Premier League:Klopp versus van Gaal: Geschrumpfte Titanen

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Schon einmal hat Jürgen Klopp (l.) seinem Gegenüber Louis van Gaal eine empfindliche Niederlage zugefügt. Nun treffen sich die beiden wieder. (Foto: reuters, ap)

Noch sind der FC Liverpool und Manchester United die ehrwürdigsten Klubs der Insel. Doch wie lange hält der Ruhm, wenn keine Trophäen hinzukommen? Am Sonntag kommt es zum Clash in Liverpool.

Von Sven Haist, London

Es war nur eine Randnotiz in Manchester, als Chris Smalling in dieser Woche über ein soziales Netzwerk seine Vorfreude auf den Western-Thriller "The Revenant" verbreitete. Die Fans von Manchester United trauten ihrem kulturell interessierten Innenverteidiger natürlich zu, dass er wusste, dass der Film mit Hauptdarsteller Leonardo di Caprio am Donnerstag in den englischen Kinos Premiere feierte, nachdem er zwölf Oscar-Nominierungen gesammelt hatte. Ungewöhnlich war dagegen, dass sich etliche Teamkollegen wie in einer Polonaise an die Botschaft Smallings anhängten. Morgan Schneiderlin, Matteo Darmian oder Ashley Young waren bislang nicht als Kenner des Filmgenres aufgefallen.

In ManUniteds Fanszene breitete sich deshalb schnell Verwunderung aus. Sie setzte eine Eigendynamik in Gang, die den englischen Rekordmeister dazu nötigte, eine Partnerschaft zu bestätigen, die die Red Devils offensichtlich lieber im Unsichtbaren gelassen hätten. Die weltweite Strahlkraft von Manchester United sollte in der Vereinbarung mit dem Hollywood-Studio 20th Century Fox mithelfen, Menschen zum Kauf einer Kinokarte zu bewegen. Die Kooperation mit dem legendären Studio verdeutlicht den Stellenwert, den die Marke Manchester United genießt. Aus den epochalen Erfolgen unter Trainerlegende Sir Alex Ferguson schöpft der Klub noch immer seine Attraktivität. Doch wie lange hält der Ruhm der Geschichte an, wenn in der Gegenwart keine Trophäen, sondern Pannen produziert werden?

"Battle of the Titans"? Das ist schon eine Weile her

Seit zweieinhalb Jahren hat sich Manchester United, angeführt von einer missglückten Transferpolitik, sukzessive von der Premier-League-Spitze entfernt. Der Klub ist sogar so weit abgerutscht, dass nach mehr als einer Dekade das Duell mit dem FC Liverpool am Sonntag in Anfield erstmals wieder außerhalb der ersten vier Plätze stattfindet. Beide Vereine schleppen schwer an der Last der insgesamt 86 gewonnenen Titel in der Vergangenheit. Diese Zahl erinnert einen daran, warum diese Begegnung auf der Insel mal "battle of the titans" getauft wurde. Die Schlacht der Titanen zieht weiterhin die Menschen von Australien bis Amerika vor den Fernseher, aber die Bühne für die Besten der Premier League ist das rot-rote-Nachbarschaftsduell nicht mehr.

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Die Region im Nordwesten Englands beheimatete in seiner Blütezeit einige der besten Fußballspieler der Weltkarte. Jede Stadt hat einst ihre Profis selbst groß gezogen und ihnen die Rivalität mit dem etwa 50 Kilometer entfernt liegenden Konkurrenten eingepflanzt. Vor dem 194. Aufeinandertreffen sind auf den ersten Blick nun keine Mancunians und Liverpudlians in den Startformationen zu erkennen. Die jeweiligen Klub-Ikonen Paul Scholes und Steven Gerrard sind abgetreten, und damit auch ein Stück des eigenen Selbstverständnisses. Eine nachfolgende Generation steht nicht bereit, weil beide Klubs sich in jeglichen Bereichen mehr global als regional orientieren. In den Vorbereitungsphasen ziehen die Branchengrößen für Testspiele auf anderen Kontinenten die Massen an. Allerdings mit ihrem Ruf - nicht mehr mit ihren Spielern.

Liverpool gegen Manchester war ein Superlativ, jetzt flirtet das Spiel mit dem Gewöhnlichen. Es bedarf schon künstlicher Überhöhungen, um das alte Spannungsfeld wieder herzustellen. Die Times schrieb, dass "van Gaal vor der wichtigsten Begegnung seiner Man-United-Karriere" stehe. Die Koketterie des Niederländers mit einer möglichen Entlassung im Fall einer Niederlage lässt sich da vorzüglich um einen Handlungsstrang erweitern. Schließlich verpasste Liverpools Trainer Jürgen Klopp im Februar 2011 in Diensten von Borussia Dortmund dem Kontrahenten van Gaal schon mal einen entscheidenden Schlag. Das 3:1 beim FC Bayern war der erste Erfolg des BVB in München nach 20 Jahren. Der deutsche Rekordmeister kündigte daraufhin neun Tage später ein Ende der Zusammenarbeit mit van Gaal nach Ablauf der Saison an, nur, um ihn dann doch schon im April zu entlassen.

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Aus der damaligen Zeit hat es bloß Bastian Schweinsteiger in die Zukunft van Gaals geschafft. Dass die Geschichte sich wiederholt, wird der deutsche Profi nicht aktiv verhindern können: Der Mittelfeldspieler laboriert an einer Knieverletzung.

Analog zum Aufenthalt in München ist van Gaal gerade dabei, öffentlich jegliche Hemmschwellen abzulegen. Nach dem Ende der Pressekonferenz vor wenigen Tagen bezeichnete er einen Journalisten des Massenblatts Sun als "fetten Mann". Die Antwort folgte in der nächsten Ausgabe der Zeitung: Der Redakteur bot eine Wette an, bis zum letzten Spieltag mehr Gewicht zu verlieren als van Gaal mit ManU Punkte holen werde. Dieses Krähen eitler Männer fand vermutlich auch deshalb so großen Widerhall, weil der wahre Hahnenkampf - Liverpool gegen Manchester - nicht mehr das ist, was er einmal war.

© SZ vom 17.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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