Real Madrids Verteidiger Pepe:Hilferuf eines Haudegens

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"Den Pepe machen" steht auf spanischen Bolzplätzen für besonders ungestümes Foulen. Der Verteidiger von Real Madrid gehört zu den härtesten Spielern seiner Zunft. Nun bekommt der Fall eine neue Dimension: Denn Pepe beklagt die angebliche Diskriminierung portugiesischer Fußballer in Spanien.

Von Oliver Meiler, Barcelona

Zu manchen Fußballern will die Opferrolle einfach nicht passen, so sehr sie sich auch darum bemühen. Képler Laveran Lima Ferreira, besser bekannt unter dem Künstlernamen Pepe, ist so einer. Der 29-jährige portugiesische Innenverteidiger von Real Madrid hat einen solch kläglichen Ruf, dass er unter Hobbykickern auf spanischen Bolzplätzen schon als geflügeltes Wort dient: "den Pepe machen" - das steht für aggressives, ungestümes Foulen. Für Blutgrätschen und Nachtreten und Tätlichkeiten.

Durch Spaniens Stadien hallt nach jedem harten Einsteigen Pepes der Chor: "Asesino, asesino". Mörder, Mörder. Gemeint ist das natürlich nicht wörtlich. Doch Pepe gilt nun mal als Synonym für Raubein oder Haudegen, mag er an guten Tagen auch einer der besten Verteidiger der Welt sein: schnell, stark in der Luft, mit viel Sinn für die Antizipation.

Nun scheint ihm die Zeit reif zu sein, um die unfreundliche Sicht auf sich und sein Spiel zu korrigieren. In einem Interview mit der portugiesischen Sportzeitung Record beklagt sich der gebürtige Brasilianer, der mit 18 nach Portugal kam und mit 24 eingebürgert wurde, über die angebliche Diskriminierung portugiesischer Fußballer in Spanien: "Wir Portugiesen fühlen uns verfolgt. Wir sind Ausländer, das spürt man auch daran, wie uns die Medien behandeln", sagt Pepe.

Und er glaubt auch zu wissen, warum das so ist: "Spanien hatte eben nie einen Spieler, der den ,Balon d' Or' (Preis der Zeitung France Football für den weltbesten Fußballer eines Kalenderjahres/Anm. d. Red.) verdienen würde, während wir Portugiesen gleich zwei weltbeste Fußballer hervorgebracht haben: Luis Figo und Cristiano Ronaldo." Neid also, so glaubt Pepe, nährt die Aversion.

Es ist unwahrscheinlich, dass ihn diese Aussage in Spanien populärer machen wird. In fußballerischen Angelegenheiten geben sich die iberischen Nachbarn viel dünnhäutiger als in politischen, gesellschaftlichen oder kulturellen. Da sind sie Rivalen, da verstehen sie keinen Spaß.

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In Spanien erinnert man sich nun wieder an das Spiel Real gegen Getafe vor bald vier Jahren, als Pepe in der 87. Minute den Gegenspieler Javier Casquero im Strafraum umstieß und sich über dessen Hinfallen so sehr ärgerte, dass er zwei Mal mit Wucht nach ihm trat. Er sah dafür die rote Karte, was ihn nicht hinderte, einem Spielerkollegen des Getretenen ins Gesicht zu schlagen. Es war ein denkwürdiger Ausraster, bestraft mit einer Sperre für zehn Spiele. Jetzt sagt Pepe, er hätte ob des Hasses, der ihm damals entgegenschlug, beinahe seine Karriere beendet.

Bis heute werde ihm der Vorfall mit Casquero vorgeworfen. Man gewähre ihm nicht die menschliche Wärme und die Unterstützung, die er sich so sehr wünsche. Pepe fühlt sich also noch immer etwas mehr als Opfer denn als Täter, obschon ihm in der Zwischenzeit noch etliche andere Ausraster passierten. Einmal stieg er Lionel Messi vom FC Barcelona, der neben ihm am Boden lag, mit Absicht auf die Hand.

Die böse Geste blieb ungeahndet, der Schiedsrichter sah sie nicht. Der Ruf Pepes aber ist seither für immer gezeichnet. Nicht nur unter den Anhängern des FC Barcelona. Die katalanische Sportzeitung Mundo Deportivo schreibt in ihrem Kommentar zu Pepes Verschwörungstheorie: "Er ist einer der wenigen Spieler, die es geschafft haben, die verfeindeten Fans von Real und Barça zu vereinen - nämlich in ihrer Ablehnung gegen Gewalt auf dem Rasen." Und das ist ein Verdienst, wenn auch ein unfreiwilliges.

© SZ vom 28.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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