Schweiz - Costa Rica:Brüchige Wagenburg

Lesezeit: 1 min

Bei der Weltmeisterschaft in Russland jubelten die Schweizer einträchtig, hier über den Ausgleich gegen Costa Rica im dritten Gruppenspiel. (Foto: Natasha Pisarenko/dpa)

Den fahrigen Schweizern reicht ein 2:2 gegen muntere Costa Ricaner. Die Eidgenossen verpassen zwar den Gruppensieg, stehen aber nach dem Unentschieden nun im Achtelfinale.

Von Maik Rosner, Nischni Nowgorod

Der Vollmond war rechtzeitig über Nischni Nowgorod aufgegangen. Und als er später hoch genug am Himmel stand, um ins Stadion am Wolgaufer zu blicken, sah er fröhliche Schweizer, die ihren Achtelfinaleinzug bejubelten.

Mit einem 2:2 (1:0) hatten sie die Gruppe E ungeschlagen abgeschlossen und waren damit bei ihrer vierten WM-Teilnahme in Serie zum dritten Mal in die Runde der letzten 16 eingezogen. Blerim Dzemali hatte sie in der 31. Minute in Führung gebracht, Costa Ricas Kendall Waston glich aus (56.). Josip Drmic brachte die Schweiz spät wieder in Führung (88.), doch Costa Rica kam dank eines Eigentores des Schweizer Torwarts Yann Sommer noch zum Remis. Ein Foulelfmeter von Bryan Ruiz war von der Latte in Sommers Nacken und von dort ins Tor geprallt (90.+3).

Den Gruppensieg hatten die Eidgenossen zwar verpasst, weil die Brasilianer parallel gegen Serbien 2:0 gewannen. Doch womöglich kommt den Schweizern der am 3. Juli anstehende Vergleich mit Schweden gelegener als eine Verabredung mit Mexiko, das nun auf Brasilien trifft.

Die Schweizer waren mit einer Wagenburgmentalität ins Spiel gegangen, weil es viel Aufregung um Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri gegeben hatte - die nach ihren Toren gegen Serbien den Doppel-Adler der albanischen Flagge wegen ihrer kosovarischen Wurzeln mit ihren Händen symbolisiert hatten. Verteidiger Michael Lang hatte zur Stimmung bei der "Nati" gar befunden: "Wir gegen die Welt."

Mit der Elf von Costa Rica hatten sie allerdings schon genug zu tun. Die Mittelamerikaner wagten einen Sturmlauf. Allein in der 6. Minute kamen sie zu drei Großchancen, einmal rettete nicht nur Sommer, sondern nach Celso Borges' Kopfball auch der Pfosten. Vier Minuten später traf Daniel Colindres die Unterkante der Latte. Die Wagenburg war brüchig.

Warum die Schweiz nun im Achtelfinale steht, zeigte sich, als ein präzise vorgetragener Angriff zur Führung genügte. Shaqiri passte rechts heraus zu Lichtsteiner, dieser flankte auf den zweiten Pfosten, von wo aus Breel Embolos Kopfballablage Dzemali erreichte, der wuchtig einschoss. Ein Angriff wie aus dem Lehrbuch, aus dem sich die Eidgenossen sonst allerdings eher selten bedienten. Das war auch in der zweiten Halbzeit zu besichtigen, als Costa Rica den überfälligen WM-Ehrentreffer durch Wastons Kopfball nachholte. Viele Tausend Zuschauer ließen bald darauf ihre weißen Handy-Lampen leuchten. Der Vollmond hatte plötzlich eine kleine, aber durchaus hübsche Konkurrenz bekommen.

© SZ vom 28.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: