Worauf es Pierre-Emerick Aubameyang bei seinem Einstand im Trikot des FC Arsenal abgesehen hatte, ließ sich für jeden der 59 306 Zuschauer im Stadion bereits an seinen ersten Bewegungen im Spiel entnehmen. Der teuerste Neuzugang in der 131-jährigen Geschichte der Gunners machte sich gar nicht erst die Mühe, seinen Platz in der Mitte des Angriffs auch nur für eine Aktion vorübergehend zu verlassen. Wie eine Katze schlich sich Aubameyang an der Grenze zum Abseits unentwegt um seinen direkten Gegenspieler Ashley Williams herum, in der Hoffnung, die Teamkollegen würden ihm irgendwann schon mal den Ball so in den Fuß spielen, dass ihm direkt bei seinem ersten Auftritt in der Premier League ein Tor gelingt. Genau so kam es dann tatsächlich nach 36 Minuten und 28 Sekunden.
An der Strafraumgrenze setzte der im Spielertausch für Alexis Sanchez von Manchester United gekommene Henrikh Mkhitaryan mit einem feingeistigen Steckpass Aubameyang ein. Mit einem kurzen Sprint erlief sich der Torjäger den Ball, um ihn mit dem linken Fuß kunstfertig am gegnerischen Torwart vorbei ins Netz zu lupfen. Die Entstehung des Treffers erinnerte natürlich an Arsenals legendären Angreifer Thierry Henry, der in 377 Spielen für die Gunners 228 Tore erzielte. Den meisten davon ging ein ähnlich unwiderstehlicher Antritt voraus wie jetzt bei Aubameyang, 28, der mit 1,87 Metern nur einen Zentimeter weniger misst als Henry.
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Aubameyangs Treffer zum 4:0, der wegen einer minimalen Abseitsstellung eigentlich nicht hätte zählen dürfen, war der Schlusspunkt einer für Arsenal rauschhaften ersten Halbzeit. Passenderweise leitete die der gabunische Nationalspieler selbst ein. Mit dem ersten kontrollierten Ballkontakt als Spieler des FC Arsenal hatte er in Tornähe einen Spielzug nach 346 Spielsekunden entscheidend beschleunigt. Von der Kombination profitierte Aaron Ramsey, der letztlich seinen ersten von drei Treffern zur Führung der Gunners erzielte (6./19./74). Das Gesprächsthema blieb trotzdem Aubameyang, den die Anhänger wild bejubelten: Die Produktionsfirma der Premier League stellte für das TV-Bild, das um die Welt geht, gar einen eigenen Kameramann für ihn ab. Der begleitete ihn nach dem ersten Durchgang und nach Schlusspfiff vom Spielfeld in den Kabinentrakt.
Statt den entrückten Fans gleich mal einen seiner berüchtigten Salti zu präsentieren, hielt sich Aubameyang beim Jubel zurück. Artig deutete er mit dem Zeigefinger auf Vorlagengeber Mkhitaryan, der drei von fünf Treffern auflegte. Das erstaunlich gute Verständnis der beiden auf dem Platz nach nicht mal einer Handvoll Trainingseinheiten liegt wohl daran, dass sie einst für Borussia Dortmund in der Offensive zusammen spielten. Der Verein hofft, dass sich Aubameyang und Mkhitaryan zu einem kongenialen Duo entwickeln. Sogar zum Interview beim übertragenden Sender BT Sport erschienen sie gemeinsam. "Natürlich bin ich glücklich über meinen ersten Treffer für Arsenal. Noch mehr freut mich aber, dass wir gewonnen haben", sagte Aubameyang.
Beim 5:1 über den FC Everton präsentierte Arsenal einen traumwandlerisch schönen Angriffsfußball, bei dem es wirkte, als hätte der Gegner das Verteidigen vergessen. Am nasskalten Samstagabend stand Evertons Trainer Sam Allardyce mit seiner Regenkapuze auf dem Kopf wie ein begossener Pudel da. Das Ergebnis machte den 1,91 Meter großen "Big Sam", der in der Regel eher zu viel als zu wenig Selbstvertrauen demonstriert, ein paar Köpfe kleiner. Bereits nach kurzer Zeit verließ Allardyce nämlich die Seitenlinie und setzte sich auf die Bank. Immerhin tut Everton die Niederlage nicht allzu weh. Die Mannschaft befindet sich im gesicherten Tabellen-Mittelfeld der Premier League.
Im Bewusstsein nach der indiskutablen Niederlage gegen Swansea City vor ein paar Tagen bei den Fans dringend Wiedergutmachung betreiben zu müssen, setzte Arsenals Cheftrainer Arsène Wenger voll auf die Fähigkeiten Auabmeyangs. Da spielte es keine Rolle, dass der sich wegen einer Grippe vom Abschlusstraining abmeldete und die Nominierung kurzzeitig auf der Kippe stand. Flankiert durch die beiden Außenangreifer Alex Iwobi (rechts) und Mkhitaryan (links), agierte Aubameyang von Beginn an auf seiner Lieblingsposition als alleiniger Fixpunkt des Angriffs. Hinter ihm reihte sich Spielmacher Mesut Özil ein. Allerdings bloß auf dem Platz, nicht in der Hierarchie.
Durch das Medienecho, das der knapp 64 Millionen Euro teure Wechsel Aubameyangs von Borussia Dortmund nach London hervorrief, verringerte sich die Resonanz auf die einen Tag später bekannt gegebene Vertragsverlängerung von Özil. Dessen monatelanger Poker um einen Verbleib zahlte sich buchstäblich für ihn aus: Bei einem Kontrakt bis Juni 2021 erhält Özil wöchentlich nun etwa 400 000 Euro, was den Offensivvirtuosen zum bestverdienenden Profi der Gunners macht.
Warum Arsenal den Deal bewilligte, zeigte Özil einmal mehr, indem er jede Bewegung der Offensive dirigierte. Beinahe hätte er auf diese Weise einen zweiten Treffer von Aubameyang ermöglicht. An der Mittellinie startend fehlte ihm letztlich jedoch die Kraft beim Torabschluss. "Er ist noch nicht komplett fit", sagte Wenger über Aubameyang, dennoch sei die Qualität seiner Aktionen vielversprechend für die Zukunft. Weniger vielversprechend bleibt die Ausgangslage der Gunners in der Liga. Trotz des Kantersiegs fehlt Arsenal die Bindung zu den ersten vier Rängen, die jeweils zur Teilnahme an der Champions League in der nächsten Saison berechtigen.