Olympia:Pechstein schraubt Medaillenziel zurück

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Sotschi (dpa) - Claudia Pechstein tat erst so, als sei nichts passiert. Nach dem schlechtesten Olympia-Rennen ihre Karriere scherzte sie noch mit ihrem Lebenspartner.

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Sotschi (dpa) - Claudia Pechstein tat erst so, als sei nichts passiert. Nach dem schlechtesten Olympia-Rennen ihre Karriere scherzte sie noch mit ihrem Lebenspartner.

Nun verabschiedete sich die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin jedoch überraschend von ihrem ursprünglichen Medaillenziel bei den Sotschi-Spielen. „Ich komme auf dem Eis hier bislang nicht klar: Es wäre vermessen, vor den 5000 Metern von einer Medaille zu sprechen“, erklärte die Berlinerin auf ihrer Homepage. „Ich gehe jetzt über die 5000 Meter ohne allzu großen Erwartungsdruck an den Start.“ Keine Kampfansage mehr, keine Schuldzuweisungen, nur der nüchterne Erklärungsversuch, warum sie sich auf einmal auch über ihre Lieblingsstrecke weniger ausrechnet.

„Vor dem Beginn der Spiele war ich davon überzeugt, über 5000 Meter eine Medaille holen zu können. Aber dieses Eis hier hat alles verändert“, kündigte Pechstein vor dem Rennen am Mittwoch an. „Für manche mag es wie die Suche nach einer Ausrede klingen, aber es ist lediglich eine Tatsachenbeschreibung.“ Auch ihr Lebenspartner Matthias Große versuchte, bereits vor dem Rennen vorzubeugen: Sie wird sich zerreißen und so teuer wie möglich verkaufen.

Mit der zehnten Medaille bei ihren sechsten Spielen wollte Pechstein Olympia-Geschichte schreiben und es allen zeigen. Platz 19 über die von ihr ungeliebten 1500 Meter, aber vor allem der erneute Vierfach-Erfolg der Niederländerinnen scheinen einiges relativiert zu haben. 16 von 24 Medaillen haben die Kufenflitzer vom Team Oranje bisher in acht Rennen eingesammelt. „Solch eine Dominanz hat es noch nie gegeben. Sie sind die einzige Nation, die mit den wechselhaften Bedingungen von hartem Trainings-Eis am Vormittag zu weichem Wettkampf-Eis am Nachmittag problemlos zurechtkommt“, erklärte Pechstein und sprach von „holländischen Landesmeisterschaften auf olympischem Eis“.

Die 41-Jährige räumte ein, auf dem weichen Eis trotz ihres vor Saisonbeginn optimierten Kufenmaterials nicht den Schritt zu finden. „Und ohne den richtigen Rhythmus ist es nicht möglich, einen optimalen Lauf hinzulegen. Umso länger die Spiele dauern und je mehr Eindrücke ich gewinnen kann, desto wertvoller wird für mich meine Auftaktleistung mit Platz vier über die 3000 Meter“, betonte die Rekord-Olympionikin. Auf dem weichen Eis in Sotschi sind mehr kürzere Schritte nötig, um auf Tempo zu kommen. Pechstein hat aber jahrelang einen anderen, den langen Gleitschritt, trainiert - und nun Probleme.

Das deprimierende 1500-Meter-Rennen am Sonntag hat ihr zumindest weitere Erkenntnisse gebracht. „Ich hatte ein Fragezeichen auf der Stirn, weil ich meine zuvor im Training gezeigten Leistungen nicht abrufen konnte“, sagte Pechstein und konstatierte: „Das ist nicht mein Eis, das ist holländisches Eis.“ Volle Zuschauerränge und zusätzliche Strahler für TV-Übertragungen sorgen in der Adler-Arena für eine höhere Luftfeuchtigkeit, die das Eis am Nachmittag stumpfer werden lässt.

Pechstein hat auf ihrer Schokoladenstrecke über 5000 Meter bei ihren fünf bisherigen Olympia-Starts fünfmal eine Medaille gewonnen. Bronze zum Auftakt mit 19 Jahren 1992 in Albertville, danach dreimal Gold - 1994 in Hamar, 1998 in Nagano und 2002 in Salt Lake City - und schließlich Silber 2006 in Turin. Im Wettstreit auf „ihrer“ Strecke sind neben Vancouver-Siegerin Martina Sablikova aus Tschechien und der Russin Olga Graf wieder die Oranjes ihre härtesten Rivalinnen. Iren Wüst geht nach zwei Niederlangen im Kampf um Gold über 1000 und 1500 Meter mit Wut ins Rennen, Yvonne Nauta bewies bei der EM ihre Klasse, und die 35 Jahre alte Mutter Carien Kleibeuker möchte es als Marathonläuferin den Spezialisten zeigen. Pechstein muss zudem erst in einem der letzten beiden Paare aufs Eis gehen.

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