit der bayerischen Art also gut vertraut. Bender glaubt, dass er nach dem Finale noch über Elan verfügen wird: Im Anschluss reist er der Nationalmannschaft in die USA hinterher.

Jakub Blaszczykowski: Sein Name bereitet Reportern Schwierigkeiten. Wie gut, dass Jakub Blaszczykowski auch auf die Abkürzung Kuba hört, bis zur vergangenen Saison standen sogar nur diese vier Buchstaben auf seinem Trikot. Wahlweise kann der 27-jährige Mittelfeldspier auch "kleiner Figo" genannt werden. Seit fast sechs Jahren spielt der Pole bereits beim BVB. Das Finale ist das Highlight. Blaszczykowski sagt: "Dieses Spiel bleibt für immer in meinem Kopf." Seine Aufgabe in Wembley: Gemeinsam mit Landsmann Pisczek Franck Ribéry und David Alaba ausbremsen.

Marco Reus: Kommt am liebsten über die linke Seite, kann dann mit seinen flinken Beinen in den Strafraum sprinten und allerhand Unruhe stiften. Muss nach dem Ausfall von Mario Götze diesmal in der Zentrale aushelfen. Hat diese Rolle schon sehr gut interpretiert, etwa im Halbfinal-Rückspiel gegen Madrid, als Götze frühzeitig verletzt vom Platz musste. Kann damit schon mal üben: Reus wird in der kompletten nächsten Saison ohne Götze auskommen müssen, wenn der zum FC Bayern wechselt.

Kevin Großkreutz: Steht nicht gerade in der Blüte seiner offensiven Schaffenskraft. Es gab schließlich Zeiten, da durchbrach Großkreutz mit seiner Wucht ganz allein die gegnerischen Abwehrreihen. Dürfte gegen die Bayern trotzdem auflaufen, weil Trainer Klopp Großkreutz' defensive Fähigkeiten schätzt, insbesondere im Verbund mit Linksverteidiger Marcel Schmelzer. Kann zur Not auch ins Tor gehen, das hat er kürzlich gegen Hoffenheim gezeigt. Müsste dann allerdings nochmal Elfmeter üben.

Robert Lewandowski: Ist es sein letztes Spiel für den BVB? Gut möglich. Denkbar aber auch, dass der Pole noch eine Saison bleibt - und erst 2014 zu einem anderen Klub wechselt. Lewandowski selbst versucht, die Wechseldiskussionen um seine Person vor dem Finale auszublenden, schüttelt nur mit dem Kopf, lächelt schüchtern. Viel besser als reden kann er ohnehin Tore schießen. Auch gegen den FC Bayern, das hat er schon häufiger bewiesen.

Bayern und Dortmund im Teamvergleich

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