Snooker-Hoffnung Lukas Kleckers:Mal eben den Folterknecht deklassiert

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Snookerprofi Lukas Kleckers (Archivfoto). (Foto: imago)

4:0! Gibt's das? Der deutsche Snookerprofi Lukas Kleckers besiegt überraschend den dreifachen Weltmeister Mark Selby - und belohnt sich selbst für eine harte Zeit.

Von Carsten Scheele

Lukas Kleckers, 24, hat die Tour der weltbesten Snookerspieler auf die harte Weise kennengelernt. Zwei Jahre lang hat er Erstrundenpleite an Erstrundenpleite gereiht; ab und zu gewann Kleckers auch, anfänglich war ein Sieg gegen Neil Robertson dabei, aber es folgten eben sehr viele Niederlagen. Weil er es in der Weltrangliste nie unter die ersten 100 schaffte, verlor der junge Spieler aus Essen seinen Profistatus 2019 wieder. Nicht leicht für einen, der sich das Leben auf der Tour mit Crowdfunding finanzieren musste. Viele andere Spieler hätten zu diesem Zeitpunkt wohl das verdammte Queue in die Ecke gestellt.

Kleckers nicht, und deshalb ist das, was sich gerade in Milton Keynes ereignet hat, auch mit Biss und Beharrlichkeit zu erklären. Kleckers hat sich nach dem Abstieg erneut ein Zweijahresticket für die Main Tour erkämpft - und hier am Mittwoch bei der Northern Ireland Open, die wegen der Pandemie in der sogenannten Blase in Milton Keynes ausgetragen wird, mal eben den Weltmeister von 2014, 2016 und 2017 deklassiert. Mark Selby ist normalerweise ein Spieler, den man im Turnierverlauf meiden sollte: weil er extrem kühl spielt, nahezu fehlerlos, besonders dann, wenn der Gegner unter Druck gerät. "Folterknecht" wird Selby deshalb genannt.

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Doch Kleckers patzte nicht, im Gegenteil. Im ersten Frame lag Selby lange vorne, ehe ihm Kleckers das Spiel auf die letzte, schwarze Kugel noch entriss. Danach flutschte das Spiel nur so dahin. 4:0! Zu null! Das ist ein Ergebnis, das es bei Selby normalerweise nicht gibt, schon gar nicht gegen einen Spieler jenseits der Top 100 der Weltrangliste. "Ich habe so gut gespielt", jubilierte Kleckers im Interview beim Sender Eurosport. Den letzten, vierten Frame holte Kleckers gar 131:0. Gibt's sowas?

Wann schafft es ein Deutscher in die Weltspitze?

Kleckers weiß, dass seine Stärke aus den vielen schweren Stunden rührt, die er durchlitten hat. Snookerprofis aus Deutschland haben es nicht gerade leicht, das internationale Niveau ist sehr viel höher als das nationale; es gibt auch keinen Verband, der die Spieler, die höher hinauswollen, finanziell unterstützen könnte. Doch manches beginnt sich auszuzahlen.

"Ich habe schon nach dem ersten Profijahr gemerkt, dass ich viel gelernt habe", erzählt Kleckers. Jede Niederlage reicherte seinen Erfahrungsschatz an, er fühlt sich "gut vorbereitet", viel besser als noch vor zwei Jahren. Auch wenn noch nicht alles klappt, wie die Niederlage in der Runde darauf gegen Chinesen Zhao Xintong zeigte.

Was der Szene in Deutschland nach wie vor fehlt, ist ein Spieler, der in der Weltspitze zwischen all den Briten und Chinesen mithalten kann. Kleckers ist zusammen mit Simon Lichtenberg der einzige Deutsche auf der Tour, und er ist es gewohnt, dass er auf dieses Thema angesprochen wird. Auch auf Boris Becker, der im Tennis mal einen ordentlichen Hype ausgelöst hat. Wird Kleckers eine solche Figur des Snookers? Die englischen Journalisten in Milton Keynes fragen genüsslich danach. Kleckers lächelt und sagt: "Vielleicht."

© SZ vom 20.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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