Sportfilme beim DOK.fest München:Fremde Heimat

Lesezeit: 1 min

"Die Einsamkeit bringt mich um", sagt Girmay. Es ist der Preis, den er für seinen großen Traum zahlt. (Foto: DOK.fest München)

Biniam Girmay aus Eritrea verfolgt seinen Traum, einmal als Radprofi bei der Tour de France zu starten. Doch mit dem sportlichen Erfolg wächst auch seine innere Zerrissenheit: "Weil mir die Menschen, mit denen ich mein Glück teilen möchte, fehlen."

Von Sebastian Winter

Kaum fünf Minuten ist die Dokumentation "This is my moment" alt, da äußert Biniam Girmay seine Botschaft: "Dieser Film ist sehr wichtig für mich. Weil ich davon träume, eines Tages beim größten aller Rennen mitzufahren, der Tour de France."

Girmay ist der Protagonist des Films. Ein Teenager, der aus Asmara stammt, der 2300 Meter hoch gelegenen Hauptstadt Eritreas. Er möchte andere Jugendliche aus seinem Land inspirieren, denn Radprofis aus Afrika sind nach wie vor eine große Ausnahme. Girmay zieht nach Europa, wird Teil eines Profirennstalls, erste Erfolge stellen sich ein, Etappensiege bei größeren Rennen. Doch als er einmal nach einem Bergtraining ins Tal blickt, erzählt er, dass er Heimweh hat und wieder mit seinen Freunden trainieren will.

Girmay kann das Glück nicht mit seinen Liebsten teilen

Der Corona-Lockdown kappt die Verbindung nach Eritrea vollends, alle Flüge sind storniert. Und sein Team wird wegen finanzieller Schwierigkeiten aufgelöst. "Die Einsamkeit bringt mich um", sagt Girmay. Parallel bereitet seine Verlobte die Hochzeit in der Heimat vor, bringt ihr gemeinsames Mädchen zur Welt, das er kaum sieht. Girmays Geschichte ist so die eines Außenseiters, der in seiner Heimat gefeiert wird und in die Fremde nach Europa zieht, um sein Ziel zu erreichen. Der dort aber auch zu einem Verlorenen wird.

Sportlich erlebt Girmay, heute 24 Jahre alt, ein Happy End - und doch nicht. Denn den Zwiespalt, die Zerrissenheit, wird er nicht los. Für Themen wie die Dopingproblematik in Girmays Beruf oder das autoritäre Regime Eritreas, das auch den Radsport vereinnahmt, ist kein Platz. Dafür werden die persönlichen Schatten, die Girmay begleiten, umso sichtbarer: "Ich bin nicht glücklich", sagt er: "Weil mir die Menschen, mit denen ich mein Glück teilen möchte, fehlen."

THIS IS MY MOMENT (Belgien, Frankreich, Niederlande 2024, Regie: Lieven Corthouts, 104 Minuten) Sa., 4.5., 21 Uhr, Neues Rottmann; So. 5.5., 20 Uhr, HFF Kino 1; Mo. 6.5., 20.30 Uhr, City 2; Sa. 11.5., 20.30 Uhr, Rio 1; jeweils OmeU. Online abrufbar zwischen dem 6. und 20. Mai für 5 Euro unter https://www.dokfest-muenchen.de/films/this-is-my-moment

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