Nach Olympia-Aus:Sportbund-Präsident Hörmann kritisiert alle - nur nicht sich selbst

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Auf der Mitgliederversammlung des DOSB: Präsident Alfons Hörmann. (Foto: Peter Steffen/dpa)

Politik, Fifa, Funktionärs-Kollegen: Alfons Hörmann teilt nach dem Olympia-Aus für Hamburg kräftig aus.

Von Johannes Aumüller, Hannover

Seit zwei Jahren ist Alfons Hörmann, 55, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes - und wenn er in dieser Funktion eine Rede hält, dann streut er mit Vorliebe kräftige Sprachbilder ein. Aber so geballt wie bei der jährlichen DOSB-Mitgliederversammlung passiert es selten: Einmal beruft sich Hörmann auf Karl Valentin, ein anderes Mal erinnert er an Wilhelm Busch, irgendwann kommt eine alte Segler-Weisheit, und als er am Samstagmorgen zu seiner Grundsatzrede ans Mikrofon tritt, da zitiert er den Schriftsteller Christian Morgenstern: "Eine Wahrheit kann erst dann wirken, wenn der Empfänger dafür bereit ist."

"Tag der Wahrheit", so nennt Hörmann diese Mitgliederversammlung. Der deutsche Sport ist vor allem zusammengekommen, um das Nein von Hamburgs Bevölkerung zur geplanten Bewerbung für die Sommerspiele 2024 aufzuarbeiten. Und er will erörtern, wie es nun weitergeht. Wie sieht sie nun aus, Hörmanns Wahrheit?

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Nur einen Fehler gesteht Hörmann ein

Die Kernbotschaft ist diese: Der deutsche Sport hat sich im Wesentlichen nichts vorzuwerfen. Dass nach dem Nein von München vor zwei Jahren keine tiefgreifende Aufarbeitung erfolgte; dass sich der Sport stattdessen eilig in die nächste Kandidatur stürzte; dass es einen merkwürdigen nationalen Ausscheidungskampf zwischen Berlin und Hamburg gab; dass der DOSB mit unklarer Finanzierungsfrage loszog. Das alles lässt Hörmann nicht gelten. "Ich würde es wieder tun, und ich würde es gleich tun", sagt er.

Einen Fehler gibt er zu, aber für den konnte der deutsche Sport im Prinzip nichts: Dass das Referendum auf Wunsch von Hamburg bereits im November 2015 erfolgte und nicht später, womöglich gar erst kurz nach medaillenreichen Spielen in Rio de Janeiro. Dass das Nein Konsequenzen hat für Hörmann, dem das Projekt eine sehr leidenschaftliche Angelegenheit war, oder für den Vorstandsvorsitzenden Michael Vesper, 63, der nun schon die dritte gescheiterte Olympia-Bewerbung in seiner Ägide verkraften muss - das steht nicht zur Debatte.

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Mit ungewöhnlich scharfen Worten nimmt Hörmann sich dagegen den Fußball-Weltverband Fifa zur Brust. "Es ist einfach nur noch inakzeptabel und beschämend, was in dieser Organisation läuft", sagt er. Nach den jüngsten Verhaftungen am Fifa-Sitz Zürich "trauen wir uns selbst kaum noch, uns zu outen, dass wir Sportfunktionäre sind. Das kann nicht unsere Zukunft sein."

"So dürfen wir Deutschland international nicht repräsentieren und präsentieren"

Auch deutsche Funktionäre greift Hörmann an. Den designierten Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes, Reinhard Grindel, kritisiert er, weil der für seinen ehrenamtlichen Job eine jährliche Entschädigung von 170 000 Euro erhalten soll. Auch Theo Zwanziger, früher in der Exekutive des Fußball-Weltverbandes, sowie Helmut Digel, lange im Vorstand der Leichtathleten, nennt Hörmann namentlich, wenn es um das schlechte Image der Sportfunktionärswelt geht. Die beiden hätten doch wissen müssen, was um sie herum vor sich ging. "So dürfen wir Deutschland international nicht repräsentieren und präsentieren", sagt Hörmann.

Zudem schießt er sich auf die nationale Politik ein. Hörmann beschwert sich, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den Sport am Abend des gescheiterten Referendums in Hamburg als nicht liebenswürdig genug bezeichnete. "Das klingt in der Adventszeit gut und sympathisch", stellt Hörmann ironisch fest und fragt süffisant: Sei es denn liebenswürdig, dass ein Drittel der Schulsportstunden entfallen oder das Bestehen von "Jugend trainiert für Olympia" am seidenen Faden hing. Hörmann: "Das verstehen wir nicht unter Liebenswürdigkeit."

Auch in Richtung des Innenministeriums fielen eindeutige Sätze: "Ersparen Sie uns eine solche Entwicklung zurück in die vergangenen Jahrhunderte", sagte Hörmann zu Bundesinnenminister Thomas de Maizière, der an der Veranstaltung in Hannover teilnahm.

Das Bundesinstitut für Sportwissenschaft, eine dem Innenministerium nachgeordnete Einrichtung, hatte vor dem DOSB-Konvent auf seiner Webseite die Idee verbreitet, ein "Bundesamt für Sport" zu schaffen, das auch die Förderung der Verbände steuern soll. Ein Vorstoß, den de Maizière "dämlich" nannte. Allerdings mahnte der 61-Jährige auch: Es dürfe im Zuge der Debatte über die Neuausrichtung des Spitzensports keine Denkverbote geben. Auch der Innenminister wollte eher nach vorne als nach hinten schauen, aber eine Bemerkung gab er dem deutschen Sport doch mit auf den Weg: Wenn es um Ursachenforschung gehe, so schlage er vor, dass jeder vor seiner eigenen Tür kehre.

© SZ vom 06.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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