Spaniens Nationalelf:Das erstaunliche Comeback von David Villa

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"Ich bin sogar nervös": David Villa steht wieder im Kader der spanischen Nationalelf. (Foto: Nam Y. Huh/AP)
  • Vor drei Jahren hat Angreifer David Villa zuletzt für Spaniens Nationalelf gespielt - sein Klub ist inzwischen der New York City FC.
  • Nun wurde er von Spaniens Nationaltrainer Julen Lopetegui nun für das entscheidende WM-Qualifikationsspiel gegen Italien rekrutiert.
  • Villas Stärke ist noch immer sein Spiel- und Raumverständnis - seine Konkurrenten haben derweil mit anderen Problemen zu kämpfen.

Von Javier Cáceres

Alejandro Jodorowsky, der sich als Surrealist und als Begründer der Psychomagie einen Namen gemacht hat, sagt, dass er sich erst seiner eigenen Endlichkeit bewusst werden musste, um zu lernen, auch die kleinen Dinge des Lebens in Dankbarkeit zu genießen. Wer nach einem Beleg suchte, dass der Fußball auch in dieser Hinsicht ein Sinnbild des wahren Lebens darstellen kann, der musste in diesen Tagen bloß den spanischen Stürmer David Villa beobachten.

Oder: Wie er es genoss, wieder in Las Rozas zu sein, auf dem Trainingsgelände der spanischen Nationalelf vor den Toren Madrids. Wie dankbar er wirkte, sich wieder im Kreise der spanischen Nationalmannschaft trollen zu dürfen, ja sogar: den Medien Rede und Antwort zu stehen, und das auch noch ausdauernd und geduldig. All das wäre wohl undenkbar gewesen, wenn Villa nicht bloß ein Gefühl für die eigene Endlichkeit bekommen hätte. Er musste sich, gemessen an den gängigen Parametern des Berufsfußballs, als erledigt wähnen. Bis ihn tatsächlich ein Ruf erlangte, der ihn wieder zum Leben erweckte.

Denn mehr als drei Jahre nach seinem letzten Länderspiel (gegen Australien bei der WM in Brasilien) sowie der letzten Partie in der spanischen Primera División (für Atlético Madrid) - das heißt: drei Jahre, nachdem er sich für eine Nische auf einem fußballerischen Elefantenfriedhof namens Major League Soccer entschieden hatte und anfing, für New York City FC auf Torejagd zu gehen - wurde er von Spaniens Nationaltrainer Julen Lopetegui nun für das wichtige WM-Qualifikationsspiel gegen Italien rekrutiert.

"Ich bin sogar nervös", sagte David Villa, der stets die Rückennummer 7 getragen hat, vor der Begegnung an diesem Samstag im Estadio Santiago Bernabéu von Real Madrid (20.45 Uhr). Er fügte hinzu, dass er sich wie "auf einer Wolke" fühle. Denn in seiner gesamten Karriere, die ihn von Sporting Gijón zu Real Zaragoza, dem FC Valencia, dem FC Barcelona und für vier Spiele sogar zum FC Melbourne City nach Australien geführt hatte, habe er "nie ein anderes Trikot lieber durchgeschwitzt als das Hemd der Nationalelf".

"Der beste Mittelstürmer der besten Nationalelf der spanischen Geschichte"

Er tat dies in 97 Spielen, und wenn die Titelseiten der spanischen Sportzeitungen ein Maßstab für das Gefühlsleben der Aficionados sind, so dürfte es in Spanien niemanden geben, der Villa nicht ein 98., 99. und 100. Spiel im blutroten Dress der Nationalelf wünscht. Das liegt daran, dass er noch immer als "der beste Mittelstürmer der besten Nationalelf der spanischen Geschichte" gilt, wie es jetzt der ehemalige Real-Stürmer Jorge Valdano befand.

Villa war bei den Titelgewinnen von 2008 (EM) und 2010 (WM) entscheidend beteiligt, bei der Europameisterschaft 2012 fehlte er wegen eines Beinbruchs. Gleichwohl ist er mit 59 Treffern der ewige Torschützenkönig der Auswahl. Mittlerweile ist in Spanien die Überzeugung gewachsen, dass Villa sich in den USA unter der Anleitung von Trainer Patrick Vieira körperlich gut in Schuss gehalten hat; er wirkt sogar etwas dünner als früher - und ist wohl mehr als eine bloße Referenz der Vergangenheit.

Er hat in der laufenden Saison immerhin 19 Tore in 25 Spielen erzielt. Und Nationalcoach Lopetegui hat sich bei einer Reise in die USA persönlich davon überzeugt, dass Villa noch immer ein Thema für Spaniens Nationalelf sein kann. Zur Überraschung von 46 Millionen Spaniern, darunter Villa selbst. "Wenn du in eine Liga wie die MLS gehst, glaubst du realistischerweise nicht, dass du zurückkehren wirst. Vor allem wegen der Qualität der anderen Stürmer. Aber der Míster hat mich gerufen", sprach Villa.

Bedarf entstand unter anderem deshalb, weil der eingebürgerte Diego Costa (vier Tore in 14 Spielen) sich auch am Donnerstag noch in seinem Geburtsland Brasilien aufhielt, sein Transfer vom FC Chelsea zu Atlético Madrid hakt noch immer. Beim FC Chelsea wiederum spielt seit diesem Sommer der theoretische Stamm-Mittelstürmer der Nationalelf: Álvaro Morata. Er hat in 20 Spielen neun Tore geschossen, stand aber in der WM-Qualifikation stets im Schatten von Costa. Villas Vorzug gegenüber beiden ist, dass er sich besser mit den Mittelfeldspielern assoziiert und Räume schafft, wo es keine gibt. Zum Beispiel gegen Italien, das mit Leonardo Bonucci, 30, Andrea Barzagli, 36, und Giorgio Chiellini, 33, eine ebenso harte wie kampferprobte Abwehr auffahren dürfte.

© SZ vom 01.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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