Sieben Kurven der Formel 1:Hamilton kontert die Buh-Rufe

Der Brite legt sich in Monza mit den Ferrari-Fans an. Und Vettel freut sich, obwohl er die WM-Führung verliert. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Monza

Lewis Hamilton

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(Foto: Getty Images)

Mit seinem Teamkollegen Valtteri Bottas vergnügt sich der unterhaltsamste aller Formel-1-Piloten auf der Playstation, im wahren Rennfahrerleben bevorzugt er das Duell mit Sebastian Vettel. Zwar ist das in Monza ausgefallen, 36 Sekunden Vorsprung fuhr Hamilton heraus. In der WM-Wertung beginnt es daür jetzt erst richtig, nachdem Hamilton erstmals in dieser Saison die Führung übernommen hat. "Sebastian hat schon zu lange das Lachen des Spitzenreiters im Gesicht. Das will ich jetzt ändern", hatte der Brite angekündigt. Und gewann dann als erster Fahrer in diesem Rennjahr zwei Rennen hintereinander. Die 69. Pole-Position - und damit den Rekord in dieser Kategorie - nahm er gleich mit. Auch mental ist er nach der Sommerpause wieder so drauf wie zu besten Zweikampf-Zeiten mit Nico Rosberg. Als ihn die Ferrari-Fans ausbuhten, rief er ihnen zu: "Ich liebe eure Leidenschaft, diese Energie."

Lance Stroll

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(Foto: Getty Images)

Ein Witz sei das, wenn ein Milliardär seinem Sohnemann ein Formel-1-Cockpit kaufe und das halbe Team dazu, haben viele vor der Saison gesagt. Aber der erst 18 Jahre alte Kanadier Lance Stroll zeigte in Monza eine starke Leistung. Im chaotischen Regen-Qualifying schaffte es der Williams-Pilot auf den vierten Rang, wurde später sogar noch auf Platz zwei versetzt - wegen einer Platzstrafe gegen Verstappen und dessen Red-Bull-Teamkollegen Daniel Ricciardo. Nur zur Erinnerung: Stroll fuhr in Monza seine allerersten Runden überhaupt im Nassen. Technikchef Paddy Lowe, nicht unbedingt als gefühlsduselig bekannt, bescheinigte dem Debütanten: "Das war unglaublich." Stroll, für den erst kürzlich zu Testzwecken der komplette Hockenheimring angemietet worden war, bemüht schon Weisheiten wie ein Routinier: "Der Motorsport ist immer voller Überraschungen, man weiß nie, was herauskommt." In Monza kam dann ein siebter Rang heraus, nach drei Ausfällen in den ersten drei Rennen.

Sebastian Vettel

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(Foto: AFP)

Wie ein Champion empfing das Publikum den Renn-Dritten, als er aufs Podium sprang - obwohl er gerade die WM-Führung verloren hatte. Bengalos, riesige, herzförmige Ferrari-Fahnen, Konfettikanonen. "Ich weiß, dass ich Dritter geworden bin. Aber hier oben fühlt man sich als König der Welt", schwärmte Vettel. Den schwarzen Tag gebe es nur auf dem Papier, er fasste sich telegen ans Herz, als er den Ferrari-Ultras "ein starkes Ende" der Saison versprach. Das Ergebnis? Egal. Der WM-Stand? Noch ein bisschen mehr egal. "Die Leute hier geben mir die Kraft", behauptete der Heppenheimer. Auf jeden Fall war es für ihn nach dem Rennen deutlich angenehmer als im 13. WM-Lauf, in dem die Lenkung einen Knacks bekommen hatte und es seinem Auto an Geschwindigkeit mangelte. "Wir haben versagt", befand Fiat-Chef Sergio Marchionne - er klang deutlich nüchterner als Vettel.

Esteban Ocon

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(Foto: Getty Images)

Geht es um die Mercedes-Talente, dann ist meist die Rede von Pascal Wehrlein. Tatsächlich aber ist die große Hoffnung des Konzerns ein Franzose, zur Ausbildung in den Rennstall von Force India gesteckt. 20 Jahre alt ist Esteban Ocon, und die internen Duelle mit dem Heißsporn Sergio Perez sind nicht das einzige, was ihn auszeichnen. Der junge Mann hat einen guten Instinkt, und als das Wetter in Monza samstags schwierig wurde, stellte er sein Auto einfach auf den fünften Rang und durfte sonntags sogar als Dritter starten. Dass ihn im Rennen schnell die Realität einholte, samt ein paar anderen Fahrern, trübte seine Leistung nicht: "Obwohl ich eigentlich aufs Podium wollte..." Er wurde Sechster und ist jetzt mit 55 Punkten WM-Achter. Direkt vor ihm, mal wieder: Erzfeind Perez. Das einzige Problem von Mercedes: Die Vertragsrechte an Ocon gehörten ab 2020 dem Rivalen Renault.

Romain Grosjean

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(Foto: AFP)

Wenn jemand über Boxenfunk über Bremsen, Gegner und Strecke jammert, dann haben die Hilferufe aus dem Cockpit meist einen französischen Unterton. Romain Grosjean ist Waldorf und Statler in einem, und damit doppelt penetrant. Das Haas-Team hat seinen Vertrag trotzdem verlängert, weil der gebürtige Schweizer durchaus technische und fahrerische Qualitäten hat. Zu Beginn der verregneten Qualifikation funkte er sofort an die Box, dass es zu gefährlich sei zu fahren. Das war nicht übertrieben, denn Sekunden später wurde er ein Opfer des Aquaplanings und setzte auf der Geraden seinen Haas-Ferrari in die Streckenbegrenzung. Daraufhin wurde das Training abgebrochen. Es blieb allerdings nicht die einzige Panne für ihn: Als das Wrack schon abtransportiert war, twitterten seine PR-Leute, wie sehr er sich auf eine Qualifikation im Nassen freue. Im Trockenen landete er überrundet auf dem 15. Rang.

Daniel Ricciardo

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(Foto: Getty Images)

Das breiteste Lachen der Königsklasse vergeht einem selbst dann nicht, wenn man von einem dritten Rang in der schwierigsten Qualifikation des Jahres durch mehrere Komponentenwechsel auf den 16. Startplatz zurückversetzt wird. Man sieht die Mimik der Rennfahrer hinter dem Visier ja leider nicht, aber der Australier wird das eine oder andere Mal gegluckst haben. In Monza pflügte er mit seinem Red-Bull-Renault auf den vierten Platz nach vorn, ein paar Runden nur fehlten ihm, dann hätte er sich wohl auch noch Sebastian Vettel geschnappt. "Ich hatte ihn schon in Sichtweite. Aber auch so war das heute ein gewaltiger Schub für unsere Moral", sagt der Rennfahrer, der zum "Mann des Tages" gewählt wurde. Und Kollege Max Verstappen? Wieder einmal der Pechvogel, mit einem frühen Reifenschaden - aber einem Ehrenpunkt zum Schluss.

Ross Brawn

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(Foto: Getty Images)

Noch nicht alle haben begriffen, dass das ehemalige "Superhirn" von Ferrari im Tagesgeschäft der Formel 1 der Nachfolger von Bernie Ecclestone ist. Denn der Brite mit dem Hang zur Rosenzucht und zum Angeln arbeitet, durchaus ähnlich wie sein Vorgänger, viel hinter verschlossenen Türen. Brawn geht dahin, wo es weh tut - in die Gremien, in denen bislang viel geredet und eher wenig bewegt wurde. Damit soll es vorbei sein. Mit der Strafenflut für die Wechsel von Technikteilen, die in Monza zehn Fahrer in der Startaufstellung weiter nach hinten spülte, soll Schluss sein. Künstliche Überholhilfen wie das DRS-Flügelsystem will er auch kappen. Die Show drum herum besser zu machen, das klappt schon ganz gut: Man muss nur Kit Harrington alias Jon Snow (Game of Thrones) in einem Zweisitzer setzen und um die Piste kutschieren.

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