Rapid Wien:Ultras beschimpfen Journalisten als "Terroristen"

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Das verhängnisvolle Transparent aus der Fankurve von Rapid Wien. (Foto: imago/Eibner Europa)
  • Bei Österreichs Rekordmeister Rapid Wien häufen sich in letzter Zeit die Skandale.
  • Ultras bezeichnen Journalisten via Transparent als "Terroristen", und das zwei Tage nach den Anschlägen in Barcelona.
  • Der Einfluss der Ultras auf die Klub-Führung ist bedenklich.

Von David Ryborz

"Die wahren Verbrecher hier seid ihr - Journalisten Terroristen", prangt auf dem riesigen Transparent. Die Buchstaben sind aus den Logos verschiedener Tageszeitungen gebastelt, wie man es aus Erpresserschreiben kennt. Die Ultras des SK Rapid Wien senden eine klare Botschaft: Mit farbigen Zetteln stellen sie einen gigantischen Mittelfinger dar.

Eine Berufsgruppe pauschal als "Terroristen" zu bezeichnen, ist unglücklich, zwei Tage nach den Anschlägen in Barcelona umso geschmackloser. Das Wort "Terror" leite sich aus dem lateinischen ab und bedeute so viel wie "Furcht" und "Schrecken", erklärt die Fangruppe in einem Statement auf ihrer Website. "Diese Furcht vor Rapid-Fans wird seit Jahren gezielt forciert", so der Vorwurf an die österreichischen Medien. Außerdem sei die Phrase unter den Ultras "seit mehreren Jahren" gebräuchlich. Soviel zur Entschuldigung?

Es hat sich einiges angestaut bei Österreichs Rekordmeister. Sportlich läuft es nicht gut, der Europapokal wurde verpasst - und die Fans treiben den Klub vor sich her. Dabei schaden sie dem Image des Vereins gerade selbst massiv.

Aussprache auf der Raststation

Schon im April hatten die Ultras den Mannschaftsbus "von der Autobahn geholt", eine Szene, mit der die Fans ihre Macht im Verein untermauerten. Es folgte eine Aussprache mit den Spielern auf der Raststation, das Pokalfinale gegen Red Bull Salzburg ging trotzdem verloren. Als Anfang August im Wiener Derby gegen Austria (2:2) ein sicher geglaubter Sieg vergeben wurde, antworteten die Fans mit einem Feuerzeugregen, das Spiel musste unterbrochen werden.

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Eine Gewaltkultur wie zuletzt in Rostock dürfen die Klubs nicht einmal im Ansatz tolerieren. Sollte der Dialog mit den Moderateren unter den Ultras nichts bringen, müssen härtere Maßnahmen her.

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Rapid-Ersatzspieler Steffen Hofmann legte sich mit einem Gegenspieler an, statt zu deeskalieren. Der Schiedsrichter hätte Hofmann verwarnen müssen, verzichtete aber darauf, weil er "nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen" wollte.

Eine Woche später, beim Stand von 0:3 gegen Admira Wacker, führten die Fans erneut eine Spielunterbrechung herbei. Wieder waren Gegenstände aufs Spielfeld geflogen, und auch Trainer Goran Djuricin sorgte für negative Schlagzeilen: Die Bilder seiner Spuck-Attacke gegen Admiras Torwarttrainer Walter Franta verbreiteten sich rasant. Aufgrund der "Verletzung des Fair-Play-Gedankens" wurde der Rapid-Coach zu einer Geldstrafe von 7000 Euro verdonnert. Djuricin, Sohn eines Serben und einer Kroatin, erklärte sein Fehlverhalten damit, dass diese Geste in seinem Kulturkreis nun mal gebräuchlich sei.

Die negative Berichterstattung über Rapid setzte sich fort, bis die Ultras nun mit ihrer "Journalisten Terroristen"-Kampagne auftraten. Und die Rapid-Führung? Die distanziert sich zwar von allerlei Geschmacklosigkeiten, greift aber nur halbherzig durch. Sie will es sich mit den eigenen Fans nicht verscherzen, die ja ansonsten ausgezeichnete Stimmung machen und brav ins Stadion gehen. Nach den Derby-Ausschreitungen wurden sechs Anhänger, die Gegenstände geworfen haben, ausfindig gemacht. Sie erhielten Stadionverbote, allerdings nur auf Bewährung.

Der Einfluss der Ultras auf Entscheidungen der Klub-Führung ist kaum zu leugnen. Dieser soll sogar zur Freistellung des Ex-Sportdirektors und langjährigen Schalkers Andreas Müller im vergangenen November geführt haben. Die Rapid-Führung um Präsident Michael Krammer und Geschäftsführer Christoph Peschek liege "mit den Ultras im Bett", sagte Müller öffentlich im Fernsehen.

18 Monate Haft nach Hitlergruß

Die Ultras wiederum klagen, dass die Medien derzeit nur negativ über ihren Klub berichten würden. Es würden "alle Register gezogen, um eine 'gute Story über Rapid auf den Markt zu werfen'", kritisieren die Fans die fehlende Beachtung positiver Ereignisse. So hätten die Ultras im vergangenen Winter im Rahmen einer Spendenaktion 60 000 Euro für einen wohltätigen Zweck gespendet, Berichte darüber seien aber eine Randnotiz geblieben. Es ginge immer nur um Skandaljournalismus.

Doch die unliebsamen Berichte lassen sich auch kaum vermeiden. Erst am Dienstag wurde ein Fan von Rapid Wien zu einer 18-monatigen Haftstrafe verurteilt. Der fünffache Vater hatte während eines Spiels demonstrativ den rechten Arm zum Hitlergruß erhoben. Rapid belegte den Mann mit einem zweijährigen Hausverbot, das aber jederzeit verlängert werden könnte. Diese Sanktion sei ein Beleg, dass der Klub bei Vergehen wie Gewalt und politischem Extremismus rasch Konsequenzen ziehe, schrieb der Verein in einer Aussendung.

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