NBA-Finale: Celtics gegen Lakers:Das Duell der Duelle

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Zum zwölften Mal treffen die Los Angeles Lakers und die Boston Celtics in einem NBA-Finale aufeinander. Die bisherigen Duelle taugten zur Legendenbildung, so soll es auch in diesem Jahr sein.

Jürgen Schmieder

In diesem Moment konnte selbst der Schiedsrichter nicht mehr objektiv bleiben. "You've got balls, man, taking that shot", raunte Earl Storm dem Basketballer Larry Bird zu und manifestierte lange vor Oliver Kahn, welches Körperteil von Bedeutung ist, wenn es darum geht, in entscheidenden Situationen eine grandiose Leistung darzubieten. Es war am 9. Juni 1987, als Larry Bird von den Boston Celtics zwölf Sekunden vor dem Ende den Ball aus schier unmöglichem Winkel in Richtung Korb schleuderte und seine Mannschaft mit 106:104 in Führung brachte. Die Celtics verloren dieses vierte Spiel der Finalserie dennoch, weil Earvin "Magic" Johnson von den Los Angeles Lakers zwei Sekunden vor Schluss einen nicht minder spektakulären Hakenwurf zum 107:106 im Korb unterbrachte.

Eine Szene aus der Finalserie im Jahr 2008: Lakers-Spieler Pau Gasol kämpft gegen Paul Pierce und Kendrick Perkins von den Boston Celtics. (Foto: ag.afp)

Was Schiedsrichter Storm zu Johnson sagte nach dessen Wurf, ist nicht überliefert - jedenfalls taugte diese Partie dazu, dem emotionsgeladenen Duell zwischen den Los Angeles Lakers und den Boston Celtics ein weiteres emotionsgeladenes Kapitel hinzuzufügen. Der amerikanische Sport vermarktet sich gerne über die Rivalitäten erfolgreicher Vereine, er überhöht sie mithin zu epischen Sportdramen: Im Baseball gibt es die Spiele der New York Yankees gegen die Boston Red Sox, eine Football-Partie zwischen den San Francisco 49ers und den Dallas Cowboys findet nur dann Eingang in die Geschichtsbücher, wenn es mal keinen Eklat gibt. Im Basketball gibt es das Duell der Lakers mit den Celtics - zum zwölften Mal stehen beide Vereine sich von Donnerstag an im Finale der NBA-Meisterschaft gegenüber.

"Ich rufe sofort Larry an, er muss zum Finale kommen", sagte Johnson im Fernsehsender ESPN, und erzählte sogleich ein paar Anekdötchen: "Larry und ich waren beide 2,06 Meter groß - aber wenn wir gegeneinander gespielt haben, ist jeder von uns mindestens fünf Zentimeter gewachsen. Vor jeder Saison habe ich mir die Spiele gegen die Celtics rot angestrichen, und wenn ich in der Zeitung gelesen habe, dass Larry am Abend zuvor 20 Rebounds geholt hatte, dann war mir klar, dass ich bei meinem Spiel mindestens 20 Vorlagen geben muss."

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Zum zwölften Mal treffen die LA Lakers im NBA-Finale auf die Boston Celtics.

Die Partien der achtziger Jahre zwischen den Lakers und den Celtics gelten als die Geburt des Basketballs, wie ihn die Amerikaner noch heute verehren: schnell, spektakulär, körperbetont - und auf die Rivalität zweier herausragender Protagonisten zugeschnitten: auf der einen Seite der lässige Afroamerikaner Johnson, der in Los Angeles eine hollywoodgerechte "Showtime" veranstaltete und dauergrinsend mit seinen Kollegen feixte. Auf der anderen Seite der weiße Landbursche Bird, der überhart verteidigte, seinen Kameraden auch mal einen anständigen Anschiss verpasste und seine individuelle Klasse stets ein wenig mürrisch in den Dienst der Mannschaft stellte. Es gab keine Finalserie in den 1980er Jahren, an der nicht mindestens einer der beiden Vereine beteiligt war - nur die Philadelphia 76er und die Detroit Pistons konnten in dieser Zeit außer den Lakers und den Celtics die Meisterschaft gewinnen.

Larry Bird und Magic Johnson bei einem der unzähligen Duelle gegeneinander. (Foto: AP)

Dabei geht die Rivalität beider Klubs noch weiter zurück: Das erste Finale gab es im Jahr 1959, die Lakers spielten damals noch in Minneapolis. Boston gewann dieses Finale wie auch die sechs folgenden, als die Lakers nach Los Angeles umgezogen waren. "Ich habe die Farbe Grün gehasst", sagt Jerry West, ehemaliger Spieler der Lakers, dessen Silhouette das NBA-Logo ziert. "Ich habe mich geweigert, irgendein Kleidungsstück zu tragen, in dem die Farbe Grün enthalten war - so sehr habe ich diesen Verein gehasst." Auch Larry Bird hat die Duelle mit den Lakers stets vor Augen: "In meinem Kopf sehe ich immer noch, wie Magic auf dem Court dribbelt, antäuscht, hochspringt und den Ball versenkt. Das macht mich immer noch wütend."

Die amerikanischen Medien versuchen nun, das zwölfte Finale zwischen den Lakers und den Celtics zum größten Duell aller Zeiten zu verklären. Auf Plakaten in LA sind die Lakers-Stars Kobe Bryant und Pau Gasol in martialischen Posen abgebildet, wie sie das Kleeblatt der Celtics zerschmettern, auf allen Sportsendern laufen derzeit die Highlight-Filme der vergangenen Finalspiele. Nicht nur Johnson und Bird müssen Anekdoten erzählen, sondern jeder Akteur, der irgendwann einmal das Leibchen eines der beiden Vereine getragen hat.

Die aktiven Akteure spielen die Bedeutung der Best-of-seven-Finalserie herunter, weil der Unterschied zwischen den Lakers und den Celtics nicht mehr so groß ist wie einst - die Spielweise ist ähnlich und die Starspieler Kobe Bryant und Kevin Garnett gehen freundlich, ja sogar freundschaftlich miteinander um. "Ich will im Finale stehen, ich will das Finale gewinnen - und mir ist egal, gegen wen wir spielen", sagt Kobe Bryant. Er hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt vom egozentrischen Exzentriker zum Teamspieler - was vor allem an Trainer Phil Jackson liegt, der Bryant nicht nur buddhistische Lehrbücher ans Herz legte, sondern auch eine mannschaftsdienliche Spielweise.

Mit der nämlich gewannen die Celtics vor zwei Jahren die Meisterschaft - gegen die Lakers. Den Celtic-Stars Kevin Garnett, Paul Pierce und Ray Allen wurde von Trainer Doc Rivers der Begriff Ubuntu eingetrichtert, was eine Philosophie des afrikanischen Zulu-Stammes ist und "universelles Band des Teilens" bedeutet. "Wir haben alle unsere Egos verkleinert, um gemeinsam größeren Erfolg zu haben", sagte Kevin Garnett damals. Und so ist die Finalserie kein Duell zwischen Ostküste und Westküste, zwischen Eleganz und Kampfgeist, zwischen Schwarz und Weiß - es ist das Finale zweier homogener Mannschaften.

Die Lakers gelten als leichter Favorit, in der regulären Saison haben sie sieben Spiele mehr gewonnen als die Celtics. Außerdem seien die "Ubuntu-Jungs" zu alt, zu satt, zu unbeweglich - so die Experten-Kommentare der letzten Wochen. In der Ausscheidungsrunde allerdings bezwangen die Celtics bereits die favorisierten Cleveland Cavaliers und Orlando Magic. "Wir sind nicht mehr die Jüngsten - aber deshalb wissen wir, wann es gilt", sagt Garnett - und ausgerechnet der ehemalige Lakers-Star Magic Johnson pflichtet ihm bei. "Es gibt so viele Männer, die dieses Spiel spielen können. Aber es gibt nur sehr wenige, die es in den letzten fünf Minuten eines Finales spielen können. Garnett gehört dazu."

Am Donnerstag findet das erste Spiel der Serie in Los Angeles statt. Auf der Tribüne werden Stars wie Jack Nicholson oder Leonardo DiCaprio sitzen, während in Boston das Publikum aus Professoren der Ivy-League-Universitäten besteht. Die Ansetzung der Schiedsrichter ist noch nicht bekannt, die Kandidaten feilen jedoch bestimmt schon an markanten Sprüchen. Nur für den Fall.

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