Olympia:«Sbornaja»-Debakel schockt Russland - Kanada mit Mühe

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Sotschi (dpa) - Der historische Absturz der Eishockey-"Sbornaja" versetzte Olympia-Gastgeber Russland in eine Schockstarre.

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Sotschi (dpa) - Der historische Absturz der Eishockey-„Sbornaja“ versetzte Olympia-Gastgeber Russland in eine Schockstarre.

Unter Pfiffen und Buhrufen der entsetzten Fans flüchteten die Kufen-Superstars um Alexander Owetschkin nach dem 1:3-Viertelfinaldebakel gegen die Finnen aus dem „Bolschoi“-Dom - das wichtigste Gold bei den Heim-Winterspielen war weg. „Ich kann mich nur entschuldigen“, sagte Coach Sinetula Biljaletdinow am Mittwoch nach dem harten Stimmungsdämpfer vor dem Olympia-Endspurt. Der Gold-Auftrag von Wladimir Putin wurde nicht erfüllt. „Das ist Mist“, schimpfte Owetschkin, eine der ganz großen Enttäuschungen des Turniers. „Meine Gefühle? Ich fühle nichts.“

Mit hängendem Kopf lief der Superstürmer zur Bank, nachdem die Schlusssirene den Eishockey-Albtraum besiegelt hatte. Sein Team fand gegen clevere Finnen kein Mittel, der umjubelte Führungstreffer durch Ilja Kowaltschuk (8. Minute) war zu wenig. Juhamatti Aaltonen (10.), Teemu Selänne (18.) und Mikael Granlund (26.) drehten das Match für das Suomi-Team, das im Halbfinale nun auf den zweimaligen Olympiasieger Schweden trifft. Das zweite Match der Vorschlussrunde bestreiten in der Neuauflage des Vancouver-Finals Kanada und die USA.

Dann werden die vermeintlichen russischen Puck-Heroen schon nicht mehr am Schwarzen Meer sein, ihre Heimflüge sind bereits gebucht. „Sie reisen alle ab“, kündigte Trainer Biljaletdinow an, „und auch ich mache mich lieber aus dem Staub“. Medien fordern schon den Rauswurf des Coaches. „Ich möchte weiterarbeiten. Aber das entscheide nicht ich, das entscheidet die Führung“, räumte er konsterniert ein. „Ich habe persönlich Fehler gemacht.“

Die Nation war fassungslos. Kremlchef Putin hatte Eishockey-Gold als höchstes Ziel ausgegeben, nun könnte die Olympia-Stimmung in den verbleibenden Tagen in den Keller rutschen. Kapitän Pawel Dazjuk gestand: „Der psychologische Druck war sehr groß. Als Mannschaft waren die Finnen besser.“ Torhüter Sergej Bobrowski, der erst beim Stand von 1:3 ins Spiel kam, fühlte „nur noch Leere“.

Für die Russen, die in ihrer Historie erst zum zweiten Mal eine olympische Medaille oder ein olympisches Halbfinale verpassten, bleiben die Nordeuropäer der Angstgegner. Schon bei der Heim-WM 2007 schockten die Finnen die Gastgeber mit einem 2:1-Sieg nach Verlängerung im Halbfinale, ein Jahr zuvor waren die Russen bei den Winterspielen von Turin ebenfalls im Halbfinale 0:4 unterlegen. Nun setzte sich die schwarze Serie ausgerechnet bei Olympia fort.

„Do swidanja (Auf Wiedersehen) in Pyeongchang 2018“, schrieb „Sport Express“. „Sowjetski Sport“ forderte umgehend: „Nach diesem Fiasko muss sich viel im russischen Eishockey ändern - nicht nur der Trainer der Sbornaja.“

Die Auswahl der Gastgeber hat es im gesamten Turnier verpasst, ihre Offensivqualitäten umzusetzen. Zwölf Tore in fünf Spielen war von Stars wie Owetschkin, Dazjuk oder Jewgeni Malkin nicht medaillenwürdig. „Ich kann mir nicht erklären, warum solche Spieler nicht öfter getroffen haben“, schimpfte Biljaletdinow, „vor allem Owetschkin, der in der Saison 40 Tore schon gemacht hat.“ Vor den Augen von Trainer-Legende Wiktor Tichonow, der die „Sbornaja“ in den 80er Jahren zu drei Goldmedaillen geführt hatte, fiel den Hausherren einfach nichts ein.

Während Owetschkin und Co. ihr Heimturnier von nun an als Zuschauer verfolgen müssen, spielen die Finnen gegen Schweden um den Einzug ins Finale. „Niemand hat an uns geglaubt“, sagte Finnlands Kapitän Selänne sichtlich stolz. „Wir glauben an dieses Team.“

Die Schweden setzten sich 5:0 (1:0, 0:0, 4:0) gegen Slowenien durch, mussten sich dabei aber lange heftig abrackern. Alexander Steen (19.), Daniel Sedin (42.), Loui Eriksson (49.) und zweimal Carl Hagelin (52./57.) erzielten die Tore. Wesentlich souveräner war der 5:2 (3:1, 1:0, 1:1)-Erfolg der US-Amerikaner gegen die Tschechen.

Nahezu verzweifeln mussten die Kanadier gegen den überragenden lettischen Schlussmann Kristers Gudlevskis, der dem Underdog bis kurz vor Schluss das 1:1 festhielt. Erst gegen den insgesamt 54. Torschuss der Kanadier durch Verteidiger Shea Weber war er machtlos. Der Favorit setzte sich am Ende 2:1 (1:1, 0:0, 1:0) durch.

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