Olympia:"Wir werden das umdrehen"

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Abgetaucht: Alexandra Wenk blieb weit unter ihrer Bestzeit. (Foto: Getty Images)

Die deutschen Schwimmer erleben einen schlimmen ersten Olympia-Tag. Bundestrainer Lambertz reagiert trotzig auf die vielen Fehler.

Von Saskia Aleythe, Rio de Janeiro

Im olympischen Dorf können sich die Wege schon mal verlaufen. 27 Beckenschwimmer wohnen in Barra, einen vermisste Henning Lambertz kürzlich. Sollte der Chef-Bundestrainer nicht in der Lage sein, seine Truppe beisammen zu halten? Lambertz erklärte gerne und gerne ausführlich: "Wenn wir sagen, wir treffen uns und dann kommt derjenige nicht und dann ruft man ihn an und dann kommt keine Antwort und dann geht man in sein Zimmer und da ist er nicht und dann geht man zur Mensa und dann kommt er auch nicht, dann ist das Dorf zu groß, um zu sagen: Wir suchen weiter."

Der Verschollene heißt Johannes Hintze, er ist 17 Jahre alt und gilt als enormes Talent. Bei seinen ersten Olympischen Spielen blieb er fast vier Sekunden über seiner Bestzeit. Beschützende Worte vom Bundestrainer für den Frischling gab es nicht, 17 Jahre hin oder her. "Das war fast absehbar", sagte Lambertz deutlich. Es sei allen schwer gefallen, den jungen Schwimmer ins Team zu integrieren. Hintze sei als Sportler nicht selbständig genug, "er war immer ein bisschen auf der Hast und hatte Angst, etwas zu verpassen. Er war sehr fahrig und hektisch". Vier Trainer darf der Deutsche Schwimmverband (DSV) für die Begleitung der 27 Schwimmer in Rio einsetzen, "da ist es schwierig, die Leute individuell zu packen".

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Es gibt gute Zeiten für Kritik, es gibt schlechte. Lambertz wollte seine Aussagen als Erklärungsversuche verstanden wissen. Nein, das seien jetzt keine Vorwürfe und kein Rumhacken. Sowas wäre ja auch saublöd gleich zu Beginn der Olympischen Spiele. "Dieses Team ist gut drauf, dieses Team hat Stärke", hatte er sein Fazit zum ersten Vorlauf-Nachmittag in Rio eingeleitet, an dem es von sieben deutschen Schwimmern nur einer in den nächsten Lauf geschafft hatte. "Wir sollten jetzt nicht am ersten Tag über ein desolates Team sprechen".

Viel lieber wollte er über ebenjene "individuelle Fehler" reden, die er von sich aus nur andeutete, aber nicht ohne die Einladung auszusprechen: "Da gebe ich gerne jederzeit Antwort."

Angesprochen auf Alexandra Wenk, die eine kleine Welt über ihrer Bestzeit über 100 Meter Schmetterling blieb, wurde Lambertz ebenfalls konkret. "Da gibt es Verbesserungsmöglichkeiten im Tagesablauf", sagte er und meinte: Wenk macht zu lange Mittagsschlaf. Lambertz und der DSV hatten einen fast schon wissenschaftlichen Plan ausgetüftelt, um sich auf die ungewohnt späten Finals vorzubereiten. "Wir haben das in den letzten zweieinhalb Wochen geübt, aber die Hausaufgabe war auch, das zu Hause zu üben", sagte Lambertz, "das haben viele gemacht, aber leider nicht alle".

Wie lange sie tatsächlich Mittagsschlaf macht und das Spätschwimmen übte, konnte man Wenk nicht entlocken, sie lief nach ihrem Rennen wortlos aus dem Stadion.

Es war ein bemerkenswerter Auftritt mit dieser Kritik, die ja gar keine darstellen sollte, sondern nur einen Erklärungsversuch. Als Bundestrainer hat Lambertz viele konkrete Vorstellungen, wie seine Schwimmer trainieren sollten - kontrollieren kann er es kaum. Die Heimtrainer verfolgen teils andere Ansichten über Umfänge, Höhentrainingslager und Nachtschwimmen. "In meiner Position kann ich viele Empfehlungen geben und ganz wenige Vorgaben", sagt Lambertz. Wenn ein Athlet schlecht abschneidet, hat Lambertz die besseren Argumente auf seiner Seite. Was nicht zwingend bedeutet, dass diese die Enttäuschungen erklären können.

"Ein halber Tag ist vorbei von acht", sagte Lambertz noch, "ich bleibe dabei, dass wir das morgen umdrehen werden." Mut machen, Optimismus ausstrahlen, das tat er schon. Und doch blieb das Gefühl, dass die Nacht nach den ersten Wettkämpfen für die deutschen Schwimmer nicht gerade eine harmonische war.

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