Basketball:Der 1071-NBA-Spiele-Mann ist da

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Schon in München: NBA-Profi Serge Ibaka hat beim FC Bayern unterschrieben. (Foto: Phillip Kim/Agencia EFE/Imago)

Serge Ibaka wechselt zum FC Bayern. Die Münchner bekommen nicht nur eine Verstärkung für ihre Euroleague-Ambitionen, sondern auch den wohl schillerndsten Spieler, den die Bundesliga je gesehen hat.

Von Sebastian Winter

Nun ist er also doch ziemlich schnell in München gelandet, Serge Ibaka, der 1071-NBA-Spiele-Mann. Am Freitagmorgen kam er am Flughafen an, absolvierte später den obligatorischen Medizincheck, von beiden Ereignissen schickte sein neuer Klub, die FC-Bayern-Basketballer, ein kleines Video: Ibaka mit schwarzer Sonnenbrille und lachsroter Mütze am Airport - und mit nacktem, muskulösem, verkabeltem Oberkörper auf dem Hometrainer. Tags zuvor hatten die Verantwortlichen noch versucht, die aufgekommenen Gerüchte über den nahenden Transfer zu zerstreuen und auf Anfragen zum 2,08 Meter großen und 107 Kilogramm schweren Mann aus dem Kongo einsilbig reagiert.

Am Freitagabend traf Ibaka dann im Rahmen des Spitzenspiels der Bayern-Fußballer gegen Leverkusen in der Münchner Arena auf Klubchef Herbert Hainer, der schon mal die Strahlkraft des Centers und Power Forwards würdigte, den er "eine Bereicherung für den deutschen Basketball" nannte. Am Samstag trainierte Ibaka dann individuell, bevor er sich den Testspielsieg seiner Kollegen gegen Virtus Bologna 76:73 (36:35) live im BMW Park anschaute. "Für mich ist es ein Privileg, dass ich mich diesem historischen, weltweit bekannten Sportverein anschließen kann, damit auch das Basketballteam an die europäische Spitze gelangt", wird Ibaka in einer Vereinsmitteilung zitiert. Damit ist auch recht klar umrissen, welche Pläne die Bayern mit Ibaka in der Euroleague verfolgen, dem höchsten europäischen Klubwettbewerb im Basketball.

Ibaka, Vater einer Tochter, hat ja auch eine eindrückliche Vita aus den USA nach Deutschland mitgebracht. In 14 NBA-Jahren stand der Mann aus Brazzaville, der an diesem Montag 34 Jahre alt wird, für Oklahoma City Thunder, Orlando Magic, Toronto Raptors, Los Angeles Clippers und die Milwaukee Bucks auf dem Parkett. 2019 gewann er mit Toronto als Führungsfigur gar den NBA-Titel. Im zweiten Jahr bei den Clippers, wohin Ibaka im Corona-Herbst 2020 gewechselt war, warf ihn eine Rückenoperation zurück, später in Milwaukee bekam er nicht die gewünschte Spielzeit, Anfang 2023 wurde sein Vertrag aufgelöst. Seine bis dahin erzielten Werte sind eindrucksvoll: zwölf Punkte und 7,1 Rebounds im Schnitt, dazu eine Dreierquote von 36 Prozent.

Dass Ibaka nun nach Europa wechselt, hat auch viel mit seinem neuen Trainer zu tun: Pablo Laso. Die beiden kennen sich, auch deshalb, weil Ibaka unter Laso im Jahr 2011 zwölf Spiele für Real Madrid bestritt. Damals verzögerte sich die NBA-Saison wegen der erfolglosen Tarifverhandlungen, Ibaka hielt sich in Europa fit. "Dass Pablo Laso der Trainer ist, war für mich ebenfalls ein entscheidender Faktor. Für mich ist er einer der besten Trainer der Welt", sagte Ibaka nun nach seiner Ankunft.

Ibaka schaute seinen neuen Kollegen am Samstag bereits bei ihrem Testspiel gegen Bologna zu. (Foto: Philippe Ruiz/Imago)

Ibaka spielt künftig mit drei neuen Weltmeistern zusammen, Andreas Obst, Isaac Bonga und Niels Giffey. Aber ohne dem deutschen Nationalmannschaftstrio zu nahe zu treten: Ibaka dürfte der bislang größte Name sein, der je für die Münchner Basketballer gespielt hat - größer noch als Greg Monroe, der 646-malige NBA-Spieler, der in der Saison 2019/20 das Trikot des FC Bayern trug. Und sicher ist Ibaka auch einer der schillerndsten Spieler, die die Bundesliga bisher gesehen hat.

Seine Lebensgeschichte ist mehr als tragisch

Nicht nur wegen seiner tragischen Lebensgeschichte, die das Basketball-Magazin Five einst nachgezeichnet hat: hineingeboren in eine Basketballerfamilie als drittjüngstes von 18 Kindern; geflohen vor dem Kongokrieg; die Mutter verloren, als er acht Jahre alt war; von der Großmutter in einem Haus ohne Strom und fließendes Wasser aufgezogen; der Vater, ein Hafenarbeiter, war zeitweise auch noch im Gefängnis. Als 17-Jähriger zog Ibaka dann nach Spanien und nahm auch die dortige Staatsbürgerschaft an. Mit der spanischen Nationalmannschaft wurde er 2011 Europameister und gewann ein Jahr später bei Olympia in London die Silbermedaille.

Öfter auf dem roten Teppich zu sehen: Ibaka mit seiner Lebensgefährtin, dem Model Cindy Bruna. (Foto: Abacapress/Imago)

Inzwischen ist Ibaka dank seiner vielen NBA-Jahre Multimillionär, liiert mit dem Topmodel Cindy Bruna, mit dem er über alle möglichen roten Teppiche flaniert. Die Klasse von früher, in der Titelsaison mit Toronto oder zu Zeiten mit Kevin Durant in Oklahoma, hat Ibaka nicht mehr. Seine NBA-Einsatzminuten schrumpften zuletzt, in den vergangenen Monaten war er vereinslos. Doch nun beginnt ein neues Kapitel für den Big Man, wie Spieler seines Formats im Basketball genannt werden. Ein Kapitel, auf das die Verantwortlichen des FC Bayern jetzt schon stolz sind: "Mit ihm bekommen wir Größe, die Fähigkeit, den Court zu öffnen, und eine riesige Präsenz auf und neben dem Feld hinzu. Das ist ohne Frage ein sehr prestigeträchtiger Transfer und dokumentiert die Glaubwürdigkeit unseres Programms", sagte Münchens Sportdirektor Daniele Baiesi.

Nun muss Ibaka nur noch die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen, in einer zehrenden Saison, die in nicht einmal zwei Wochen beginnt.

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