Ski alpin:Unterwegs in zwei Reisegruppen

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"Wichtig ist, dass man an dem Weg festhält": Viktoria Rebensburg sieht ihre Abfahrt auf Rang 14 in Val d'Isère gelassen. (Foto: GEPA/imago)

Für ihren großen Plan, um den Gesamtweltcup zu kämpfen, nimmt Viktoria Rebensburg aktuell kleine Rückschläge in Kauf. Ihr neu geschaffenes System muss sich erst noch einspielen.

Von Johannes Knuth, Alta Badia/Courchevel

In diesen Tagen hat die Skirennfahrerin Viktoria Rebensburg kaum Zeit, Rennen, Training, Termine, Termine. "Es gab zuletzt kaum Tage, an denen ich nicht auf dem Ski stand", sagt Rebensburg am Montag. Gerade war sie beim Physiotherapeuten, das Knie zwickt, aber Rebensburg soll ja bald wieder auf Skiern stehen. Beklagen möchte sie sich nicht, gerade jetzt, da sie wieder mit etwas Euphorie gefüllt ist, die den Stress dämpft.

Viktoria Rebensburg, 26, aus Kreuth ist recht langsam in eine Saison gestartet, in der sie so schnell wie möglich in den Bereich der Besten vorstoßen wollte. Sie wollte in diesem Winter nicht mehr Sechste, Siebte oder Neunte werden, sie wollte wieder beständig auf Podien vorstellig werden oder zumindest in deren unmittelbarer Nachbarschaft, vielleicht sogar im Gesamtweltcup. In den ersten Rennen wurde Rebensburg dann aber doch wieder Sechste und Achte, zuletzt gar 14. in der Abfahrt von Val d'Isère. Am Sonntag, beim Riesenslalom in Courchevel, kam sie dem Podium als Vierte dann so nahe wie noch nie in diesem Winter; sie sagt: "Endlich hat von vorne bis hinten mal alles perfekt zusammengepasst."

Vor der Saison haben sie die Frauen-Abteilung im Deutschen Skiverband (DSV) umgebaut, auch auf Rebensburgs Antrag hin. Im Ski-Weltcup gibt es zwei Trosse, die unabhängig voneinander auf Tournee gehen, die Techniker sowie die Speed-Piloten; wer genügend Punkte für die Gesamtwertung einsammeln will, muss sich beiden Reisegruppen anschließen. Rebensburg nahm dafür im vergangenen Winter viele Einheiten bei Herbert Renoth, dem Chef der Technikerinnen. Die Zeitpläne einer Gesamtweltcupfahrerin und eines Technikchefs passten aber nicht immer so recht zusammen. Im Sommer veränderte der DSV also die Statik im Team: Robert Krumbacher stieß als Technikchef zu den Frauen, in Rudi Soulard, einem Franzosen, engagierten sie einen weiteren Technikexperten, der sich exklusiv um die Speed-Gruppe kümmert, vor allem um Rebensburg, damit sie an einem Abfahrts-Wochenende auch mal Riesenslalom üben kann. Sie hätte gerne mit Renoth weitergearbeitet, aber mittlerweile, findet sie, "ist es auch mal gut, frischen Wind reinzubringen".

Das System der Skirennfahrer ist störanfällig: Skier, Bindung, Platten, Schuhe sowie der Athlet müssen zueinander finden, und sobald ein kleines Rädchen hakt, knarzt es im gesamten System. "Wir mussten erst einmal den Schlüssel für alle Schneebedingungen finden", sagt Rebensburg mit Blick auf den Saisonstart. Während andere sich mutig in die Steilhänge warfen, brachte Rebensburg nicht ihre ganze Technik und Kühnheit ein. "Prinzipiell hat sie noch große Reserven", sagt Wolfgang Maier, der Sportdirektor im DSV. Aber wenn es nach Rebensburg geht, sind diese kleinen Rückschläge auch Teil eines größeren Plans.

Rebensburg arbeitet seit diesem Sommer viel mit Soulard, "er ist fachlich und menschlich super", sagt sie. Sie hat aber auch festgestellt: "Es ist ein Prozess." Soulard versorgte Rebensburg mit vielen neuen Informationen, es ist gar nicht so einfach, diese Datenmenge in ein System einzuspeisen. Langfristig aber, glaubt sie, werde sie von den neuen Impulsen profitieren, "man sieht gewisse Dinge von einer neuen Seite", sagt sie. Auch in ihrer Trainingsgruppe spürt sie neue Reize. Sie haben im Sommer die Kadergruppen zusammengelegt, die Jüngeren sollen von den Älteren lernen. Manche, mit denen sie trainiert, wurden 1996 geboren. "Da bleibe ich auch jung", sagt Rebensburg. Und sonst? "Ich gehe um zehn Uhr durchs Hotel und schaue, ob jeder schläft." Kleiner Scherz.

Viktoria Rebensburg glaubt nach wie vor, dass sie ihr Weg langfristig in die Nähe des Gesamtweltcups führen kann. "Wichtig ist, dass man an dem Weg festhält", sagt sie. Zunächst einmal will sie Ende Dezember in Lienz und im Januar in Ofterschwang an den jüngsten Riesenslalom anknüpfen, dafür vielleicht sogar noch ein, zwei Tage vor Weihnachten trainieren. Weihnachtsurlaub, sagt sie, "gibt es eigentlich nicht".

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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