Rassismus-Vorfall:"Wir sind Marega"

Lesezeit: 2 min

Moussa Marega, 28, reagiert auf die rassistischen Beleidigungen von der Tribüne. (Foto: Miguel Riopa/AFP)

Verband, Liga und auch Portugals Staatspräsident verurteilen die Beleidigungen gegen den Stürmer des FC Porto während der Partie bei Vitoria Guimareas. Trainer Conceicao setzt im Internet ein Zeichen.

Der portugiesische Staatspräsident wollte mit der Verurteilung des Rassismus-Eklats in der heimischen Fußball-Liga nicht bis zu seiner Rückkehr aus Indien warten. Marcelo Rebelo de Sousa grüßte seine Landsleute am Montagmorgen nach der Zwischenlandung in Dubai live im öffentlich-rechtlichen Fernsehen RTP und appellierte eindringlich an deren "gesunden Menschenverstand". In solch grundlegenden Fragen, sagte er, "wollen wir keine Verlierer sein".

Rebelo de Sousas Auftritt und seine "vehemente" Ablehnung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung jedweder Art waren der vorläufige Höhepunkt des Falles Moussa Marega, der Portugal weit über den Sport hinaus beschäftigt. Premier Antonio Costa solidarisierte sich mit dem "großartigen Spieler" des FC Porto und sprach von einem "kriminellen und unerträglichen" Fall. "Niemand kann gleichgültig bleiben."

MeinungRassismus im Fussball
:Affen auf der Tribüne

Die Mehrheit der Anständigen verurteilt die Schmähungen gegen Hertha-Spieler Jordan Torunarigha. Vieles, was früher zum Stadionalltag gehörte, wird heute nicht mehr toleriert.

Kommentar von Claudio Catuogno

Marega, Nationalspieler für Mali, war es am Sonntagabend im Auswärtsspiel der "Drachen" bei Vitoria Guimaraes (2:1) leid gewesen, von den Heim-Fans als "Neger" oder "Affe" beschimpft zu werden - und verließ rund zehn Minuten nach seinem Siegtreffer wutentbrannt das Feld (71.). Die verzweifelten Versuche von Mit- und Gegenspielern sowie seinem Trainer Sergio Conceicao, ihn daran zu hindern, wehrte der 28-Jährige ab. Bei seinem Abgang flogen Sitze, Marega senkte beide Daumen in Richtung Tribüne und zeigte dem aufgebrachten Mob schließlich seine Mittelfinger. Später schimpfte der in Frankreich geborene Profi bei Instagram über die "Idioten, die ins Stadion kommen, nur um rassistische Parolen zu schreien". Auch mit den Unparteiischen rechnete er ab: "Ich hoffe, dass ich euch nie wieder auf einem Fußballplatz sehe, ihr seid eine Schande."

Der Schiedsrichter hatte ihn für seinen Torjubel, bei dem Marega auf seinen entblößten Unterarm gezeigt hatte, verwarnt. Bemühungen, die Fans zu beruhigen oder das Spiel abzubrechen, unterließ er. Dabei war Marega, wie Videoaufnahmen beweisen, schon beim Warmmachen beleidigt worden. "Wir sind völlig empört", sagte Porto-Trainer Conceicao: "Wir sind eine Familie, unabhängig von Nationalität, Haut- oder Haarfarbe." Im Netz postete er ein Foto von Marega mit der Zeile "Wir sind alle Moussa". Entsprechend titelte die Sportzeitung A Bola "Somos Marega" (Wir sind Marega), O Jogo schrieb von einem "Verbrechen". Das Jornal de Noticias erschien mit der Zeile "Tore haben keine Farben". Der FC Porto sprach von "einem der historischen Tiefpunkte der portugiesischen Fußball-Geschichte".

Verband und Ligaverband verurteilten die Rassisten ebenso scharf. Vitoria-Präsident Miguel Pinto Lisboa verwunderte dagegen mit der Einlassung, er habe "keine rassistischen Beleidigungen bemerkt" - und griff Marega an. Der Stürmer, der als Porto-Leihgabe 2016/17 13 Tore in 25 Ligaspielen für Guimaraes erzielt hatte, habe mit "Provokationen die Tribüne in Brand gesteckt", meinte er. Das sieht nicht nur Staatschef de Sousa ganz anders.

© SZ vom 18.02.2020 / SID - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

MeinungRassismus im Fußball
:Münster macht Mut

Die Reaktion auf den rassistischen Vorfall gegen den Drittligafußballer Leroy Kwadwo zeigt, dass die Mehrheit nicht erstarren muss, wenn eine Minderheit sie zu tyrannisieren versucht.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: