Ski alpin:Kontrastmittel

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Drei schwere Stürze bei der Abfahrt in Kitzbühel, am Mittwoch dann der Kreuzbandriss bei Riesenslalom-Ass Ted Ligety. Hektisch suchen die Organisatoren der alpinen Skirennen nach Mitteln, um die Unfallserie zu stoppen.

Von Johannes Knuth

Der Pistenchef hatte auch für dieses Problem eine Lösung, natürlich. Seit 20 Jahren ist Mike Bräu zuständig für die Kandahar-Abfahrt in Garmisch-Partenkirchen. Am Donnerstag, beim ersten Training der Männer, wollte der Welt-Skiverband Fis zusätzliche Linien auf die Piste malen, um die Rennfahrer auf kniffelige Stellen hinzuweisen. Bräu schaffte also grüne Lebensmittelfarbe aus einer Konditorei im Ort heran, man kennt sich, seine Ex-Frau betreibt das Geschäft. Die Farbe wurde dann nach wenigen Läufern vom Schnee verschluckt, aber Bräu hatte ja noch ein violett-purpurnes Gemisch, versetzt mit Röntgenkontrastmittel. Das wird man im Weltcup künftig vielleicht öfters sehen. Vermutlich zur Freude der Medizinindustrie.

Der alpine Skizirkus gastiert in diesen Tagen wieder in Garmisch-Partenkirchen, am Wochenende sind die Männer dran (Samstag Abfahrt/Sonntag Riesenslalom), am kommenden Wochenende die Frauen, und in Garmisch spulen sie ihr Pensum in gewohnter Manier ab: ein paar Korrekturen, ein wenig Facelifting, ansonsten Altbewährtes. Die Männer fahren diesmal sogar auf der ganz alten Kandahar. In den vergangenen Wochen war es zu warm gewesen, als dass sie auch die neuere Route samt "Freier Fall" hätten präparieren können, dem Sprung ins Nichts. Neu ist das Farbenspiel auf der Piste, ein Experiment, aber Peter Fischer, Vorsitzender des Organisationskomitees, findet das schon richtig. "Dass man jetzt mal reagiert", sagt er.

Im Ski-Weltcup haben sie ein paar schwere Wochen hinter sich, und in Garmisch kann man nun gewissermaßen die Aufräumarbeiten beobachten. Vor allem die Abfahrt am vergangenen Samstag in Kitzbühel wirkt nach. Dort waren drei fähige Abfahrtspiloten ins Netz geflogen, Aksel Lund Svindal, Hannes Reichelt und Georg Streitberger; Svindal und Streitberger erlitten Kreuzbandrisse. Auch, weil sie die Wellen auf der vereisten Piste nicht rechtzeitig entdeckten, laut eigener Auskunft. Am Mittwoch riss dann das Kreuzband von Ted Ligety, dem Riesenslalom-Ass, davor hatte sich vor allem bei den Österreichern ein schwerer Unfall an den nächsten gereiht. Weil der Kalender zu vollgestopft ist? Weil die Riesenslalom-Skier seit der Reform 2012 noch weniger Fehler verzeihen? Weil das Wetter launischer wird? "Wenn ich ein Muster erkennen könnte . . .", sagte Österreichs Herren-Cheftrainer Andreas Puelacher zuletzt - "aber ich finde keines."

In Garmisch testen sie nun diverse Maßnahmen. Die Linien zum Beispiel, die auf Gefahren hinweisen. "Ich finde es super, dass sie etwas Neues probieren", sagt der Schweizer Carlo Janka, nur: "Die Farben am Donnerstag konnte man auf Anhieb nicht so gut differenzieren." Renndirektor Markus Waldner hat die Organisatoren zudem aufgerufen, Konzepte für Sprint-Abfahrten zu entwickeln, bei Bedarf zwei kürzere Läufe statt eines langen abzuhalten, um für die Launen der Natur besser gewappnet zu sein. "Vielleicht muss man auch mal Weggehen von diesem ewigen Vereisen", sagt Fischer. Reichelt hatte die Kitzbühelern auch deshalb getadelt, sie hätten eine ohnehin extreme Piste mit Wasser überzogen und in eine noch extremere verwandelt. Andererseits, sagt Fischer, wenn man zu wenig vereise, "dann fliegen die Fahrer ab, weil es zu weich ist".

Am Freitag experimentierten sie überhaupt nicht, die Organisatoren strichen das zweite Training, um den unteren Abschnitt für den Riesenslalom zu festigen. Reichelt hatte seinen Frieden mit der Kandahar schon am Donnerstag, im Training geschlossen. Nach dem Sturz in Kitzbühel habe er Albträume gehabt, sagte der 35-Jährige.

© SZ vom 30.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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