Ski alpin:Tiefschlag am Hang

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Lena Dürr: Unglücklich in Aspen (Foto: AFP)

Die deutschen Skirennfahrer erleben ein düsteres Wochenende - der Vergleich mit der Konkurrenz ist in der ersten Saisonphase ein ziemlicher Stimmungskiller.

Von Johannes Knuth, Aspen/München

Der Sportdirektor war am Montag wieder wohlauf. Wolfgang Maier, der im Deutschen Skiverband (DSV) die Alpinsparte verantwortet, hatte das Wochenende zumindest offenkundig verdaut, jene zwei Tage, an denen er "kurz an Schnappatmung" gelitten hatte, wie er berichtete: "Das war ein heftiger Tiefschlag."

Die Skirennfahrer stecken in diesen Tagen in der ersten Phase der Saison, in Lake Louise/Kanada, Aspen sowie Beaver Creek/USA. Sie gleichen ihre Eindrücke aus der Vorbereitung mit den Fahrten der Konkurrenz ab, und im DSV fiel das Klima nach diesem ersten Realitätscheck recht frostig aus. Jessica Hilzinger, 18, im Sommer vom Liechtensteiner zum deutschen Verband übergelaufen, hatte im Slalom am Samstag einen guten 25. Platz in die Wertung gebracht. Die anderen, allen voran Lena Dürr und Maren Wiesler, waren ausgeschieden oder im ersten Durchgang hängengeblieben.

Am Sonntag, beim zweiten Slalom, änderte sich daran wenig, Hilzinger verfehlte den zweiten Durchgang, was ihr aber niemand übel nahm. Ihre Teamkolleginnen, die durchaus befähigt sind, sich vor ihr in der Wertung einzuordnen, verpassten erneut den zweiten Lauf oder trafen nicht im Ziel ein. Keine deutsche Vertretung im zweiten Abschnitt eines Frauen-Slaloms, das hatten die Statistikbehörde zuletzt im Dezember 2000 registriert.

Die Technikerinnen im DSV hatten zuletzt, nach dem Rücktritt von Maria Höfl-Riesch, ein Jahr der Dürre erlebt, und derzeit verdichten sich die Indizien, das diese Dürre noch ein wenig anhalten wird. Sie haben im DSV im Sommer einiges unternommen, Maier hat neue Trainer angestellt (Rudi Soulard) oder aus dem erfolgreichen Technik-Ressort der Männer abgezogen (Robert Krumbacher).

Er hat zudem die Trainingsgruppen aufgeweicht, Jüngere und Ältere zusammengeführt. Erfahrene Athleten wie Viktoria Rebensburg und Lena Dürr sollen ihr Wissen weiterreichen, die Jüngeren sollen die Arrivierten im Training kitzeln. "Da entsteht gerade positive Reibung", hatte Frauen-Cheftrainer Markus Anwander zuletzt befunden. Doch jetzt, nach dem zweiten Holperstart in zwei Jahren, müssen sie feststellen, dass es etwas länger dauern wird, ehe die Ideen Wurzeln schlagen und gedeihen. Die Zukunft sieht ganz gut aus, findet Maier, aber gerade kommt ihnen noch die lästige Gegenwart in die Quere. "Intern steigt natürlich die Spannung", sagt er der Agentur Sid.

Viktoria Rebensburg, die beste Deutsche des Vorjahres, hatte am Wochenende auch so ihre Probleme. Beim Auftakt in Sölden, einem Riesenslalom, hatte sie einen lauwarmen sechsten Platz erreicht, "vielleicht sollte ich es vor dem nächsten Rennen mal mit einem Espresso versuchen", scherzte sie. Beim Riesenslalom in Aspen wurde sie dann Siebte. Rebensburgs Problem ist derzeit wohl auch nicht ihr Koffeinpegel, sondern ein nicht ganz stimmiges Ski-Setup; richtig wohl fühlt sie sich jedenfalls nicht. Was auch auf die deutschen Abfahrer in Lake Louise zutraf. Josef Ferstl (20./Super-G) und Andreas Sander (30./Super-G), die nach guten Leistungen in der Vorsaison von der Mittelschicht in die Elite aufsteigen wollen, hatten Mühe, ein paar Weltcuppunkte zu erwerben.

Am kommenden Wochenende nehmen die erfolgserprobten deutschen Techniker in Beaver Creek den Betrieb auf - jene Abteilung, die bei den Trainern vor gar nicht allzu langer Zeit oft zu Schnappatmung führte.

© SZ vom 01.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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