Rudern:Ruder-Routinier Hacker kämpft um eine WM-Medaille

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Amsterdam (dpa) - Die Helfer an der Bosbaan in Amsterdam begrüßen ihn nach nur wenigen WM-Tagen wie einen alten Bekannten. Allein mit seinem Foto auf dem Zugangsausweis zur Regattastrecke hinterlässt Marcel Hacker bei den Einlasskontrolleuren mächtig Eindruck.

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Amsterdam (dpa) - Die Helfer an der Bosbaan in Amsterdam begrüßen ihn nach nur wenigen WM-Tagen wie einen alten Bekannten. Allein mit seinem Foto auf dem Zugangsausweis zur Regattastrecke hinterlässt Marcel Hacker bei den Einlasskontrolleuren mächtig Eindruck.

Denn auf dem Bild ist der deutsche Einer-Ruderer acht Jahre jünger - und kahlköpfig. Der kleine Gag mit der Fotoauswahl bereitet auch ihm großes Vergnügen. „Die Leute lachen ja schon am Steg. Damals hatte ich noch volleres Haar“, scherzte Hacker und fügte augenzwinkernd hinzu: „Im Vergleich dazu trage ich heute Zöpfe.“

Damals, das war 2006. In einem packenden Zweikampf mit dem Neuseeländer Mahé Drysdale verpasste Hacker in Eton nur hauchdünn den WM-Sieg. Eine bessere WM-Platzierung ist dem Magdeburger seither nicht mehr gelungen. Dennoch gehört er noch immer zum erlauchten Kreis der besten Einer-Fahrer - mit 37 Jahren. Diesen Status will der Weltmeister von 2002 auch bei den Titelkämpfen im Südwesten der niederländischen Metropole wahren. Ein starker Auftritt im Halbfinale am Freitag soll den Weg in den Endlauf zwei Tage später ebnen. Ganz so aufgeregt wie in jungen Jahren ist Hacker vor solch wichtigen Rennen dabei nicht mehr: „Man sieht viele Dinge gelassener.“

Der Routinier hat schon viel erlebt: Mal fuhr er in einem WM-Rennen vor ein Treibholz, mal wurde er völlig entkräftet aus dem Wasser gefischt, mal versagte unmittelbar vor der Siegerehrung der Kreislauf. Seit Ende der 90er Jahre sitzt er von wenigen Ausnahmen abgesehen im Einer des Deutschen Ruderverbandes (DRV). Oft ging er dabei bis an seine körperlichen Grenzen - manchmal darüber hinaus.

Eine von Hackers Lieblingsanekdoten ist die von London 2012. Eigentlich sollte nach seiner vierten Olympiateilnahme Schluss sein mit der Schinderei. Als Hacker im Finale als Sechster ins Ziel kam, sagte seine Schwiegermutter auf der Tribüne: „Das war's.“ Seine daneben sitzende Mutter entgegnete: „Das glaube ich nicht.“ Sie sollte am Ende recht behalten. Den Dialog der alten Damen kommentiert Hacker noch heute mit einem seeligen Lächeln: „Meine Mutter hat es schon vor mir gewusst.“

Nur wenige Wochen nach London überraschte er mit der Ankündigung, bis Rio 2016 weiterrudern zu wollen. Obwohl Hacker dann 39 Jahre alt sein wird, hatte DRV-Chefcoach Marcus Schwarzrock keine Einwände. Schließlich ist noch immer kein jüngerer, nationaler Widersacher in Sicht, der Hacker im Skiff Paroli bieten könnte. Nach Einschätzung von Hackers Trainer Roland Oesemann ging dessen Formkurve zuletzt nach oben. „Rudertechnisch gehört Marcel ohnehin zu den Besten. Aber nun ist etwas mehr Ausdauer hinzugekommen.“

Die Routine seines Schützlings hält Oesemann prinzipiell für einen Vorteil. Nur manchmal kann sie auch zur Last werden. „Jüngere Sportler gehen an viele Dinge unbedarfter ran“, erläuterte der Trainer. Für den Fall, dass sein Schützling mal wieder ins Grübeln gerät oder bei dieser WM etwas nicht so läuft, wie geplant, setzt Oesemann auf eine einfache Strategie: „Dann muss man an die vielen positiven Erlebnisse denken und versuchen, daraus Kraft zu schöpfen.“

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