Motorsport:Neuer Formel-1-Chef: «Probleme sind überall»

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London (dpa) - Nach dem Ende der Ära Bernie Ecclestone beginnt die neue Formel-1-Führung mit den Aufräumarbeiten. Der künftige Geschäftsführer Chase Carey attestierte seinem entmachteten Vorgänger eine Reihe von Versäumnissen.

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London (dpa) - Nach dem Ende der Ära Bernie Ecclestone beginnt die neue Formel-1-Führung mit den Aufräumarbeiten. Der künftige Geschäftsführer Chase Carey attestierte seinem entmachteten Vorgänger eine Reihe von Versäumnissen.

„Die Probleme sind überall“, sagte der Amerikaner der englischen Zeitung „The Telegraph“. „Wir vermarkten den Sport nicht, wir ermöglichen es den Fans nicht, sich auf den heute verfügbaren Plattformen mit dem Sport zu verbinden, unsere Sponsoren-Beziehungen sind eindimensional, die Events fühlen sich altmodisch an“, kritisierte Carey.

Gemeinsam mit dem ehemaligen Teamchef Ross Brawn als Direktor für Sport und Technik sowie dem früheren TV-Manager Sean Bratches als Vermarktungschef will Carey die Rennserie wieder attraktiver und noch profitabler machen. „Es ist im Moment nicht so, wie es sein sollte, wenn das Geschäft gut laufen soll“, sagte der US-Geschäftsmann. An diesen Stellschrauben will die neue Formel-1-Führung drehen:

GRAND-PRIX-FORMAT: Einer von Careys Kernpunkten ist die bisweilen mangelnde Attraktivität der Renn-Wochenenden. „Es sollte eine Woche lang Spektakel mit Entertainment und Musik sein, Events, die eine ganze Stadt bewegen“, sagte Carey. An manchen Austragungsorten ist die Formel 1 derzeit kaum sichtbar und fährt vor halbleeren Tribünen. „21 Super Bowls“ wolle er während einer Saison kreiieren, umriss Carey seine Idee.

REGELWERK: Ständige Technik-Neuerungen, Verbote und Reformen überfordern die Fans. Bestes Beispiel war in der Vorsaison das peinlich gescheiterte Experiment mit dem neuen Qualifikationsformat. Der neue Formel-1-Sportchef Ross Brawn will vieles vereinfachen, den Sport wieder zurück an seine Wurzeln führen. So könnte die künstliche Überholhilfe DRS ebenso abgeschafft werden wie die umstrittenen Hybridmotoren.

VERMARKTUNG: Auch die neuen Besitzer wollen viel Geld mit der Formel 1 verdienen. „In den vergangenen vier, fünf Jahren hat der Sport sein Potenzial nicht genutzt“, sagt Carey. Auf dem US-Markt sieht Liberty noch große Wachstumschancen, zum Beispiel mit Stadtrennen in New York oder Los Angeles. Stars wie Lewis Hamilton und Max Verstappen sollen viel stärker positioniert werden, um junge Fans zu gewinnen. Dafür sollen die sozialen Netzwerke und digitale Medien viel mehr als bisher genutzt werden. Auch über neue TV-Technologien wie virtueller Realität sollen neue Zuschauer begeistert werden. Mehr Spektakel und mehr Fans würden auch neue Sponsoren in die Rennserie locken.

FINANZSTRUKTUR: Ecclestones System fußte neben den TV-Einnahmen auf den Verträgen mit den Streckenbetreibern, von denen er immer mehr Antrittsgeld verlangte. Das raubte vor allem den Strecken im alten Kernmarkt Europa die Geschäftsgrundlage. Die neue Führung wird hier wohl ebenso gegensteuern wie beim Preisgeld-Modell, das wenige Top-Teams bevorteilte. Auch der satte Millionen-Bonus für Ferrari dürfte auf dem Prüfstand stehen. Die Diskussion um eine Budgetgrenze will Ross Brawn wieder führen. Noch ungewiss ist, ob die Teams das Angebot von Liberty annehmen und sich über den Kauf von Anteilen als Investoren engagieren.

WETTBEWERB: Wenn auf Dauer nur ein Team gewinnt und höchstens zwei weitere um Siege mitfahren können, gerät die Formel 1 in die Sackgasse. Mehr sportliche Chancengleichheit, das Brechen der Übermacht der ressourcenstarken Rennställe Mercedes, Ferrari und Red Bull - dieses Ziel hat sich Ross Brawn gesetzt. „Wir kennen das Beispiel von Leicester City - das wäre das Ideal für die Formel 1. Ein gutes Team mit einem tollen Jahr und einem starken Fahrer würde wirklich ein Herausforderer sein können“, erklärt Brawn seine Vision.

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