Real Madrid:Der epochale Hegemon der Champions League

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Real Madrid erringt die dritte kontinentale Krone innerhalb von vier Jahren. Das liegt vor allem am Trainer, an zwei Spielern - und einer eigentümlichen DNA.

Kommentar von Javier Cáceres

Zu den bemerkenswerten Wesenszügen Real Madrids zählt die Fähigkeit, zu siegen, ohne sich auch nur ansatzweise zu fragen, warum. Wobei: Über Fragen der Fußballphilosophie und der Ästhetik reden sie auch in Madrid ganz gern. Aber erst, nachdem sie gewonnen haben. Nun hat Real Madrid die zwölfte kontinentale Krone seiner Vereinsgeschichte errungen, drei davon hat Spaniens Rekordmeister in den vergangenen vier Jahren gewonnen. Eine solch epochal anmutende Hegemonie gab es im wichtigsten Vereinswettbewerb Europas (und der Welt) im Grunde seit den Achtzigern nicht mehr.

Zählten nur die Titel, steht daher völlig außer Frage, dass von einer epochalen Mannschaft zu reden ist. Oder besser: einem epochalen Kader. Kein Verein der Welt hat eine derart ausufernde Ansammlung von qualitativ hochwertigen Spielern auf der Payroll wie Real Madrid. Eine andere Frage ist, ob man den Begriff der Ära auch verwenden kann, wenn man darunter die stilbildende Veränderung des Fußballs versteht, die Begründung einer neuen Denkrichtung. Das war etwa beim FC Barcelona unter dem Trainer Josep Guardiola der Fall, Barça ging unter ihm sehr eigene Wege, schuf einen unverkennbar neuen Stil, den man bei diesem Real Madrid bisher nicht ausmachen konnte.

Ronaldo verkörpert Reals eigentümliche DNA

Aber: Real Madrid hat vor allem in der Schlussphase dieser Saison schlicht und ergreifend spektakulär Fußball gespielt. Es war kein Zufall, dass Real bei den meisten jener Spiele auf dem Rasen war, die das meiste Konfetti verdienten: beim Clásico im Bernabéu-Stadion (das 2:3 verloren ging), bei den Viertelfinals in der Champions League gegen den FC Bayern, dem nun das vielleicht überzeugendeste Kapitel der Saison folgte.

Denn im Finale von Cardiff wurde Juventus von Real, jedenfalls in der zweiten Halbzeit, glanzvoll aus dem Stadion gefegt. Und siehe: Durch die schiere Macht des Erfolges hat es die milliardenschwere Truppe aus Madrid vermocht, Barça den Rang abzulaufen. Es ist noch gar nicht so lange her, dass man in der katalanischen Hauptstadt höhnte, man habe mehr Farbfotos von der Königsklassen-Trophäe als Real Madrid, das immer auf die Schwarz-Weiß-Fotos der 50er blicken müsse, auf die Bilder von Di Stéfano, Puskas oder Gento.

Es war einmal: Seit den 90er Jahren hat Barça fünf, Real sechs Titel geholt. All das ist ohne den Trainer Zidane oder Kapitän Sergio Ramos nicht zu erklären. Vor allem aber ist es nicht ohne Cristiano Ronaldo zu erklären, der sich, 32-jährig, neu erfunden hat und näher am gegnerischen Tor agiert als noch vor kurzen. Dieser Tribut an das Alter hat seine Produktivität kaum sinken lassen. Er verkörpert die eigentümliche DNA Reals. Sie triggert Siege, nicht mehr und nicht weniger. Und auch deshalb wirkte das 4:1 von Cardiff so, als ob es nur den Beginn einer länger anhaltende Tyrannei begründe.

© SZ vom 06.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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