Ski alpin:Auf Schienen durchs Eisfeld

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Pinturault dominiert im Riesenslalom, Hirscher kommt dem Sieg im Gesamtweltcup näher, Neureuther wird Sechster.

Von Johannes Knuth, Hinterstoder/München

Die Werbebande, die arme, war im Grunde unschuldig. Aber sie hielt sich gerade in der Nähe von Henrik Kristoffersen auf, und der 21-Jährige musste seine Wut jetzt halt irgendwie abschütteln. Kristoffersen war famos gefahren in diesem zweiten Lauf beim Riesenslalom in Hinterstoder, nur: Er war zwölf Hundertstelsekunden hinter Österreichs Marcel Hirscher im Ziel eingetroffen, und für einen, den sie wahlweise Mozart oder Wunderkind rufen, sind das mindestens zwölf Hundertstel zu viel. Kristoffersen rammte seine Faust also erst einmal herzhaft in die Schaumstoffbande im Ziel. Ein paar Minuten später war seine Wut etwas erkaltet, bei der Prämierung der Besten, Kristoffersen war Dritter geworden, knapp hinter Hirscher. Beide beharkten sich am Sonntag in ihrer eigenen Liga, wie so oft in den Technikwettbewerben in diesem Winter. Der einzige, der im Riesenslalom in ihren Kreis aufgestiegen ist, ist der Franzose Alexis Pinturault. Derzeit übertrifft er die beiden sogar beständig. Am Freitag gewann er den ersten Riesenslalom, am Sonntag entfernte er sich gar 1,14 Sekunden vom Rest; er fuhr nicht so kraftvoll wie Hirscher, nicht so flink wie Kristoffersen, dafür ruckelfrei, wie auf Schienen über dieses Feld aus Eis. "Das ist ja unfair", feixte Hirscher im Ziel.

Die Auswahl der deutschen Techniker, deren Formkurve zuletzt etwas nach oben geklettert war, fiel am Sonntag derweil wieder etwas zurück. Felix Neureuther wurde Sechster, wie am Freitag. Am Sonntag war er mit seinem Ertrag aber unzufriedener, er hatte den ersten Lauf ja noch als Zweiter beendet. "Ich habe probiert, aktiv in den Schwung zu gehen, aber das ist mir nicht ganz gut gelungen", sagte er. Stefan Luitz rutschte vom fünften auf den neunten Rang; der 23-Jährige findet sich mittlerweile aber verlässlicher im Kreis der Besten ein, seitdem ihm im Dezember in Beaver Creek ein schwerer Pilotenfehler unterlaufen war und er den zweiten Platz vergeben hatte, mindestens. Und Fritz Dopfer kämpft gerade mit einem Rückfall in die ersten Tage des Winters. Er hat, wie damals, seine Sicherheit sichtlich verloren, und wenn Dopfer unsicher fährt, spült es ihn oft schnell und weit zurück. Den Großteil seiner Technik, sagte er, am Sonntag, "kann man in die Tonne treten".

Marcel Hirscher steht vor dem fünften Gesamtsieg in Serie

Das Niveau im Weltcup ist in den vergangenen Jahren halt noch einmal gestiegen, die jungen Hochbegabten drängeln sich frech und forsch an die Spitze, wer kleine Fehler in seine Läufe einbaut, fällt schnell aus dem Kreis der Besten. Der Österreicher Reinfried Herbst, der gerade seine letzte Tournee durch den Weltcup veranstaltet, sagte zuletzt: "Wo du früher bei einem Fehler drei Zehntel verloren hast, haben Läufer diesen Rückstand heute ohne Fehler."

Im Gesamtweltcup hat das Establishment den Angriff der Jungen in diesem Winter freilich abgewehrt, Hirscher liegt dort etwas komfortabler vor Kristoffersen, 283 Punkte sind es mittlerweile. Er wird sich wohl seinen fünften Gesamtsieg in Serie sichern. "Das Ding", sagte Neureuther am Sonntag, "ist durch."

© SZ vom 29.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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