Sieben Kurven:Sebastian Vettel jodelt wieder

Der Ferrari-Pilot ist trotz des zweiten Platzes ganz zufrieden, Valtteri Bottas überzeugt mit "Sisu" und Fernando Alonso schafft es nicht mehr bis zur Startlinie. Die Geschichten des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer

Valtteri Bottas

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(Foto: AFP)

Die Emotionen, die man finnischen Rennfahrern zuschreibt, nennt sich "Sisu" - eine kämpferische Beharrlichkeit. 80 Rennen hat Valtteri Bottas auf seinen ersten Formel-1-Sieg warten müssen, im vierten Rennen mit Mercedes war es so weit. "Es hat ja auch lange genug gedauert", sagte er auf der Auslaufrunde im Boxenfunk, später fügte er an: "Aber das Warten hat sich gelohnt." Damit hat der 27-Jährige erst dem internen Druck durch Lewis Hamilton widerstanden, allgemein war davon ausgegangen worden, dass er den Briten wohl nach dem Start würde vorbeilassen müssen. Doch dafür war Bottas' Start einfach zu gut. Den Rest des Rennens, besonders in der Schlussphase, musste er sich dann gegen den heranstürmenden Vettel wehren. So gut, dass Mercedes-Teamaufsichtsrat Niki Lauda zweimal die Kappe zog: "Der ist die coolste Socke im ganzen Feld."

Sebastian Vettel

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(Foto: REUTERS)

Ferrari ist dran, immer noch, und in der Qualifikation erstmals sogar vorbei gewesen - nach 588 Tagen wieder eine Pole-Position, erstmals seit 2008 eine komplett rot lackierte erste Reihe. Das war Vettel einen Jodler wert. Überhaupt sind seine Leistungen an seiner Laune abzulesen, WM-Tabellenführer ist er ja immer noch. Für den Sieger hat er Komplimente übrig: "Als ich am Start sah, wie Valtteri von hinten angeschossen kommt, wusste ich, dass es eng werden würde. Aber dass er so vorbeischießt und dann die Tür zu macht, das war geschickt. Er war einfach schneller als wir, wir konnten nicht mithalten." Ferrari wird seine aggressive Herangehensweise noch steigern, das ist ganz nach Vettels Geschmack. Einen klaren Favoriten hat diese Saison jedenfalls (noch) nicht.

Felipe Massa

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(Foto: AP)

Die neue Formel 1 ist munter, aber das Überholen ist nicht wirklich einfacher geworden. Das bekommt auch Sebastian Vettel kurz vor Schluss zu spüren. Als er Valtteri Bottas noch abfangen will, kommt ihm der zu überrundende Williams von Felipe Massa in die Quere. Bottas hatte den Brasilianer auf der Geraden überholt, Vettel brauchte dazu vier Kurven. Der Heppenheimer fluchte über Funk und zeigte dem aus dem Ruhestand zurückgeholten 36-Jährigen den ausgestreckten Mittelfinger. Massa konnte darüber nur lachen: "Sebastian liebt es ja, sich zu beschweren. Ich bin extra vom Gas gegangen und habe ihm die ganze Seite aufgemacht. Ich dachte, er würde innen reinfahren, aber dann hat er sich nicht getraut..." Sofort wurde im Fahrerlager gemunkelt, dass sich Massa vielleicht auch etwas an seinem Ex-Team rächen wollte.

Nico Hülkenberg

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(Foto: Getty Images)

Nach seinem achten Startplatz wollte sich der Emmericher nicht groß auf Prognosen im Rennen einlassen, einfach endlich mal seine ansprechenden Qualifikationsleistungen mit dem Werks-Renault in Zählbares umwandeln. Bislang war Hulk dort eher vom Pech verfolgt gewesen, auch in Sotschi sah es nach dem Start nicht besonders rosig für ihn aus. Nachdem er die beiden Force-India passieren lassen musste, entschieden sich die französischen Strategen dafür, Hülkenberg möglichst lange draussen zu lassen. Genauer gesagt: 40 der 52 Runden auf den Ultrasoftreifen, ein Monster-Stint. "Von den Gummis war nicht mehr viel übrig, aber wir haben unser Ziel erreicht", freut sich Marathon-Mann Hülkenberg, der am Ende immer schneller und schneller geworden war.

Billy Monger

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(Foto: honda)

Herzlosigkeit, das ist ein gern formulierter Vorwurf an die Formel 1. Wäre das Pauschalurteil richtig, dann hätten in Sotschi nicht viele Rennwagen den Sticker #BillyWhizz getragen; hätten nicht Jenson Button, Felipe Massa und Lewis Hamilton für die Hilfsaktion zu Gunsten des 17-jährigen Nachwuchsrennfahrers geworben. Billy Monger mussten nach einem Unfall in der Formel 4 an Ostern beide Beine amputiert werden, die Spendensammlung erbrachte bisher 750.000 britische Pfund. Hamilton gab zu, dass ihn dieses Schicksal - abgesehen von den Unfällen, die er in der Formel 1 miterleben musste - bisher am meisten getroffen hätte. Er verwies auf Alex Zanardi, der 2001 ein ähnliches Schicksal erlitten hatte, danach wieder erfolgreich Rennen fuhr und vier Goldmedaillen bei den Paralympics holen konnte.

Kimi Räikkönen

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(Foto: dpa)

Im Vergleich zu den ersten drei Rennen sei es diesmal ganz gut gelaufen, sagt Kimi Räikkönen über seinen dritten Platz, das gleiche Ergebnis wie im Vorjahr: "Ich war glücklich mit dem Auto, denn wenn ich Gas geben wollte, ist dabei auch eine gute Rundenzeit herausgekommen." Nur den Start hatte er verhauen, neben Bottas fast auch noch Hamilton passieren lassen müssen. Ferrari-Präsident Sergio Marchionne hatte dem Finnen vorgehalten, er müsse sich mehr auf die wichtigen Dinge konzentrieren. Räikkönen mag nichts wissen von einem Streit mit il presidente. Die Gerüchte, der Publikumsliebling wolle bald eine Karaoke-Bar in Helsinki eröffnen, wollte er nicht kommentieren. Seinen eigenen, veränderten Lebenswandel schon: "Gehe ich in Bars? Ja. In jüngster Zeit aber weniger. Ich habe leider keine Zeit mehr."

Honda

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(Foto: Getty Images)

Eine Werbung war das vierte Rennen für die Pläne der Japaner, künftig neben McLaren auch das Schweizer Sauber-Team zu beliefern, wohl kaum: Fernando Alonso schaffte es mit dem McLaren-Honda noch nicht mal bis in seine Startposition, er blieb ohne Power direkt vor der Boxengasseneinfahrt stehen. Auf die Anweisung des Ingenieurs, er solle etwas anderes bei den Lenkradeinstellungen probieren, antwortete der Spanier angesichts der vielen Pannen frech: "Probier's doch selbst." McLaren freut sich, dass Honda künftig einen zweiten Rennstall ausrüstet, dann verdoppelt sich die Entwicklungsgeschwindigkeit. Sauber freut sich auch, denn die Leihaggregate aus Tokio sind billiger als die von Ferrari, mit denen man insgesamt seit 17 Jahren unterwegs ist. Es ist eine Wette auf die Zukunft, eine bessere.

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