Tennis:Die Strafe gegen Nick Kyrgios ist richtig

Tennis Japan Open

Einmal zu oft daneben benommen: der Australier Nick Kyrgios.

(Foto: dpa)

Die Tennis-Tour braucht frische Typen wie den Australier, um die Jugend anzusprechen. Doch Kyrgios benötigt ebenso dringend Hilfe.

Kommentar von Gerald Kleffmann

Nun hat es Nick Kyrgios doch erwischt. Die ATP, die Organisation der Tennis-Männertour, bestrafte den Australier, weil der lustlos und pöbelnd sein Zweitrundenmatch in Shanghai gegen den Deutschen Mischa Zverev abgeschenkt hatte. Der 21-Jährige, seit Jahren der Bad Boy, wird acht Wochen gesperrt. Sucht er einen Sportpsychologen auf, wird er mit drei Wochen davonkommen. Dazu muss er 25 000 Dollar zahlen. In Shanghai waren nach einer Ad-hoc-Entscheidung bereits 16 500 Euro fällig. 20 000 Euro wären ihm demnach als Preisgeld trotz des rotzigen Auftritts geblieben.

Diesen Widerspruch kassierte die ATP nun, die einen Weg fand, den nicht jede Sportgerichtsbarkeit findet: eine Sanktion zu verhängen, die Grenzen setzt und doch Auswege bietet. Die nicht zwanghaft autoritär ist, publikumswirksam nach Aufmerksamkeit hascht und doch den Täter in die Pflicht nimmt.

Der Fall Kyrgios ist so komplex, weil dieses Unikat an sich ein Segen ist. Die Tour braucht Typen wie ihn, die die Jugend ansprechen. Die cool sind, die mit Kopfhörern auflaufen, ein Tennis zeigen, das oft genug spektakulär ist. Oft genug zeigt der unfassbar talentierte Kyrgios aber auch, was er vom Establishment hält. Dann sieht das aus wie in Shanghai.

Die ATP weist Kyrgios den Weg

Kyrgios schritt einmal nach dem Aufschlag zur Bank, ehe Zverev den Return geschlagen hatte. Er maulte den Schiedsrichter an, früh "time" zu sagen bei der Seitenwechselpause, damit er heim könne. "Ich schulde den Zuschauern nichts", sagte er. Reporter bekamen zu hören: "Ich habe euch nicht eingeladen."

Kyrgios hat die Strafen der ATP sofort kommentiert. Auch wenn die Zeilen sicher von anderen für ihn verfasst wurden, waren sie die richtigen. Er entschuldigte sich. Er wolle die Auszeit nutzen, um an sich zu arbeiten. Er gab zu, die vergangenen zwei Wochen hätten ihn überfordert. Vor Shanghai hatte Kyrgios die Japan Open gewonnen, wie ein Musterprofi hatte er in Tokio triumphiert. Andy Murray, dominierender Akteur zurzeit und Mentor von Kyrgios, hatte recht, als er sagte, Kyrgios brauche Schutz in Form einer besseren Beratung. Die ATP hat ihm mit angemessenem Druck eine Tür aufgemacht, um diese zu finden. Durchgehen muss Kyrgios, oft protegiert, aber alleine.

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