Basketball in Spanien:Königlicher Zorn im Chaosfinale

BARCELONA SPAIN MARCH 11 Thomas Heurtel 13 of FC Barcelona Barca Lassa in action during the Liga; Svetislav Pesic

Svetislav Pesic, der einst den FC Bayern trainierte, gewann den Pokal mit dem FC Barcelona.

(Foto: imago/Cordon Press/Miguelez Spor)
  • Im spanischen Basketball erwägt Real Madrid angeblich den Ausstieg aus der heimischen Liga, weil man mit den Schiedsrichtern unzufrieden ist.
  • Im Pokalfinale gegen Barcelona kommt es zu kuriosen Szenen - am Ende regen sich die Königlichen furchbar auf.
  • Auch in anderen Ländern gibt es Zoff um Schiedsrichter im Basketball.

Von Jonas Beckenkamp

Als das Chaosfinale des spanischen Königspokals zugunsten des FC Barcelona entschieden war, schüttelte Svetislav Pesic fleißig Hände. Er schüttelte sie jedem, der mochte, er humpelte mit seinem typischen Schelmgrinsen von Fan zu Fan, ehe er in der Kabine verschwand. Pesic, der in diesem Sommer 70 wird, hatte mit all seiner Trainerfuchsigkeit wieder einmal einen Titel gewonnen: Sein FC Barcelona ist erneut Pokalsieger des spanischen Basketballs.

Die Frage ist nur: Wie um alles in der Welt kam es zu diesem Triumph, der an diesem Montag zu drastischen Darstellungen wie jener der Zeitung Marca führte? Dort heißt es, der Ausgang des Clásicos zwischen Real Madrid und Barça sei "der größte Skandal der spanischen Basketball-Historie". Skandalös finden sie auf Seiten der Königlichen vor allem die Schiedsrichter. Sie hatten beim 94:93 in der Verlängerung gleich zweimal kapital daneben gelegen - und beide Teams je einmal begünstigt.

Riesige Polemik in der Verlängerung

Es war ein hochklassiges, nervenkitzelndes Endspiel zwei der besten Mannschaften Europas. Ein Spiel wie ein Schwergewichtsfight. Der Clásico des Basketballs basiert auf derselben Rivalität wie jener im Fußball, inklusive aller bekannten Biestigkeiten. Barcelona hatte einen enormen Rückstand aufgeholt und sah mehrfach wie der Sieger aus, aber Real kam immer wieder zurück. Nachdem Sergio Llull Madrid mit dem letzten Wurf in die Verlängerung gerettet hatte, ereigneten sich jene zwei Szenen, die jetzt für großen Wirbel sorgen.

Als Barcelonas Chris Singleton bei einem Schnellangriff alleine Richtung Korb lief, schlug ihm Reals Anthony Randolph von hinten eindeutig auf Arm und Kopf. Ein Foul, das kaum einer in der Halle übersah, doch der Pfiff blieb aus, das Spiel lief weiter. Stattdessen nutzten die Königlichen den Gegenangriff zu einem Korb und übernahmen die Führung zum 93:92. Schon diese Aktion hatte das Zeug zum Aufreger, doch es folgte ein noch größerer: Barcelona brachte in seinem letzten Angriff wenige Sekunden vor der Schlusssirene Center Ante Tomic unter dem Korb in Position, dessen Korbleger erneut der Amerikaner Randolph abwehrte.

Ein herausragender Block eigentlich, bei dem Randolph den Ball mit den Händen ans Brett drückte. Die Szene hätte nach korrekter Regelauslegung der Sieg für Real sein müssen, doch die Schiedsrichter entschieden nach Ansicht der Videobilder anders: "Goaltending". Sie hatten gesehen, dass der Wurf erst im Sinkflug abgewehrt wurde - und gaben die zwei siegbringenden Punkte für Barcelona. Diese Konzessions-Entscheidung der Herren Schiedsrichter erfüllte die Beteiligten der Königlichen mit Wut. Kapitän Felipe Reyes war auf dem Weg in die Umkleide kaum zu bändigen. "Diebe, sie haben uns verdammt nochmal beklaut, es ist zum Kotzen", brüllte der 2,06 Meter große Veteran durch die Katakomben, "eine Schande ist das!"

"Ultimatum" für die Liga?

Der königliche Zorn gipfelte in einem Auftritt von Sportdirektor Juan Carlos Sánchez bei der Pressekonferenz nach der Partie. Dort forderte er, dass Spaniens Liga ACB den Fehler der Referees offiziell anerkennt und eine Entschuldigung kommuniziert - andernfalls erwäge man bei Real Konsequenzen: "Es passiert jetzt das zweite Jahr hintereinander, dass es solche Entscheidungen gegen uns gibt." Schon im Pokalfinale des Vorjahres hatte Madrid wegen umstrittener Szenen gegen Barcelona verloren. "Es kann nicht sein, dass alle drei Schiedsrichter beim Instant Replay auf dem Bildschirm nicht sehen, dass es ein korrekter Block war."

Sollte die Liga das Eingeständnis nicht veröffentlichen, erwägt das Präsidium von Real um Vereinsboss Florentino Pérez laut Medienberichten sogar, die heimische Liga zu verlassen. Die Zeitung El Espanol spricht von einem "Ultimatum" an den Ligaverband und einem möglichen Beschluss von Pérez, die Mitglieder von Real Madrid über den Ausstieg abstimmen zu lassen. "Uns reicht es," sagte Sportchef Sánchez, der sich noch im Kabinentrakt der Madrider Arena intensiv mit Pérez besprach. Die ACB gilt nach der NBA und der Euroleague, wo Real längst eine feste Größe ist und viel Geld einnimmt, als drittstärkste Liga der Welt.

Schon seit Jahren halten sich Gerüchte, dass Spaniens größter Klub seinen Fokus auf den europäischen Wettbewerb verlagern will. Ob er den Schritt wirklich durchziehen würde, wollte Real auf Anfrage der SZ nicht kommentieren. Interessant ist, dass es in Europas Basketball jüngst ähnliche Fälle gab. Vergangene Woche boykottierte in Griechenland Olympiakos die zweite Halbzeit des Pokal-Derbys gegen Panathinaikos. Die Mannschaft blieb aus Verdruss über die Schiedsrichter zur Pause einfach in der Kabine und verließ verfrüht die Halle.

Man wolle Partien gegen den Athener Stadtrivalen nur noch unter Leitung internationaler Referees bestreiten, hieß es von Seiten des Traditionsklubs aus dem Athener Hafen. Die Liga weigerte sich, dem nachzukommen, und bestrafte Olympiakos mit einem Abzug von sechs Punkten in der Liga. Und auch im serbischen Cup-Finale kam es am Wochenende zu einem Streitfall: Weil sich Roter Stern Belgrad gegen Partizan verschaukelt fühlte, blieb das Team von Serbiens wichtigstem Klub der Siegerehrung nach dem Spiel fern. Klubpräsident Nebojsa Covic polterte hinterher über "systematischen Diebstahl" durch die Schiedsrichter und folgerte: "Ich könnte niemandem gratulieren, der sich etwas ergaunert hat, also stehe ich hier nicht Spalier." Dem serbischen Verband sprach er zudem ab, überhaupt zu existieren.

Es scheint, als versuchen Europas Großklubs im Basketball gerade das zu tun, was im Fußball - Stichwort "Superliga" - zuletzt vertagt wurde: Ein Spiel zu ihren eigenen Regeln in ihrer eigenen Liga zu etablieren.

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