Roman Weidenfeller in der Nationalelf:Neue Töne im Tor

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Roman Weidenfeller hat mit Borussia Dortmund fast alles erlebt, was im Klubfußball möglich ist. In Klamotten der A-Nationalelf sieht man ihn jetzt zum ersten Mal. Die späte Berufung ist auch für ihn etwas Besonderes. Nun darf er auf einen Einsatz in Wembley hoffen.

Von Kathrin Steinbichler

Nein, Roman Weidenfeller hat nicht vor, sich aus der Ruhe bringen zu lassen. Nicht jetzt, wo er diese Chance vor Augen hat, die er sich seit vielen Jahren gewünscht und an die er schon nicht mehr geglaubt hat. Weidenfeller verschränkt entspannt die Arme. Nur die Leute vor ihm, die sind jetzt etwas aufgeregt.

"Zurück", ruft ein Kameramann gereizt in Richtung des Podiums, auf dem der Torhüter sich an diesem Dienstagmittag in München erstmals als offizielles Mitglied des Nationalmannschaftskaders präsentiert. "Runter!", schreit ein weiterer Fernsehmann entnervt, als die Fotografen in der ersten Reihe noch immer wie eine Wand vor Weidenfeller stehen, der bereits Platz genommen hat, und den Torhüter in ein Blitzlichtgewitter hüllen.

Roman Weidenfeller trägt ein schwarzes Polohemd zur schwarzen Trainingshose, darüber die waschmaschinenweiße Trainingsjacke des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Der Torwart-Routinier von Borussia Dortmund in Klamotten der A-Nationalelf - das hat es noch nie gegeben, und so balgen sich an diesem Tag die Objektive und Kameras um den 33-Jährigen.

Tags zuvor war Weidenfeller selbst der Erste gewesen, der gleich nach der Einkleidung von sich ein Erinnerungsfoto im DFB-Dress geschossen und am Montag begeistert auf seine Facebook-Seite gestellt hat. "Toll, dass ich dabei sein darf", schrieb Weidenfeller dazu. Der BVB-Schlussmann hat mit Borussia Dortmund fast alles erlebt, was im Klubfußball möglich ist. Die späte Berufung in den Kreis der Nationalmannschaft ist jedoch auch für ihn, bei aller äußerlichen Coolness, etwas Besonderes.

Am Montag durfte er bei Werbeaufnahmen sogar schon mal das Torwarttrikot tragen, am Freitag aber, wenn es im Mailänder Giuseppe-Meazza-Stadion gegen Italien geht (20.45 Uhr/ZDF), wird Weidenfeller es vorerst nur auf der Bank tragen können. Das Freundschaftsspiel gegen den EM-Halbfinalgegner von 2012 "wird Manuel Neuer absolvieren, so viel steht fest", stellt Bundestorwarttrainer Andreas Köpke klar, "alles andere werden wir dann sehen".

Ob der selbstbewusste Weidenfeller sich wirklich damit zufriedengeben würde, einige Tage lediglich als Sparringspartner für Neuer im Training herhalten zu müssen? Das Trainerteam wolle ihn jetzt mal kennenlernen und "sehen, wie er sich im Team so macht", meint Köpke. Weidenfeller hat die Botschaft verstanden und lässt neue Töne hören. "Ich bin gut aufgenommen worden", erzählt er, am Dienstagmorgen sei er auch schon mit Neuer und René Adler gemeinsam im Kraftraum gewesen.

Mit einem Länderspieleinsatz "würde sich für mich natürlich ein Traum erfüllen", sagt er schließlich, "aber der i-Punkt meiner Karriere ist schon, dass ich im Kreis der Nationalmannschaft dabei bin und die Wertschätzung des Trainerstabes und der Öffentlichkeit genieße." Ganz ruhig und diplomatisch sagt der sonst oft forsche Weidenfeller das, und für einen kurzen Moment ist einem, als wenn irgendwo aus der Tiefe des Raumes ein katzengleiches Schnurren zu hören ist. Doch es ist nur das Surren der Fernsehkameras.

2010 hatte Weidenfeller hinnehmen müssen, dass statt seiner der damals 36-jährige Jörg Butt für den verletzten Adler in den WM-Kader rückte. Jetzt, rund ein halbes Jahr vor der nächsten WM, gehört es zu den Überlegungen des DFB-Trainerstabes, Weidenfeller als mögliche Nummer drei mit nach Brasilien zu nehmen. Zuletzt in den Qualifikationsspielen bestand keine Möglichkeit für Experimente, erklärt Köpke. Die drei Freundschaftsspiele bis März 2014 seien nun "die letzte Chance, etwas auszuprobieren". Mit der Einsatzgarantie gegen Italien ist Neuers Status unterstrichen, nächsten Dienstag (21 Uhr/ARD) aber, wenn es im Londoner Wembley- Stadion gegen England geht, könnte Weidenfeller seine Chance erhalten.

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René Adler, 28, und Ron-Robert Zieler, 24, dürften Weidenfellers Berufung als Zeichen verstehen, dass der Kampf um die Plätze hinter Neuer verschärft worden ist. Die U21-Nationaltorhüter Bernd Leno und Marc-André ter Stegen werden sich eventuell gedulden müssen. "Durch die ganze Konstellation kann man es momentan vielleicht nicht jedem recht machen", formuliert es Köpke vorsichtig, und: "Wir müssen auf alle Eventualitäten vorbereitet sein." Soll heißen: Auch auf eine Formkrise oder gar eine Verletzung, wie 2010.

Der Fülle an Torhütern stehen derzeit einige Ausfälle gegenüber: Miroslav Klose (Schulter), Per Mertesacker und Mesut Özil (beide Erkältung) fallen vermutlich aus. Roman Weidenfeller betont am Dienstag zwar: "Ich stelle mich komplett in den Dienst der Mannschaft." Zu einem Einsatz als Feldspieler aber dürfte es definitiv nicht reichen.

© SZ vom 13.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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