Probleme beim deutschen Meister BVB:Abhängig von Muskelfasern

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Ohne den lange verletzten Stürmer Lucas Barrios wirkte Borussia Dortmund zuletzt zu ungefährlich. Wer sich auf die Suche begibt, warum der BVB das Tor nicht trifft, gerät schnell tief in die Details der Personalplanung wie auch der Taktik - das Problem: Funktioniert Jürgen Klopps System mit einem Angreifer nicht, funktioniert die ganze Mannschaft nicht.

Klaus Hoeltzenbein

Sie hätten Miroslav Klose haben können im Sommer, und vermutlich stünden sie im Augenblick besser da, wenn sie ihn geholt hätten. Nicht etwa, weil Klose so mordsmäßig viele Tore schießt (in seiner Abschiedssaison vom FC Bayern traf er in der Bundesliga nur ein einziges Mal), sondern weil der Spielertypus Klose genau derjenige ist, der den Dortmundern zuletzt so sehr gefehlt hat. Aber was wäre, wenn sie ihn geholt hätten?

War lange verletzt und fehlte der Borussia: Lucas Barrios, der wichtige Mann im Dortmunder Sturmzentrum. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Dann hätten sie vermutlich fortan ein Problem, denn langsam kehrt der von einer gemeinen Muskelverletzung genesene Lucas Barrios zurück, von dem - wie auch von Klose - behauptet werden darf, dass er an besseren Tagen zu Weltklasse-Leistungen befähigt ist. Ein gesunder Klose nebst einem gesunden Barrios im Kader aber, so die Überlegung der Borussen in jener Zeit, in der Klose abgesagt wurde, das funktioniert nicht. Zwei solche, nicht ganz billige Strafraumstürmer könnten zu viel Reibung ins Sozialgefüge bringen.

Wer sich auf die Suche begibt, warum die Borussia das Tor nicht trifft, gerät schnell tief in die Details der Personalplanung wie auch der Taktik. Denn die Dortmunder sitzen derzeit streng genommen in der Falle ihres Klopp-Systems, dessen Ertrag in der Meistersaison zu Recht als Vorzeigefußball gefeiert wurde. Es baut auf nur eine Spitze sowie drei offensive Mittelfeldspieler, die drumherum für Verwirrung sorgen.

Zentraler Faktor aber ist der eine Angreifer, der die langen Bälle, die die Kollegen schlagen, annehmen, halten oder direkt verwerten kann. Das Problem: Funktioniert die Spitze nicht, funktioniert ganz Dortmund nicht, und da kein taugliches Alternativ-System einstudiert ist, erkennt die Borussia nun schmerzhaft, dass sie von der Muskulatur eines in Argentinien geborenen Paraguayers abhängt.

Theoretisch war natürlich auch eine Barrios-Verletzung einkalkuliert, aber in der Praxis ging die Überlegung nicht auf: Die Talente von Lewandowski (polnischer Nationalstürmer) wurden im Klub überschätzt, die von Zidan (ägyptischer Nationalstürmer) liegen nicht direkt im Strafraum, Zugang Perisic (kroatischer Nationalspieler) wird noch nicht alles zugetraut, und Mario Götze, schnell als deutsches Wunderkind gehandelt, stellte am Mittwoch in Marseille bestürzt fest, dass Toreschießen doch die viel größere Nervenprobe ist, als Tore vorzubereiten.

Wenn aus der Flut der Chancen aber nichts erwächst, gerät die Abwehr in Panik, nur ja keinen Fehler machen zu dürfen. Aus diesem Dilemma entwickelte sich dann schnell ein dramaturgischer Aberwitz: 11:4-Ecken, 53 Prozent Ballbesitz, 16:8 Torschüsse, ein Latten- und ein Pfostentreffer - bei 0:3 aber lacht nur der Gegner. Im Fußball, die bittere Erkenntnis sammelt der junge deutsche Meister, gibt es keine B-Note für den künstlerischen Eindruck. Der Ball muss ins Tor. Landet er dort nicht, wird Fußball zum Beschäftigungsprogamm für Statistiker.

© SZ vom 30.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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