Nadia Podoroska:Qualifikantin schreibt Tennisgeschichte

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Grund zum Jubel: Nadia Podoroska (Foto: AFP)

Die Bühne in Paris gehört den Unbekannten: Die Argentinierin Nadia Podoroska landet im Halbfinale von Roland Garros - als erste Qualifikantin, seit es Profitennis gibt.

Von Gerald Kleffmann, Paris/München

Sie entschuldigte sich erst einmal. Ihr Englisch sei nicht so gut, sagte Nadia Podoroska schüchtern. Sie stand mitten auf dem Sandplatz in diesem gewaltig großen und ziemlich leeren Stadion namens Court Philippe-Chatrier, nur 1000 Zuschauer sind ja bei diesen French Open erlaubt. 6:2, 6:4 hatte die 23-Jährige aus Rosario in Argentinien gegen die Ukrainerin Elina Switolina gewonnen, der Sieg war einerseits nicht spektakulär - und andererseits doch. Podoroska hatte dieses Duell im ersten Satz von vorne weg gespielt, wie man sagt, sie hatte dominiert mit ihren harten, mutigen Grundlinienschlägen. Der zweite Satz war umkämpfter, aber sie war die verdiente Gewinnerin.

Weil sie aber als Qualifikantin nun auf einmal im Halbfinale der French Open gelandet ist - als erste überhaupt seit 1968, seit es Profitennis gibt -, hat sie Tennis-Geschichte geschrieben. Wie sie das angestellt hat, als 131. der Weltrangliste? "Während der Pause habe ich viel mit meinem Team trainiert", sagte Podoroska und war, wie die Fernsehbilder einfingen, sichtlich erleichtert, als sie noch ein paar Grüße in Spanisch nach Hause schicken durfte.

French Open
:Schwartzman bezwingt Thiem nach über fünf Stunden

Der US-Open-Sieger ist im Viertelfinale raus. Der Argentinier Diego Schwartzman besiegt den Österreicher im bisher vielleicht hochklassigsten Match des Turniers - und trifft nun auf Rafael Nadal.

Die Dramaturgie im Frauen-Wettbewerb erfährt eine weitere Zuspitzung

Die irre Dramaturgie im Frauen-Wettbewerb erfährt somit eine weitere Zuspitzung. Schon ab dem Achtelfinale, als überraschend viele Etablierte im Tableau aufgrund von Niederlagen oder Aufgaben (Serena Williams) fehlten, hatte sich ein Trend angebahnt: Unbekannten gehört die Bühne von Roland Garros. Über Podoroska, die ukrainische Vorfahren hat, listet nicht mal die WTA Tour auf ihrer Homepage Informationen unter dem Reiter "Bio" auf. Bezüglich Iga Swiatek ist die Nachrichtenlage leicht besser. Die Polin, 19, die die Topgesetzte Simona Halep aus Rumänien mit 6:1, 6:2 abgefertigt hatte, kommt aus einer Sportfamilie, ihr Vater war Olympia-Ruderer 1988. Swiatek (WTA-Nr. 54) ist nun Podoroskas Gegnerin im Halbfinale. Sie besiegte am späten Dienstagabend die italienische Qualifikantin Martina Trevisan, die auch für Furore gesorgt hatte, mit 6:3, 6:1. Der Start dieser Partie hatte sich stark verzögert, da sich Diego Schwartzman und Dominic Thiem in dem Match davor länger als fünf Stunden bearbeitet hatten; der Argentinier setzte sich gegen den US-Open-Sieger aus Österreich 7:6 (1), 5:7, 6:7 (6), 7:6 (5), 6:2 durch.

Zwei Grand-Slam-Gewinnerinnen sind indes noch im Wettbewerb, die Amerikanerin Sofia Kenin (Nummer vier der Setzliste), die im Februar den Australian-Open-Titel errang, trifft im Viertelfinale an diesem Mittwoch auf ihre Landsfrau Danielle Collins. Petra Kvitova (Nummer sieben), zweimalige Wimbledon-Siegerin, duelliert sich mit Laura Siegemund, 32, aus Metzingen, die erstmals in der Runde der letzten Acht im Einzel steht. Es könnte also sein, dass das Finale zwei Ungesetzte bestreiten. Und womöglich gar eine Qualifikantin.

© SZ vom 07.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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