Jahn Regensburg in der 3. Liga:Unerklärlich, aber kein Zufall

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Albion Vrenezi gegen Regensburgs Oscar Schönfelder: Das Duell der bayerischen Drittligisten ging am vergangenen Samstag knapp an den Jahn. (Foto: Johannes Simon/Getty Images for DFB)

Sieben Siege in Serie hat Jahn Regensburg in Liga drei gesammelt. Die Mannschaft hat sich eine gewisse Unberechenbarkeit zugelegt, schon 14 verschiedene Spieler haben Tore erzielt.

Von Christoph Leischwitz

Die entscheidende Szene für Achim Beierlorzer beim Gastspiel am vergangenen Samstag in München war gar nicht einmal unbedingt das Siegtor, sondern eine Aktion wenige Sekunden davor. "Ein sensationeller Hackentrick von Lakenmacher", sagt der Sport-Geschäftsführer des SSV Jahn Regensburg, "aber dann sind Robin Ziegele und Louis Breunig trotzdem da, grätschen und verhindern den Torschuss." Und Ziegele habe auch erst am Freitag erfahren, dass er im bayerischen Duell des Jahn bei 1860 München zum Einsatz kommen würde. "Jeder ist für den anderen da. Alle sind einfach präsent, die Mannschaft hat das Vertrauen in ihre körperliche Fitness, sie hat aber vor allem Teamspirit." Dass dann auch noch in der Nachspielzeit der Siegtreffer fiel, nun ja, das könne man dann gar nicht immer so ganz erklären.

Regensburgs Trainer Joe Enochs hatte nach dem Spiel erst einmal durchgepustet, als er zur Pressekonferenz erschien. Dann benutzte auch er, wie Beierlorzer, nach dem knappen Sieg eine dieser gängigen Floskeln, die in diesem Fall aber der Wahrheit entsprach: "Es war ein enges Spiel, wie alle unsere Spiele in dieser Liga." Man könnte es auch so formulieren, dass es beim SSV Jahn Regensburg immer spannend zugeht, wenn auch nicht immer torreich: Bei Fußballspielen des aktuellen Drittliga-Tabellenzweiten gab es bisher nur zweimal ein Ergebnis mit mehr als einem Tor Differenz (beide gewann der Jahn). Am vergangenen Samstag in München war es besonders knapp, weil Tobias Eisenhuth erst in der Nachspielzeit zum 1:0-Sieg traf. Aber auch er war einer dieser Präsenten, die eingewechselt werden und ihre Aufgaben erfüllen.

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So viel Knappheit im Erfolg ist irgendwann kein Zufall mehr. Sieben Siege in Serie haben die Oberpfälzer nun gefeiert. Abgesehen davon, dass das Duo Enochs/Beierlorzer bei der Kaderplanung offensichtlich ein glückliches Händchen hatte, gibt es noch einige andere Gründe. Enochs zum Beispiel tut etwas, worüber viele andere Trainer, zumindest öffentlich, die Nase rümpfen: Er orientiert sich in der taktischen Ausrichtung an den Stärken des Gegners, er macht also oft das Gegenteil der Wir-schauen-nur-auf-uns-Floskel.

Wobei die Grundformation stets ein 4-2-3-1 ist. Personell und bei den individuellen Aufgaben tritt die Mannschaft aber regelmäßig unterschiedlich auf. Wirklich gesetzt sind nur Torwart Felix Gebhardt und die Doppelsechs mit Kapitän Andreas Geipl und dem 22-jährigen Rasim Bulic, der von Mainz 05 II kam und gar keine höherklassige Erfahrung mitbrachte. Beierlorzer verweist darauf, dass viele Rotationen auch immer situationsbedingt seien. Mit Blick auf die Tatsache, dass Regensburg schon 14 verschiedene Torschützen aufweist, sagt Beierlorzer: "Wir sind ein Stück weit unberechenbar."

Mit Stürmer Zwarts verloren sie große individuelle Qualität, aber: "Wir sind dadurch nicht schwächer geworden."

Es kann auch von Vorteil sein, wenn das Spiel nicht auf den einen Stürmer zugeschnitten ist, den alle im Auge haben. Das hätte in Regensburg Joël Zwarts sein können, doch der hatte sich im Sommer dazu entschieden, nach München zu gehen. Beierlorzer erklärt, dass man von Regensburger Seite grundsätzlich nicht über Vertragsklauseln spreche, er dementiert aber auch nicht, dass es jene Klausel gibt, wonach es 1860 München viel Geld gekostet hätte, wenn Zwarts gegen den Jahn angetreten wäre. "Was ich aber sagen kann, ist, dass wir Joël Zwarts in unserem Teamspirit nicht vermissen. Er hat große individuelle Qualitäten, deswegen wollten wir ihn halten. Aber er wollte sich verändern. Wir sind dadurch nicht schwächer geworden." Neben der gestiegenen Unberechenbarkeit verweist Beierlorzer auch darauf, dass sein Klub gar nicht mehr die Mittel dazu gehabt hätte, einen Angreifer mit eingebauter Torgarantie zu verpflichten. Stattdessen legten sie den Fokus darauf, 15 neue Spieler zu einem Team zusammenzubauen.

Ebenfalls auffällig: Auch die Regensburger Abwehr wirkt meist sehr stabil, selbst wenn wie am Samstag Spieler wie Ziegele kurzfristig hineingeworfen werden oder der Außenverteidiger-Routinier Benedikt Saller fehlt. Sie liegt auch bezüglich der Zahl der Gegentore (elf) auf Rang zwei in der Liga. Umso mehr möchte Beierlorzer niemanden hervorheben, team first lautet das Motto, nur beim Torwart kann man da vielleicht noch eine Ausnahme machen: "Er ist natürlich sehr wichtig für uns", sagt Beierlorzer über den 21-jährigen Felix Gebhardt, der vom FC Basel kam. Mit seinen Paraden gebe er seinen Vorderleuten auch jenes Vertrauen, das sonst so schwer greifbar erscheint.

Am kommenden Sonntagabend empfängt die Jahn-Mannschaft den starken Aufsteiger SSV Ulm zum Spitzenspiel, danach wartet Spitzenreiter Dynamo Dresden. Sollte die Serie danach immer noch Bestand haben, wird wirklich niemand mehr von Zufall sprechen.

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