BVB-Talent Moukoko:"Der Junge ist tatsächlich 13"

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BVB-Nachwuchskoordinator Lars Ricken verteidigt den begabten Jugendspieler Youssoufa Moukoko (hier beim entscheidenden Torschuss des U17-Finales) - weil es Zweifel an seinem Alter gibt. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der 13-jährige Youssoufa Moukoko entscheidet mit seinem Treffer das U17-Finale für Borussia Dortmund gegen den FC Bayern.
  • Der BVB hat Moukoko in der U17 eingestuft, weil er ihn in den jüngeren Jahrgängen zu Recht unterfordert sah.
  • Talentspäher des FC Barcelona sollen den Spieler bereits beobachtet haben. Sie sind nicht die Einzigen, die ihn für den kommenden Topspieler in Deutschland halten.

Von Johannes Kirchmeier, München

Mit welchem Talent er ausgestattet ist, zeigte er schon in der 13. Minute. Die Mitspieler überließen ihm wie so oft an der Mittellinie den Ball, dann sprintete er los. Nur Zentimeter ließ er zwischen seinen Füßen und dem Ball, von Schritt zu Schritt beschleunigte er sich und die Kugel, er war schneller als die Gegenspieler. Er wirkte seiner Zeit voraus. Bis er stoppte. Am Strafraum suchte er seine Mitspieler, Blick nach links, nach rechts. Dann verdribbelte sich Youssoufa Moukoko. Es war kein einfacher Sonntag für ihn, das sollte nicht nur diese Episode zeigen. Alle Blicke bei diesem Endspiel um die deutsche Meisterschaft der U17-Junioren waren auf ihn gerichtet.

Während die Großen gerade um die WM in Russland spielen, trafen sich die Nachwuchsteams des FC Bayern und Borussia Dortmund zum Finale im Stadion des FC-Bayern-Campus, in dem Moukokos Dortmunder durch ein 3:2 (1:1) zum siebten Mal den U17-Titel holten. Der Stürmer, der mit 39 Toren aus 25 Spielen angereist war, entschied die Partie vier Minuten vor dem Spielende (76.), als er nach einem Abpraller dort stand, wo sich früher der Mittelstürmer Gerd Müller postierte: genau richtig. Moukoko drückte den Ball über die Linie. Nach der Partie bedankte sich das ganze Team bei ihm, Moukoko grinste, jubelte, schrie. "Er ist ein super Spieler, aber eigentlich hatten wir ihn ja gut im Griff", haderte Bayerns Nachwuchsleiter Jochen Sauer.

Talentspäher des FC Barcelona sollen Moukoko bereits beobachtet haben

Moukokos Kollege Immanuel Pherai hatte dem BVB zweimal die Führung beschafft (22./42.), Joshua Zirkzee (28.) und Jahn Herrmann (47./Elfmeter) glichen aus. Nach Moukokos Treffer wurde es dann noch hitzig wie bei den Großen: Dortmunds Samuel Örs und Zirkzee (78.) wurden nach Tätlichkeiten vom Platz gestellt.

Talentspäher des FC Barcelona sollen Moukoko bereits beobachtet haben - angeblich wollen sie ihn schnellstmöglich zu den Katalanen locken. Sie sind nicht die einzigen, die ihn für den kommenden Topspieler in Deutschland halten. Diese Dauerbegutachtung schien Moukoko am Sonntag jedoch zu bremsen, mit Ausnahme der Szene zu Beginn und des entscheidenden Treffers. 17-Jährige müssen mit einer so hohen Erwartungshaltung zurechtkommen, doch das Problem bei Moukoko ist halt: Er ist gar nicht 17 Jahre alt. Sondern erst 13. Der BVB hat ihn in der U17 eingestuft, weil er ihn in den jüngeren Jahrgängen zurecht unterfordert sah. Auch beim DFB hat Moukoko schon in der U16 vorgespielt und drei Tore in vier Spielen erzielt. Er wirkt schmächtiger als seine Kollegen - nutzt diese vermeintliche körperliche Unterlegenheit aber wie ein Bergfahrer im Radsport für flinke Antritte.

Und wie das so ist: Wenn einer seiner Zeit voraus ist, dann kommen die Zweifel. In diesem Fall: Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Alters von Moukoko. BVB-Nachwuchskoordinator Lars Ricken sah sich nach dem Halbfinale gegen Leverkusen, als Moukoko ein Tor vorgelegt und eines erzielt hatte, zu einer Klarstellung gezwungen: "Der Junge ist tatsächlich 13."

Moukoko ist in Kameruns Hauptstadt Jaunde geboren, erst später soll beim Standesamt Hamburg-Harburg die Geburt am 20. November 2004 nachbeurkundet worden sein, berichtete die Zeitung Die Welt. Amtlich zählt das Dokument wie eine Geburtsurkunde, doch die Zweifel blieben. Frühentwickler und Spätzünder gibt es freilich seit jeher im Fußball, und nicht nur dort. In die Schule gehen auch Fünftklässler mit Bart - und Zwölftklässler ohne. Der Amerikaner Freddy Adu schoss 2003 als angeblich 14-Jähriger vier Tore bei der U17-WM, wurde gejagt von großen Klubs - und kickt nun bei den Las Vegas Lights in der zweiten US-Liga. Vielleicht dachte der U16-Nationaltrainer Michael Feichtenbeiner daran, als er die Euphorie um Moukoko in der Bild bremsen wollte: "Die Vergangenheit hat öfter gezeigt, dass viele beeindruckende Talente letztlich nicht den ganz großen Durchbruch packen."

Auch wenn Moukokos Altersangabe korrekt ist: Bei einem kommt der große Entwicklungsschub früher, beim anderen später, so war es immer. Feichtenbeiner hob aber auch hervor: "Youssoufa hat was Außergewöhnliches. Er kann unfassbar gut Fußballspielen, antizipieren und ist extrem handlungsschnell." Und so flink zu Fuß, dass ihm die Mitspieler den Ball oft bereits an der Mittellinie überlassen müssen.

Nicht nur deshalb steht nach diesem Sonntagnachmittag fest: Viele Augen werden weiter auf Youssoufa Moukoko, 13 Jahre, gerichtet bleiben. Das ist jetzt seine Bürde.

© SZ vom 18.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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