Probleme beim FC Arsenal:"Zum Teufel, gib endlich Geld aus!"

Lesezeit: 2 min

Der FC Bayern muss sich durch die Champions-League-Qualifikation quälen, genauso wie der FC Arsenal. Dort hat Teammanager Arsène Wenger eine ätzende Debatte am Hals: Die Fans werfen Wenger vor, dass er seinen Fundamentalismus übertreibt - und fordern, der Trainer müsse endlich in gestandene, zur Abwechslung auch im Spiel ohne Ball brauchbare Kicker investieren.

Raphael Honigstein, London

Der FC Arsenal wartete am Sonntagabend höflich bis zur Halbzeitpause des in Madrid gespielten spanischen Supercups, ehe der Wechsel von Cesc Fàbregas zurück zum FC Barcelona offiziell bestätigt wurde. Es war, als ob Arsenal zeigen wollte, was Anstand bedeutet, denn Barças schleppend langsames Verhandlungstempo und die voreiligen Jubelbekundungen der katalanischen Spieler via Twitter am Freitag waren in London auf Unverständnis gestoßen. "Wir verstehen Cescs Wunsch nach der Rückkehr in seine Heimatstadt und danken ihm für seinen Beitrag", verkündeten die Gunners knapp.

In Verkauflaune: Arsenal-Teammanager Wenger. (Foto: dpa)

Wichtiger als die Prise moralische Überlegenheit sind die gut 42 Millionen Euro, die Arsenal erhält. Fàbregas war 2003 als 16-Jähriger auf die Insel gekommen - zum Nulltarif. Dazu zeichnet sich ein zweites lukratives Geschäft ab: Frankreichs Nationalspieler Samir Nasri wird wohl für stolze 27 Millionen an Manchester City verkauft, obwohl sein Arsenal-Vertrag nur noch ein Jahr läuft.

Diese Zahlen stimmen aus Sicht des stets wert auf solide Haushaltsführung legenden Trainers Arsène Wenger, aber das Timing der Abgänge dieser Schlüsselspieler könnte kaum schlechter sein. Denn Arsenal muss sich nicht nur gegen den Eindruck von Auflösungserscheinungen wehren, sondern an diesem Dienstag auch in der Champions-League-Qualifikation gegen Udinese Calcio durchsetzen - ohne Kapitän Robin van Persie (Rotsperre), um dessen Zukunftsplanung sich ebenfalls erste Gerüchte ranken.

Es ist Wengers kompromisslose Haltung in der Personalplanung, die selbst die eigenen Fans mittlerweile vor den Kopf stößt. Alles schrie diesen Sommer nach Verstärkungen für die Abwehr.

Der Ästhet aus dem Elsass aber kaufte bisher Offensivmann Gervinho (13 Millionen Euro, Lille), einen 17-jährigen Flügelstürmer mit Drittliga-Erfahrung (Alex Oxlade-Chamberlain, 17 Millionen Euro, Southampton) und einen 19-jährigen Außenverteidiger (Carl Jenkinson, 1,2 Millionen Euro, Charlton Athletic). "Man soll Spieler nicht nur nach ihrem Preis beurteilen", warnt Wenger, seine Arsenal-Bilanz spräche diesbezüglich für sich.

In Nord-London wird trotzdem die Geduld knapp. "Spend some fucking money!" - gib zum Teufel mal ein bisschen Geld aus, skandierten die Arsenal-Fans am Samstagabend in Newcastle, wo die Londoner es in frustrierend-gewohnter Manier mal wieder nicht schafften, ihren gefälligen Kombinationsfußball in Zählbares zu verwandeln.

Fußball-Transfers in Europa
:Der Millionen-Sommer

Samuel Eto'o wird in Dagestan zum bestbezahlten Fußballer des Planeten, der FC Chelsea kauft den nächsten Weltmeister, Cesc Fàbregas darf endlich heimkehren nach Barcelona, Paris St. Germain zahlt 43 Millionen Euro für einen lauffaulen Spielmacher. Die wichtigsten Transfers des Sommers.

Mit Abstimmung

Wenger blieb nach dem 0:0 zum Saisonauftakt nichts anderes übrig, als aus dem Drama eine Komödie zu machen. In offensichtlich falschem Überschwang lobte der Franzose den gegnerischen Mittelfeld-Krawallo Joey Barton als "großartigen" und "mutigen" Spieler - jenen Barton ausgerechnet, der Arsenals Neuverpflichtung Gervinho nach dessen Faller im Newcastle-Strafraum am Kragen gepackt und solange beleidigt hatte, bis der Ivorer sich mit einer Ohrfeige revanchierte und die rote Karte sah.

Fußball-Transfers in Europa
:Der Millionen-Sommer

Samuel Eto'o wird in Dagestan zum bestbezahlten Fußballer des Planeten, der FC Chelsea kauft den nächsten Weltmeister, Cesc Fàbregas darf endlich heimkehren nach Barcelona, Paris St. Germain zahlt 43 Millionen Euro für einen lauffaulen Spielmacher. Die wichtigsten Transfers des Sommers.

Mit Abstimmung

Er könne "nicht ausschließen", dass sich seine Gunners vor Ablauf der Transferperiode noch um die Unterschrift des 28-Jährigen bemühen würden, sagte Wenger schmunzelnd: "Vielleicht ist er ja die Lösung unserer Probleme?"

Barton, der überzeugte Anti-Arsenalist und Berufsprovokateur, wäre wohl die falsche, immerhin aber eine originelle Antwort auf die sich seit sechs langen, titellosen Jahren wiederholenden Fragen: Wann fängt Wenger an, seinen fundamentalistischen Jugendstil zu modifizieren und in gestandene, zur Abwechslung auch im Spiel ohne Ball brauchbare Kicker zu investieren?

Gute Spieler helfen dir zu gewinnen, alles andere ist Gerede", hat Wenger vor Jahren gesagt, zu jener Zeit, als er noch ein unausstehlicher Verlierer war. Nun treibt die Fans die Sorge um, dass Wenger sich insgeheim mit Arsenals Status als ewige Perspektivmannschaft arrangiert hat. Dass er nur noch in Nebendisziplinen wie Schönheit, Jugendlichkeit und Wirtschaftlichkeit um imaginäre Trophäen kämpft.

Sollte man gegen die Italiener aus Udinese scheitern, dürfte Wengers eigensinnige Prioritätenliste noch stärker in die Kritik rücken. Der Mirror beschrieb ihn auf Grund seines eisernen Vertrauens in die latent anfällige Hintermannschaft zuletzt als "Kreuzung zwischen Titanic-Kapitän und Comical Ali".

Letzterer war Saddam Husseins entrückt optimistischer Informationsminister, der einst vor laufender Kamera die Präsenz amerikanischer Truppen in Abrede stellte - da rollten im Hintergrund schon die Panzer durchs Bild.

© SZ vom 16.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: