Relegation der Bundesliga:Die Uhr läuft ab

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Pierre-Michel Lasogga (2. v. l.): Vermeintlicher Treffer aus dem Abseits (Foto: dpa)

Sehr lange sehr harmlos: Der Hamburger SV kommt gegen die SpVgg Greuther Fürth im Relegations-Hinspiel nicht über ein 0:0 hinaus und muss sich freuen, dass die Gäste ihre Chancen nicht verwerten können. Die Bundesliga-Uhr im Hamburger Stadion könnte am Sonntag ausgedient haben.

Natürlich ging es dann auch noch einmal um diese Anzeige in der Nordwest-Ecke des Stadions. Um diese Leiste mit weißer Schrift auf blauem Untergrund. Eine ganze Reihe von Zahlen steht dort, am Donnerstag, um 20.30 Uhr, war das die Folge 50, 264, 3, 30, 00. Jahre, Tage, Stunden, Minuten, Sekunden. Davor die Raute, das schlichte Wappen des Hamburger SV, dazu die Schrift "in der Bundesliga seit". Dass sie in Hamburg auf dieser Uhr die Sekunden zählen, das ist nur ein bescheidener Ausdruck für: schon immer. Seit es die Bundesliga gibt. Ununterbrochen.

Das war also die Dimension dieses Relegationsspiels: Der Hamburger SV, der ewige Bundesligist, gegen die SpVgg Greuther Fürth, den Zweitligisten, der erst ein Jahr in der Bundesliga gespielt hat, und das mit einem unrühmlichem Rekord: das erste Team, das kein Heimspiel gewonnen hat. In Hamburg dagegen sehen sie die Geschichte der Bundesliga als Geschichte des HSV. Doch seit die Uhr bei der Zahlenfolge 50, 264, 5, 21, 15 angekommen ist, müssen sie im Verein mehr als je zuvor befürchten, dass die Uhr demnächst angehalten werden muss. Da war das Hinspiel gegen Fürth gerade 0:0 ausgegangen.

Bundesligist gegen Zweitligist also? Es war lange die Partie zwischen einer Mannschaft, die einen gepflegten, durchdachten, unaufgeregten Fußball spielte. Und einer Mannschaft, die zögerte, die durcheinander war, die schlampte, im Zweikampf, im Passspiel, in der Ballannahme. Die zweite Mannschaft war der HSV. "Das war heute zu wenig", sagte Kapitän Rafael van der Vaart. "Das war ein gutes Spiel von uns", lobte Fürths Trainer Frank Kramer, "aber noch haben wir nicht zugebissen."

HSV-Trainer Mirko Slomka hatte versucht, seine zuletzt wackelige Defensive zu stärken. Für Innenverteidiger Heiko Westermann (Slomka: "zuletzt immer wieder ein kleiner Bock drin") spielte Johann Djourou. Kurzfristig musste Slomka zudem auf Torwart René Adler verzichten, der das Aufwärmen mit Rückenbeschwerden abbrach. Für ihn spielte Jaroslav Drobny.

Fürth, der Tabellendritte der abgelaufenen Zweitliga-Saison, verteidigte aggressiv und offensiv, die beiden Angreifer Nikola Djurdjic und Ilir Azemi störten den Spielaufbau des HSV schon früh; in der eigenen Spielfeldhälfte verstopften die Gäste den Raum so dicht, dass die Hamburger Angreifer lange keine Torchance hatten. Überhaupt reagierte der Gastgeber, der Tabellendrittletzte der abgelaufenen Bundesliga-Saison, verunsichert. Die Spieler leisteten sich viele leichte Ballverluste. Und wehrten sich zunächst kaum gegen die Leidenschaft der Fürther. Immer wieder schalteten die Gäste nach der Balleroberung schnell um, und immer wieder setzten sie dabei Azemi gut ein. Nach einem Pass von Zoltan Stieber drehte sich der Angreifer um die eigene Achse, Drobny parierte seinen Schuss mit dem Fuß (26.).

Und der HSV? Die beste Möglichkeit hatte Hakan Calhanoglu nach einem Fehlpass des Fürther Innenverteidigers Mergim Mavraj, sein Distanzschuss ging jedoch klar am Tor vorbei (44.).

Hamburger SV in der Einzelkritik
:Auf Schleicherpfaden Richtung Abstieg

Kapitän Rafael van der Vaart läuft viel, aber langsam. Hakan Calhanoglu wirkt hypernervös, Pierre-Michel Lasogga unternimmt lange Ausflüge und Uwe Seeler bibbert auf der Tribüne. Das 0:0 des HSV im Hinspiel der Relegation gegen Greuther Fürth in der Einzelkritik.

Von Carsten Eberts, Hamburg

In der zweiten Halbzeit spielte der HSV ein bisschen offensiver, und das war auch schnell zu erkennen: Die Löcher in der eigenen Defensive wurden ein bisschen größer. So kombinierte sich Fürth mit geschickten Zuspielen immer wieder gefährlich vor das Tor. Niko Gießelmann drückte den Ball mit dem Kopf am Tor vorbei (51.). Djurdjic rutschte nach einer flachen Flanke von Rahman Baba am Ball vorbei (53.). Azemi rutschte in aussichtsreicher Position im Strafraum aus (65.).

Mit Azemis Ausrutscher begann die stärkste Phase des HSV. Im direkten Gegenzug gewann der eingewechselte Marcell Jansen einen Zweikampf, van der Vaart flankte, ein Kopfball von Pierre-Michel Lasogga, Fürth-Torwart Wolfgang Hesl fing den Ball im Fliegen. Zwei Minuten später: Freistoß van der Vaart, Kopfball Lasogga, der Ball landete im Tor, doch der Jubel verstummte schnell - Abseits.

Der HSV stand in der Defensive weiter wackelig, Fürth spielte weiter sehr sicher. Doch die Gastgeber hatten nun gefährlichere Chancen: Hesl wehrte einen Schuss von Lasogga ab (85.), eine Minute später landete der Ball nach einem Versuch von Petr Jiracek auf dem Tornetz. Wenig später war das Spiel vorbei.

Die Uhr in der Nordwest-Ecke im Hamburger Stadion wird weiter die Sekunden zählen, mindestens bis zum Abpfiff des Rückspiels am frühen Sonntagabend. Mindestens also, bis die Uhr die Zahlenfolge 50, 267, 1, 45, 00 erreicht.

© SZ vom 16.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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