Gladbachs Fußballer Rocco Reitz:Als Borusse geboren

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Am Tag seiner Geburt in Duisburg wurde Rocco Reitz von seinem Patenonkel als Vereinsmitglied in Mönchengladbach angemeldet. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Rocco Reitz war in Mönchengladbach Einlaufkind, Vorspielkind und früh Gast auf der Tribüne. Nach einer zweijährigen Leihe hat sich der U21-Nationalspieler bei seinem Herzensklub zum Stammspieler entwickelt - und einen großen Spitznamen verdient.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

"Früher", verrät Rocco Reitz, "war ich ein riesiger Messi-Fan." Der Argentinier Lionel Messi ist 1,70 Meter klein, gilt vielen aber als größter Fußballer jemals. Reitz ist mit seinen 1,76 Metern auch kein Riese, gilt vielen am Niederrhein aber als Borussia Mönchengladbachs größtes Talent seit Langem. In seinem ersten halben Jahr als Stammspieler bei der Borussia haben ihn die Gladbacher Fans dreimal nacheinander zum Spieler des Monats gewählt: im September, im Oktober und im November. Die Dezember-Wahl steht noch aus. An diesem Freitag empfängt Gladbach zum letzten Heimspiel des Jahres Werder Bremen.

Am Tag seiner Geburt in Duisburg hat der Patenonkel ihn als Vereinsmitglied in Mönchengladbach angemeldet. Reitz war bei der Borussia Einlaufkind, Vorspielkind und bei den Heimspielen mit dem Vater und dem Patenonkel schon früh Stammgast auf der Tribüne. Seit seinem siebten Lebensjahr spielt er selbst für Gladbach. "Ich habe mehr als mein halbes Leben hier verbracht", sagt er. "Die Liebe zu diesem Verein ist genauso wie die Liebe zum Fußball riesig - größer geht's gar nicht."

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Reitz hat in allen bislang 14 Bundesligapartien der Saison mitgespielt und stand sogar elfmal in der Startelf. Gegen Wolfsburg und Dortmund hat er seine ersten Bundesligatore geschossen. In der U21-Nationalmannschaft hat er im November in seinem ersten Spiel direkt einen Doppelpack abgeliefert. Nach seinem Bundesliga-Debüt-Treffer am 10. November gegen Wolfsburg ist Reitz im Internet als "Messi vom Niederrhein" bezeichnet worden. So ein Vergleich gefällt ihm, aber er bildet sich lieber nichts darauf ein. Bodenhaftung ist wichtig für das, was er als "Erfüllung eines Lebenstraums" bezeichnet.

Dieser Traum wurde noch schöner als Mitglied in einer U21-Nationalmannschaft, mit der ihm 2025 die Teilnahme an der EM in der Slowakei winkt. Reitz ist in der U21 neben dem Hoffenheimer Maximilian Beier, dem Mainzer Brajan Gruda, dem Freiburger Merlin Röhl, dem Frankfurter Ansgar Knauff und dem Dortmunder Youssoufa Moukoko einer von vielen ungewöhnlich starken Mittelfeld- und Offensivspielern. Sie alle bekommen bereits erhebliche Spielanteile in der Bundesliga. Reitz musste sich seinen Durchbruch bei Gladbach hart erarbeiten - und zwar in Belgien.

"Rocco ist Teil unseres Gladbacher Weges, junge Spieler zu integrieren", sagt Trainer Seoane

Im Sommer ist er nach einer zweijährigen Leihe zum belgischen Erstligisten VV St. Truiden nach Gladbach zurückgekehrt. Da war er sich noch gar nicht sicher, ob er in der Bundesliga schon für relevante Einsätze infrage käme - und hat deshalb tatsächlich noch mal über eine weitere Ausleihe nachgedacht. Aber weil Gladbachs Kader im Umbruch ist, hat der neue Trainer Gerardo Seoane jedem Spieler eine Chance gegeben. Reitz hat sie genutzt. Meist an der Seite von Julian Weigl und Kouadio Koné erhält er im Mittelfeld sogar den Vorzug vor den früheren Nationalspielern Florian Neuhaus und Christoph Kramer. "Ich hätte nie gedacht, so schnell einen Stammplatz zu bekommen", sagt er.

Seoane schwärmt von seinem jüngsten Mittelfeldspieler. "Rocco ist Teil unseres Gladbacher Weges, junge Spieler zu integrieren", sagt er. "Er gibt uns eine sehr gute Energie auf dem Platz mit seiner Bereitschaft, in die Duelle zu gehen." Reitz besitzt eine ausgeprägte Körpersprache. Spieler mit seinem Elan und seiner demonstrativen Leidenschaft haben den Gladbachern gefehlt in den vergangenen zweieinhalb Jahren, in denen es tabellarisch und emotional kontinuierlich abwärtsgegangen war im Borussia-Park. Dass Gladbach kurz davor ist, den Turnaround zu schaffen, hat auch viel mit Reitz zu tun. "So ein Umbruch braucht Zeit", mahnt er selbst zwar zur Geduld, "aber jetzt, finde ich, sind wir auf einem guten Weg, und wenn wir auch weiterhin alle an einem Strang ziehen, bin ich zuversichtlich."

Obwohl Reitz erst 21 ist, spielt und spricht er oft wie ein erfahrener Profi. Seinen Werdegang reflektiert er als exemplarisch für junge Spieler. Er sagt: "Ich kann nur jedem Nachwuchsspieler raten: Wenn man richtig Gas gibt, dann wird man auch belohnt - und dann muss man seine Chance natürlich nutzen!"

Solche Sätze gefallen dem U21-Nationaltrainer Antonio Di Salvo. Als kürzlich darüber debattiert wurde, dass BVB-Mann Karim Adeyemi lieber nicht für die U21 spielen, sondern stattdessen in Dortmund trainieren wollte, stärkte die Motivation solcher Spieler wie Reitz dem U21-Trainer den Rücken. "Rocco macht in Gladbach zurzeit alle Spiele von Beginn an, er will immer den Ball haben und zeigt keine Angst, in engen Situationen angespielt zu werden - er imponiert mir", lobt Di Salvo.

Als Jugendlicher mag Reitz Messi-Fan gewesen sein - "heute", sagt er, "schaue ich sehr gern Joshua Kimmich zu. Ich finde ihn sehr beeindruckend, und er ist so ein bisschen der Maßstab, wo ich einmal hin will."

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