Schiedsrichter Dieter Pauly:Nase an Nase

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Wer ist hier der Chef? Schiedsrichter Dieter Pauly (rechts) legt sich erfolgreich mit Torhüter Toni Schumacher an. (Foto: Dieter Wiechmann/Imago)

Das berühmte Foto vom Tête-à-Tête mit Toni Schumacher begleitete den Schiedsrichter Dieter Pauly sein Leben lang - und verschaffte ihm in ganz Europa Respekt. Ein Nachruf.

Von Carsten Scheele

Das Drumherum zum wohl berühmtesten Schiedsrichterfoto in 61 Jahren Bundesliga-Geschichte ist bestens dokumentiert. Nase an Nase standen sich der Torwart Toni Schumacher und Schiedsrichter Dieter Pauly gegenüber, Schumacher war mit seinen 1,86 Metern Körpergröße kein kleiner Mensch, doch Pauly überragte ihn um fünf Zentimeter. "Woll'n Sie nicht mal pfeifen?", brüllte Schumacher der Legende nach den Referee an, als er während des 2:2 seines 1. FC Köln gegen Borussia Dortmund in der Saison 1980/81 gerade aus dem Tor geeilt war.

Der Angesprochene antwortete nicht minder leise: "Wenn hier einer schreit, bin ich das, Herr Toni! Sie gehen sofort zurück ins Tor, und die gelbe Karte nehmen Sie gleich mit!"

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Der Herr Toni und der Herr Pauly hatten in diesem Moment gemeinsam ein Stück Bundesliga-Geschichte verfasst, was insbesondere damit zu tun hatte, dass der Fotograf Dieter Wiechmann im besten Moment auf den Auslöser drückte. Zum "Sportfoto des Jahres 1981" wurde der Schnappschuss gekürt und war fortan eine Art "Visitenkarte für mich", wie Pauly einmal der Rheinischen Post erzählte. Pauly leitete zwischen 1980 und 1990 rund 100 Bundesliga-Partien, war darüber hinaus bei 65 internationalen Spielen im Einsatz. War er in Europa unterwegs, hätten die Vereine "das Foto an ihre Spieler verteilt", sagte Pauly: "Mit der Warnung, sich nicht mit mir anzulegen."

Dreimal wurde Pauly zum Schiedsrichter des Jahres gewählt

Der Respekt umwehte Pauly, wo immer er auftrat. Zusammen mit Volker Roth und Wolf-Dieter Ahlenfelder gehörte er zu den bekanntesten Figuren des deutschen Schiedsrichterwesens der Achtziger. Er leitete ein Pokalendspiel (1986), das Europacupfinale der Pokalsieger 1988, auch bei der EM 1988 in Deutschland war er im Einsatz. Er wurde dreimal zum Schiedsrichter des Jahres gewählt, zuletzt 1990. Als erster DFB-Schiedsrichter wurde Pauly im gleichen Jahr mit einem Abschiedsspiel geehrt, in seiner Geburtsstadt Mönchengladbach. Später machte er sich mit Sportgeschäften selbständig, verbrachte aber auch viele Monate im Jahr auf Ko Samui/Thailand, wo er nun im Alter von 81 Jahren gestorben ist.

Mit Schumacher hatte sich Pauly damals schon kurz nach dem Abpfiff ausgesprochen, der Torwart lud ihn sogar zu einem seiner zahlreichen Abschiedsspiele ein, natürlich, um die Partie zu leiten. Auch in ihren Memoiren schienen sich die Protagonisten abgesprochen zu haben. Während Schumacher sein allseits bekanntes Skandalwerk unter dem Namen "Anpfiff" veröffentlichte, nannte Pauly sein etwas weniger prominentes Buch: "Abpfiff".

Und traurigerweise hat sich noch ein Kreis rund um die berühmte Szene geschlossen, denn kurz vor Pauly ist auch der Urheber des damaligen Bildes verstorben. Die Todesnachricht von Dieter Wiechmann kam nur eine Woche vor jener von Dieter Pauly. Sein berühmtes Foto bleibt.

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