Ski alpin:Vier fürs Schafkopfen

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Zu viel Regen, zu viel Schnee: Nach dem Ausfall der Rennen in Garmisch-Partenkirchen reisen die Männer ohne Generalprobe zur Weltmeisterschaft nach Schweden.

Von Felix Haselsteiner, Garmisch-Partenkirchen

Zum Abschluss wollte Markus Waldner am frühen Samstagabend noch eine kleine Sonderbotschaft loswerden und bedankte sich bei den Athleten: "Die Zuschauer haben sich sehr gefreut, dass alle durchs Ziel gefahren sind", sagte der Renndirektor des Weltverbands Fis bei der abschließenden Versammlung der Mannschaftsführer in Garmisch-Partenkirchen, wo es bei der 66. Auflage der Männer-Rennen keine Selbstverständlichkeit war, dass die Abfahrer am Samstag über die Ziellinie fuhren. Der Regen in der Nacht hatte die Strecke aufgeweicht und unbefahrbar gemacht, der Schneefall, der in der Nacht zum Sonntag einsetzte, dann auch noch den Riesentorlauf verhindert. Da war Waldners Dank an die Fahrer verständlich, die am Samstag immerhin ihre Aufwärm-Ski anschnallten und ins Zielstadion herunterfuhren, um den Zuschauern wenigstens freundlich zuzuwinken. Österreichs Mannschaft fuhr sogar in Formation und wedelte elegant über den Zielhang, allein, es blieb das einzig Amüsante einer ansonsten vom Wetter-Unglück heimgesuchten Ausgabe der einzigen Weltcuprennen auf deutschem Boden.

Die Voraussetzungen in Garmisch-Partenkirchen waren herausragend, nach den Trainingsläufen am Donnerstag und Freitag beschrieben die Rennläufer die Kandahar als gleichmäßig, griffig und angenehm zu fahren, was den meisten sichtlich recht war: Nach dem erneut grenzwertig eisigen und fordernden Hahnenkammrennen in Kitzbühel in der Vorwoche und wenige Tage vor der Weltmeisterschaft in Are in Schweden war den Fahrern anzumerken, dass vor allem Risikovermeidung erwünscht war. Auch Waldner nutzte den Anlass, um das Sicherheitsthema noch einmal anzusprechen: "Im Moment verletzen sich fast jedes Wochenende Athleten, das ist einfach zu viel. Wir bewegen uns, was Material und Pistenpräparierung angeht, am Limit." Die Fis sieht sich in der Pflicht, auch wenn Waldner zugibt, noch keine Lösung gefunden zu haben. "Wir werden demnächst alle Stakeholder, also Industrie, Veranstalter, Athletensprecher und Trainer an einen Tisch holen und die Probleme analysieren", sagte der Südtiroler in Garmisch. Bereits in Are soll es erste Besprechungen geben - Ziel ist es, schon in der nächsten Saison Verbesserungen zu präsentieren.

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(Foto: Thomas Bachun/imago)

Machtlos gegen Schnee und Wetter: Der Weltcup in Garmisch muss abgesagt werden.

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(Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Finale Aufräumarbeiten: Helfer bauen den Zielbereich ab.

Die Mannschaft des Deutschen Skiverbandes dürfte sich über diese Nachrichten freuen, immerhin reist Deutschland auch aufgrund der Verletzungsmisere am Anfang der Saison ohne etliche aussichtsreiche Athleten nach Schweden. "Wir fahren mit einem kleinen Team nach Are, in dem wir - das sagen wir auch so klar - keinen zwingenden Medaillenkandidaten haben", sagte DSV-Alpinchef Wolfgang Maier in Garmisch, betonte aber gleichzeitig: "Wir fahren aber auch nicht nach Schweden, um nur mitzufahren. Wir wollen Medaillen gewinnen." Gewinnen, so die nüchterne Bilanz, konnte aus dem DSV-Aufgebot in dieser Saison bislang nur Josef Ferstl beim Super-G in Kitzbühel. In den Speed-Disziplinen übernimmt der 30-Jährige daher gezwungenermaßen die Führungsrolle neben Dominik Schwaiger und Manuel Schmid, die zwar beide - wie die Hälfte der deutschen WM-Fahrer - nicht die ursprünglich geforderte Norm erfüllten, aber dennoch nominiert wurden. "Es ist sicher angenehmer für den Pepi ( Ferstl, d. Red.), wenn er nicht alleine rauffährt. So können wir uns im Training gegenseitig pushen und am Nachmittag mal eine Runde Schafkopf spielen, so was ist wichtig bei einer WM", sagte Schmid am Freitag.

Der vierte Spieler in der Schafkopfrunde von Are könnte Felix Neureuther werden, auch wenn noch unklar ist, wann genau die Techniker, deren Bewerbe in der zweiten WM-Woche anstehen, die Reise antreten. Maier betonte jedoch, wie wichtig es gerade für Neureuther sei, sich auf die Bedingungen einzustellen: "In St. Moritz hatte er vor zwei Jahren eine ähnliche Situation, in der er kurz vor dem WM noch sehr gut gearbeitet und dann für eine Überraschung gesorgt hat." Die Überraschung traut man Neureuther weiterhin zu, der aber vielleicht nur im Slalom startet.

Mit Schulterschutzverband: Stefan Luitz. (Foto: Maximilian Haupt/dpa)

Noch ungewisser als bei Neureuther erscheint die Situation bei Stefan Luitz, dessen geplante Generalprobe am Sonntag in Garmisch ausfiel. Nach seiner Schulterverletzung, die er vor drei Wochen in Adelboden erlitten hatte, trainierte Luitz zuletzt immerhin wieder und hätte beim Garmischer Riesentorlauf zumindest andeuten können, ob er die Form des Frühwinters auch bei der WM erreichen kann.

In der DSV-Frauenmannschaft ist ebenfalls die Form das Hauptthema, zumindest bei der aussichtsreichsten Medaillenkandidatin Viktoria Rebensburg, die bei den letzten beiden Riesentorläufen jeweils ausschied. Sie sei nicht in "ihrer absoluten Topform", konstatierte auch Maier: "Aber darauf kommt es bei der Viki auch nicht immer an, weil sie unheimlich gut Riesentorlauf fahren kann und für eine Überraschung immer gut ist." Rebensburgs Medaillenaussichten lassen sich durchaus auf die gesamte DSV-Delegation übertragen: Überraschen - so der letzte Eindruck vor der Abreise - scheint ohnehin so etwas wie das inoffizielle deutsche Motto in Are zu sein.

© SZ vom 04.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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