Nick Kyrgios:Tennis-Rüpel auf der Couch

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Will entspannter auf dem Platz werden: Nick Kyrgios (Foto: AFP)

Nick Kyrgios ist unverschämt talentiert, aber er ist auch unverschämt zu seinen Gegnern. Nach einer Strafsitzung beim Therapeuten will er sich ändern.

Von Matthias Schmid

Möglicherweise haben Nick Kyrgios die Tage zuletzt in Indien geholfen, um die Reise zu sich selbst fortzusetzen. Ruhe und Gelassenheit zu finden. In Hyderabad besuchte der australische Tennisspieler unter anderem den 56 Meter hohen Triumphbogen Carminar und spielte nebenbei etwas Tennis, in der International Premier Tennis League (IPTL). Erfolgreich dazu, er gewann mit den Singapore Slammers das Endspiel gegen die Indian Aces. Der 21-Jährige kam im Männerdoppel zum Einsatz.

Es war seine erste Partie seit dem denkwürdigen Einzel im Oktober beim ATP-Masters-Turnier in Shanghai, in dem er für einen Eklat sorgte. Bei der Niederlage gegen Mischa Zverev spielte er einen Aufschlag einmal mit so wenig Geschwindigkeit ins Feld, als würde er dem Deutschen wie im Training den Ball zuwerfen. Doch damit nicht genug: Bevor Zverev den Ball zurückschlagen konnte, drehte sich Kyrgios demonstrativ ab - und schlenderte teilnahmslos zur Bank.

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:Kyrgios für zwei Monate gesperrt - weil er keine Lust hatte

Nach einer "abgeschenkten" Partie ist die Saison für den Tennis-Flegel beendet. Der Australier soll sich bei einem Sport-Psychologen Hilfe holen.

Die Spielerorganisation ATP sperrte ihn daraufhin wegen Lustlosigkeit für drei Wochen - mit der Auflage, einen Sportpsychologen zu konsultieren. Die Saison für den "Tennis-Rüpel", wie ihn die Medien weltweit getauft haben, war daraufhin beendet. Es war lange unklar, ob er sich tatsächlich psychologischen Beistand suchen würde. Es kursierten die wildesten Gerüchte. Er selbst schwieg lange und schwankte dann zwischen "mache ich nicht" und "Ich werde die freie Zeit nutzen, um auf und abseits des Platzes an mir zu arbeiten."

Wie es aussieht, hat er sich für die zweite Variante entschieden. Gegenüber Fox Sports Australia hat Kyrgios nun bestätigt, einen Psychologen aufgesucht zu haben. "Ich habe das gemacht - und es hat mir gutgetan", sagte Kyrgios. Einzelheiten behielt er aber für sich, man wird also nie erfahren, ob er sich auf die Couch legte oder doch nur locker im Sessel saß, um mit dem Therapeuten über sein auffälliges Verhalten auf dem Tennisplatz zu plaudern.

Kyrgios ist ein Spieler mit unverschämt viel Talent, aber er ist mitunter auch ziemlich unverschämt zu seinen Kontrahenten. Einmal beleidigte er Stan Wawrinka während einer Partie auf unflätigste Weise. Bei anderen Gelegenheiten rastete er völlig aus und zertrümmerte seinen Schläger in Kleinteile.

Das Anarchische in seinem Spiel, das Rebellische wolle er sich aber bewahren, versicherte Kyrgios nun in dem Interview. Es gehört zu seinem kreativen Spiel, das ihm in diesem Jahr zu drei Turniersiegen und Rang 13 im Ranking verholfen hat. Aber die vielen Vorfälle hätten ihn doch einiges gelehrt, gestand Kyrgios. Er werde nun versuchen, die Dinge entspannter zu betrachten und mehr Zeit mit seinen Liebsten zu verbringen. "Ich habe die Sperre genutzt, um über alles nachzudenken und zu analysieren, worin ich besser werden muss."

Helfen soll ihm dabei auch ein neuer Trainer. Ob es sein Landsmann Mark Philippoussis wird, der sich selbst als Mentor ins Gespräch gebracht hat, wollte Kyrgios aber nicht bestätigen. "Mark ist ein super Typ, er war immer für mich da - vielleicht klappt es", sagte er lediglich. Die beiden begegneten sich zuletzt in Hyderabad, wo Philippoussis ebenfalls mitspielte. Er war einer der letzten in der Tennisszene, der noch Verständnis für Kyrgios' Ausraster aufbrachte.

Es sei wichtig, merkte Philippoussis an, "dass Nick ein gutes Team um sich hat und niemanden, der ihm sagt: 'Nein, nein, nein.'" Verbote würden genau das Gegenteil bewirken, ein rebellisches Verhalten fördern, welches Philippoussis in jungen Jahren ebenso ausgelebt habe: "Ich war als Teenager und mit Anfang 20 genauso. Wenn mich jemand attackierte, habe ich es persönlich genommen", sagte der ehemalige Top-Ten-Spieler der Australian Associated Press. Anfang Januar werden sie jedenfalls schon mal gemeinsam auf dem Platz stehen, in Adelaide, bei einer dreitägigen Showveranstaltung.

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