Ski-Rennfahrerin Viktoria Rebensburg:Die Kurve gekriegt

Lesezeit: 3 min

Geschafft: Olympiasiegerin Viktoria Rebensburg gelingt mit Platz drei in Sölden ein guter Einstand in den Olympiawinter. (Foto: Robert Jäger/dpa)

Vor ein paar Monaten war unklar, ob Skirennfahrerin Viktoria Rebensburg eine Zukunft im deutschen Skiverband hat - zu sehr ging sie ihren eigenen Weg. Doch die Olympiasiegerin lenkt ein, wohl auch aus finanziellen Gründen. In Sölden startet sie gut in die neue Saison.

Von Michael Neudecker, Sölden

Philipp Lahm war neulich sogar auf der Titelseite von chrismon, dem Magazin der evangelischen Kirche, mit Margot Käßmann. Die Allgegenwärtigkeit von Philipp Lahm hat damit wahrscheinlich nicht ihren Höhepunkt erreicht, sein Management ist ja recht offen in der Hinsicht, Lahm und Käßmann, darauf muss man erst mal kommen. Philipp Lahm ist immer wieder mal auf irgendeiner Titelseite zu sehen, er ist der Kapitän der Fußball-Nationalmannschaft.

Viktoria Rebensburg dagegen ist eher selten auf Titelseiten, obwohl sie von derselben Münchner Agentur beraten wird wie Lahm; Rebensburg ist Skirennfahrerin. Die Agentur spielt trotzdem eine nicht zu unterschätzende Rolle in der Karriere von Lahm wie auch in der von Rebensburg, und das muss nun nicht schlecht sein, wie man inzwischen weiß.

Viktoria Rebensburg ist am Samstag beim Auftakt der alpinen Skisaison in Sölden Dritte geworden, hinter der Schweizerin Gut und der Österreicherin Zettel (Maria Höfl-Riesch schied aus), es war ein guter Saisonstart für sie. Sie habe "ein bisschen etwas verändert" vor dieser Saison, sagte sie, Material, Fahrstil, solche Sachen. Viel mehr wollte sie dazu nicht sagen.

Ein bisschen etwas verändert?

Viktoria Rebensburg aus Kreuth ist Olympiasiegerin im Riesenslalom, sie war bis zur vergangenen Saison eine derjenigen, die das Tempo vorgaben, aber im vergangenen Jahr gab es Tage, an denen sah es so aus, als sei das schon lange her. Sie schied zweimal aus, wurde in Courchevel 15., ihr schlechtestes Resultat seit vier Jahren, und bei der WM in Schladming wurde sie gerade mal Elfte.

Eine Berateragentur versucht stets, ihren Athleten zu positionieren, bei einem Kapitän der Fußball-Nationalmannschaft ist das nicht schwer, bei einer Skirennfahrerin, die nicht Höfl-Riesch heißt, dagegen sehr; zumal dann, wenn diese Skirennfahrerin das Gefühl vermittelt, am Ende ihrer Entwicklung zu stehen, schon mit 24. Genau diese Befürchtung hatten sie alle nach der vergangenen Saison, Rebensburgs Trainer, die Berater und die sportliche Leitung beim Deutschen Skiverband (DSV). Es gab, so heißt das, Gesprächsbedarf.

"Es ging so nicht mehr weiter", sagt Wolfgang Maier, der Alpindirektor des DSV, als er am Sonntagmorgen im Zielraum von Sölden steht. Im Frühjahr, als die Vorbereitung auf die neue Saison begann, gab es mehrere Gespräche zwischen Maier, der Agentur und Rebensburg. Was dabei passiert sei, sagt Maier, sei ungewöhnlich, er habe "selten erlebt, dass jemand so einlenkt, seine Fehler einsieht, sie nicht auf andere schiebt und sie korrigiert". Klar, darüber sei er "sehr happy".

Viktoria Rebensburg gilt seit jeher als talentierte Skirennfahrerin, aber auch als eine, die stur sein kann; eine, die konsequent ihrem Willen nachgeht. Für eine Leistungssportlerin kann das eine positive Eigenschaft sein, aber die Grenze zum Egoismus ist schmal, und Rebensburg hat die Grenze offenbar immer seltener wahrgenommen.

Sie hörte vor allem auf Herbert Renoth, einen der Disziplintrainer im Riesenslalom, den sie seit vielen Jahren kennt, mitunter führte das dazu, dass Rebensburg und Renoth sich regelrecht absonderten. Vor zwei Jahren etwa, als die gesamte Mannschaft zum Trainingslager nach Chile reiste, blieb Rebensburg zu Hause: Sie habe das Gefühl, dass sie das nicht weiterbringe, sagte sie damals öffentlich.

Er habe die Gefahr gesehen, sagt Maier, "dass es die Mannschaft zerreißt", zumal die Mannschaft sich gerade von den Turbulenzen um Maria Höfl-Riesch und ihren Mann und Manager erholt hat. Dieses Thema hat sich erledigt, man hat sich ausgesprochen, die Sache mit Rebensburg schien schwieriger zu sein. "Es war klar, dass wir was tun mussten", sagt Maier, Rebensburg habe sich teilweise verhalten, als fahre sie "in einem Team im Team".

Der DSV stellte Rebensburg vor die Wahl: Integration - oder die Mannschaft verlassen und ein eigenes Team gründen. Er hätte damit kein Problem gehabt, sagt Maier, "wenn sie ihr Team selbst bezahlt". Rebensburg entschied sich ohne Zögern für die Resozialisierung und damit die DSV-Förderung - wohl auch, weil sie erkannte, dass in Zeiten der immer aufwendigeren Materialtests und der immer schwierigeren Trainingsbedingungen Individualteams eher keine Zukunft haben. Sie darf weiterhin auf eine Individualbetreuung durch Renoth zurückgreifen, alles aber geschieht innerhalb von Grenzen.

Riesenslalom in Sölden
:Rebensburg zum Weltcup-Auftakt Dritte

Guter Saisonstart für Viktoria Rebensburg: Die DSV-Läuferin wird beim Riesenslalom in Sölden Dritte und schafft gleich die Norm für die Olympischen Spiele in Sotschi. Die amtierende Gesamtweltcupsiegerin Tina Maze ist noch nicht in Form, Maria Höfl-Riesch scheidet bereits im ersten Durchgang aus.

Und jetzt sieht es nicht nur so aus, als hätten der DSV und seine zweitbeste Athletin im letzten Moment noch zusammengefunden, es ist sogar so: Die ganze Sache hinterlässt positive Gefühle bei den Beteiligten. Beim DSV sind sie beeindruckt vom kooperativen Verhalten von Rebensburgs Berateragentur und vor allem vom Verhalten von Rebensburg selbst, "die Situation hat sich ja nachhaltig gebessert", betont Maier. Und Rebensburg profitiert wieder vom größeren Input durch die Trainer des DSV. In Sölden sah es gut aus, wie sie fuhr.

Nach dem Rennen stand auch Christian Schwaiger im Zielraum, Renoths Chef als Disziplintrainer, er sei "zufrieden", sagte Schwaiger. Was der Grund für Rebensburgs Steigerung sei? Schwaiger lächelte, "sie hat im Sommer brutal gut gearbeitet", sagte er.

Hier geht's zum Ergebnis von Sölden

© SZ vom 28.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: