Real Madrid: Cristiano Ronaldo:Mourinhos schwerster Fall

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Bei Real Madrid treffen der teuerste Fußballer und der teuerste Trainer der Welt aufeinander. José Mourinho baut auf seinen Star Cristiano Ronaldo, beim FC Bayern stehen sie vor ihrem ersten echten Test.

Javier Cáceres

Es war, als könne es ihm gar nicht schnell genug gehen. Als habe er am Strand der Algarve die Füße nicht hochgelegt, sondern mit ihnen im Sand gescharrt. Eigentlich hatte ihn ja niemand erwartet. Jedenfalls nicht am 27. Juli, nicht in Valdebebas, dem Vorort in Flughafennähe, wo Real Madrid seine Sportstadt errichtet hat, und schon gar nicht in Arbeitskleidung: Nominell war der Urlaub des Cristiano Ronaldo noch nicht vorüber. Und doch zog sich der Portugiese um, lief zusammen mit zehn Kameraden auf den Trainingsplatz, und wenn es stimmt, was die semiprofessionellen Lippenleser der spanischen Sportpresse anderntags in ihren Medien publizierten, so wandte er sich vertrauensvoll an den neuen Übungsleiter, José Mourinho, und bat ihn ergebenst um Unterstützung. "Mach dir keine Gedanken", soll Mourinho geantwortet haben: "Mit mir wirst du wieder ein Champion werden."

Zwei Diven unter sich: Bei Real Madrid müssen sich der exzentrische Fußballtrainer Mourinho und der exzentrische Fußballspieler Ronaldo arrangieren. (Foto: AFP)

Bald Özil als Spielkamerad?

Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die vergangene Saison an Cristiano Ronaldo, 25, genagt hat. Als teuerster Fußballer der Welt wurde er vor Jahresfrist im Madrider Bernabéu-Stadion begrüßt, Vereinsboss Florentino Pérez stellte ihn vor etwa 100.000 Menschen vor - doch was der parareligiösen Zeremonie folgte, war ein "Jahr in Weiß". So nennt man in Spanien titellose Spielzeiten. Dazu kam noch, dass er in der mannschaftsinternen Wertung hinter Gonzalo Higuaín zurückblieb. Denn während der Argentinier 27 Tore in der Liga erzielte, konnte Ronaldo "nur" 26 vorweisen.

Auch die Fußball-WM verlief für ihn enttäuschend, mit Portugal scheiterte er im Achtelfinale, er selbst schoss lediglich ein unerhebliches Tor gegen Nordkorea. Danach sorgte er durch die seltsamen Umstände seiner Nachkommenschaft für Schlagzeilen, über sein Management gab er bekannt, erstens ein Kind bekommen zu haben und dies, zweitens, allein aufziehen zu wollen. Doch den wahren Erziehungsauftrag hat in diesem Jahr nicht Ronaldo, sondern Mourinho.

Bislang zeigt sich der Trainer von den Übungsleistungen seines portugiesischen Landsmanns sehr angetan. Er habe bereits jetzt eine vorbildliche Mentalität bewiesen, ja sogar Dankbarkeit für die betont physische Vorbereitung gehabt. "Er wird mit mir eine große Saison spielen", sagte der Coach. Ronaldo gab die Blumen zurück: "Ich bin in diesem Jahr besonders motiviert", erklärte er bei einer Pressekonferenz im Trainingslager in Los Angeles in Kalifornien, "doch Mourinho steigert unsere Motivation zusätzlich." Auch sein forderndes Ego ist nunmehr gestillt. Weil die Real-Ikone Raúl González Blanco zum FC Schalke 04 nach Deutschland auswanderte, darf Ronaldo nun die bei Real durchaus legendär besetzte Rückennummer 7 tragen, die vor ihm Amancio, Juanito und Butragueño ausführten. In der Vorsaison hatte der Bauchmuskel-Fetischist Ronaldo noch mit der "9" spielen müssen. "Ich weiß, dass Raúl glücklich sein wird, wenn ich die '7' trage. Denn er weiß, dass ich mich mit ihm sehr identifiziere: Wir sind beide sehr professionell", behauptet Cristiano Ronaldo.

Real Madrid zahlte 92 Millionen Euro Ablöse für ihn. Die Erwartungen an Cristiano Ronaldo sind entsprechend gewaltig. (Foto: AFP)

Offensivspieler gesucht

Das Spiel beim FC Bayern an diesem Freitagabend wird der erste richtige Sommer-Test Real Madrids sein; am Rande des Trainingslager in den USA gab es Spiele gegen das mexikanische Team América sowie gegen Los Angeles Galaxy, in beiden Partien siegte Real Madrid 3:2 - und offenbarte noch so manche Schwäche. Die unübersehbaren Defizite in der Defensive hofft Mourinho, mit einem weiteren portugiesischen Landsmann überwunden zu haben, der wie die Real-Profis Ronaldo, Pepe, Ángel di María und Mourinho selbst zum Kundenkreis des Spieleragenten Jorge Mendes gehört: Ricardo Carvalho. Noch ist die Tür aber "zu beiden Seiten hin geöffnet", wie Real Madrids Generaldirektor Jorge Valdano am Donnerstag erklärte.

Gesucht wird insbesondere eine Offensivkraft. Im Gespräch ist weiter der beim FC Barcelona offenbar nicht mehr aktuelle deutsche Nationalspieler Mesut Özil. Sowohl Marca wie As behaupten, dass Mourinho der Klubführung mitgeteilt habe, den Mittelfeldspieler in seiner Belegschaft haben zu wollen. Ursprünglich hieß es, dass er einen echten Mittelstürmer zur Fahndung ausgeschrieben habe, es hätten ihn allerdings die Preise abgeschreckt, die für solche Spieler aufgerufen wurden. Aus diesem Grund rechne Mourinho auch damit, Ronaldo häufiger ganz nach vorne schicken zu müssen, da könnte er einen hinter den Spitzen operierenden Özil gut gebrauchen. Ob diese Denkmodelle wirklich durchgespielt wurden, ließ Valdano am Donnerstag offen. Zu Özil ließ er sich kaum ein Lächeln entlocken.

© SZ vom 13.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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