Saisonstart im American Football:Große Langeweile? Von wegen!

Lesezeit: 3 min

Mehr Rookies, weniger Verletzungen, hohe Ergebnisse: Entgegen allen Prognosen macht sich die verkürzte Saisonvorbereitung bei den Football-Profis in der NFL nicht bemerkbar. Doch es gibt auch Opfer des Lockouts.

Christoph Leischwitz

Noch vor zwei Wochen gab es viele, die Cam Newton für einen Emporkömmling hielten. Sein Vater Cecil habe Universitäten dafür bezahlt, dass sein Sohn eine Karriere als College-Quarterback machen könne. Den Carolina Panthers war das egal, sie verpflichteten den 21 Jahre alten Uni-Abgänger im Frühjahr.

Saisonstart auch für Eli Manning (oben). (Foto: REUTERS)

Und nun hebelt Newton in der National Football League (NFL) alle Gesetze aus, die bisher galten: In seinen ersten beiden Spielen warf er 854 Yards und erlief selbst zwei Touchdowns, darunter gegen die aktuellen Champions Green Bay Packers. Dummerweise verloren die Panthers beide Spiele, was aber nicht an Newton lag, sondern an der Abwehr.

Das Besondere an Newtons Leistungen ist der Zeitpunkt. Sie fallen in eine Saison, von der viele Experten prophezeit hatten, dass es Neulinge auf allen Positionen besonders schwer haben würden - wegen der kurzen Vorbereitungszeit in diesem Jahr. Spielergewerkschaft und Vereinsbesitzer hatten sich erst Ende Juli zusammengerauft und die Absage der Saison verhindert. Bis dahin waren aber wegen des Lockouts, der Aussperrung der Spieler, schon eine Menge Termine abgesagt worden: Das erste, kurze Trainingslager zum Beispiel wird normalerweise schon im Mai abgehalten.

Football-Analysten warnten: Die kurze Vorbereitungszeit führe zu mehr Verletzungen. Die Saison werde zudem sehr langweilig, weil weniger Vorbereitung ein Nachteil für die Offensivkräfte einer Football-Mannschaft sind. Und Mannschaften mit neuen Trainern, immerhin acht von 32, würden es besonders schwer haben, weil sie ihre Spieler ja gar nicht kennen würden, geschweige denn die Spieler die Playbooks ihrer Trainer, in denen alle geplanten Spielzüge stehen.

Zumindest nach zwei Spieltagen ist von alldem nichts eingetreten, und Cam Newton ist dafür nicht der einzige Beleg - bei den Panthers ist mit Ron Rivera übrigens auch der Trainer neu. Auch sonst haben viele Rookies Schlagzeilen gemacht. Und es hagelt Punkte, wie zum Beispiel beim Eröffnungsspiel Green Bay gegen New Orleans (42:34).

Das wirft eine Frage auf: Warum wird eigentlich jedes Jahr schon fünf Monate vor Saisonbeginn mit dem Training begonnen? "Die organisierten Teamaktivitäten und Minicamps sind dazu da, den Coaches etwas zu tun zu geben und die NFL in den Nachrichten zu halten", schreibt ein Kolumnist in den USA. In der Tat sind die ersten Trainingslager im Frühjahr nicht dazu da, Spielzüge einzustudieren, sie haben ähnliche Gründe wie ein Schulwandertag: Sich kennenlernen, gemeinsam bewegen, eine Art Turnvater-Jahn-Prinzip auf amerikanisch.

Abgesehen davon haben die Neulinge vieler Klubs ihren Rückstand auch in den vier Wochen, die ihnen blieben, aufgeholt: Ältere Spieler wurden häufiger mal geschont, die Rookies erhielten mehr Spielpraxis. Das Ergebnis: Weniger Verletzungen und mehr eingesetzte Rookies in den ersten Spielen. "Ich würde auch erst später mit dem Training beginnen", sagt Phil Hickey, Trainer des GFL-Teams Braunschweig Lions und Quarterback-Coach des deutschen Nationalteams: "Trainer sind immer dafür, mehr zu trainieren, aber in diesem Fall schlage ich mich auf die Seite der Spieler."

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Natürlich gibt es auch Opfer der Aussperrung. Gabe Watson, 27, zum Beispiel, ein gestandener Defensive Tackle. Er wollte nach einer langen Verletzung wieder Stammspieler werden, die New York Giants hatten auch Interesse an ihm. Doch dann kam die Aussperrung, Training auf dem Vereinsgelände war verboten.

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Watson war kreativ. In seinem Hotelzimmer formierte er jeden Abend aus Stühlen und Kleidungsstücken fiktive Gegenspieler und tackelte die Möbel. Doch es reichte nicht, Giants-Headcoach Tom Coughlin strich ihn aus dem Kader. Er hatte Watson kaum spielen sehen und kein Vertrauen zu ihm aufgebaut.

Für die Ergebnisse scheinen jedenfalls andere Dinge wichtiger zu sein als eine kurze Vorbereitung. Die Indianapolis Colts müssen zurzeit wegen einer komplizierten Nackenverletzung auf ihren Quarterback Peyton Manning verzichten, der alljährliche Super-Bowl-Anwärter spielt so schlecht wie lange nicht mehr - wegen des Ausfalls eines einzigen Spielers. Tom Brady von den New England Patriots oder Aaron Rodgers von den Green Bay Packers werfen indes einen Touchdown nach dem anderen, egal wie alt und erfahren ihre Gegner sind.

Bei den Vertragsverhandlungen während des Tarifstreits ging es übrigens nicht nur um Geld. Es ging auch um eine Verkürzung der Trainingszeiten - vom kommenden Jahr an werden es fünf Wochen weniger sein. Da haben sich die Spieler doch tatsächlich einmal durchgesetzt.

© SZ vom 20.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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