Schalke 04 in der Bundesliga:Sarkastisch durch den Teufelskreisel

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Schalkes Trainer Huub Stevens wendet sich vom Spielfeld ab. Gegen Dortmund muss er sich was einfallen lassen. (Foto: dpa)
  • Schalke 04 verliert erneut daheim, der alte, neue Trainer Stevens konnte das Team bisher nicht beleben.
  • Jetzt steht das Derby gegen Dortmund an - und auf Schalke regiert eine seltsame Stimmung.

Von Ulrich Hartmann, Gelsenkirchen

Wenn nicht alles so traurig wäre, müsste Huub Stevens lachen. Nach der 2:5-Blamage gegen Hoffenheim hat man das dem Trainer von Schalke 04 angemerkt. Zunächst war er zerknirscht, dann wurde er kurz sachlich und schließlich immer alberner. Er machte einen Witz nach dem anderen. Der Niederländer taumelte sarkastisch durch den Schalker Teufelskreisel.

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Er akzeptierte die schwierige Situation, tolerierte die Schwächen der überforderten Mannschaft und ignorierte die dramatische Lage zwischenzeitlich mit brüskem Humor. Man sei auf Schalke kein "Blindeninstitut" und Hoffenheim nicht der "FC Hüpplepüpp", kalauerte Stevens, bevor ihn Fragen zum Revierderby am kommenden Samstag zurück auf den Boden der Ernsthaftigkeit holten. "Wir müssen nach Dortmund, und wir müssen da auch spielen", sagte der 65-Jährige in schicksalhaftem Ton und suggerierte: Das wird kein Spaß!

Man sucht den Schalker Trost dieser Tage im Absurden, denn es ist ja fast ein Glücksfall, dass die Gelsenkirchener das Hochamt gegen den Erzrivalen BVB nicht im eigenen Stadion begehen müssen. Es ist elf Wochen her, seit sie dort zuletzt ein Spiel gewonnen haben. Das war am 6. Februar das Pokal-Achtelfinale gegen Fortuna Düsseldorf. Seither hat es zunächst ein Nullzunull gegen Freiburg und danach sechs wettbewerbsübergreifende Niederlagen in Serie gegeben. Fast 60 000 leidensbereite Sympathisanten haben sich das jedes Mal angetan.

Man bemerkt die seelischen Veränderungen an ihrem Liedgut. "Wir sind Schalker, asoziale Schalker!", singen sie immer häufiger in selbstironischer Anlehnung an gleichlautende frühere Beschimpfungen durch gegnerische Fans. Auf Schalke etabliert sich mit jedem verlorenen Spiel eine Selbstkasteiung, für die der lakonische Stevens aber kein Verständnis aufbringt: "Ich habe vor sechs Wochen doch nicht umsonst gesagt, dass dies hier meine schwierigste Aufgabe als Trainer ist", schimpfte er.

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Unter Stevens gab es vier Heimniederlagen, aber auswärts erreichte man einen 1:0-Sieg in Hannover und ein 1:1 in Nürnberg, und es waren just diese beiden Ergebnisse, die dafür sorgten, dass die Chancen auf den direkten Klassenerhalt nach wie vor gut sind. Man ist um sechs Punkte und 20 Tore besser als jene drittletzten Stuttgarter, die am finalen Spieltag in Gelsenkirchen gastieren. Im spannendsten Fall bestreiten die beiden Teams am 18. Mai eine Art Endspiel, dessen Verlierer in die Relegation muss.

Doch noch verblasst dieser Saisonausklang vor dem Spiel am Samstag in Dortmund (15.30 Uhr, live erstaunlicher- und ausnahmsweise in der ARD). Ausgerechnet aus dem gegnerischen Lager kommt ein Hinweis auf das therapeutische Potenzial dieses Derbys für die Schalker, denn mit einem Sieg könnten sie den Klassenerhalt nahezu sichern und ihre Anhänger versöhnen. "Mit diesem Spiel kann Schalke seine Saison retten - sie werden alles geben, was sie haben", sagte Dortmunds Abwehrspieler Abdou Diallo dem Kicker.

Allerdings ist es gar nicht so viel, was die Schalker derzeit haben.

Gegen Hoffenheim bot Stevens in Alexander Nübel, 22, Weston McKennie, 20, Suat Serdar, 22, Breel Embolo, 22 und dem zuvor nur in der U23-Zweitvertretung eingesetzten Jonas Carls, 22, fünf junge Spieler auf, die eine Halbzeit lang viel juvenilen Schwung ins Schalker Spiel brachten, in der zweiten Halbzeit aber mit dem Rest ihres Teams zusammen einbrachen. Stevens brachte Verständnis auf für die mentalen und körperlichen Schwächen: "Wenn es zwischen den Ohren nicht stimmt, dann geht das auch in die Beine", sagte er.

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Überhaupt hatte der Niederländer keine Lust, über Schwächen dieser Mannschaft und Versäumnisse längst suspendierter Verantwortlicher bei der Kaderzusammenstellung zu mosern. Ob der Mannschaft nicht die Qualität fehle, wurde Stevens gefragt, und er antwortete: "Darüber rede ich nicht - ich habe eine Mannschaft vorgefunden, mit der ich nun arbeite, und das ist nicht einfach." Das war natürlich auch eine Antwort.

Und wie steht es um die Vorfreude aufs Derby? "Sehen Sie nicht, wie sehr ich mich freue?", sagte Stevens mit eingefrorenem Grinsen und erinnerte an den grimmigen Joker aus den Batman-Comics. Dann wurde er wieder ernst. "Ich finde das Derby super, aber ich hätte lieber eine andere Konstellation gehabt."

© SZ vom 23.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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