Motorsport:Im Zeichen der Erinnerung: Rückkehr an Bianchis Unfallort

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Suzuka (dpa) - Der Schrecken wurde mit jeder Minute größer, die Sorge wuchs mit jedem Tag, jeder Woche, jedem Monat. Von Weltmeister Lewis Hamilton bis zu den Formel-1-Mechanikern im Fahrerlager hofften alle auf gute Nachrichten von Jules Bianchi.

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Suzuka (dpa) - Der Schrecken wurde mit jeder Minute größer, die Sorge wuchs mit jedem Tag, jeder Woche, jedem Monat. Von Weltmeister Lewis Hamilton bis zu den Formel-1-Mechanikern im Fahrerlager hofften alle auf gute Nachrichten von Jules Bianchi.

Vergeblich. Am 17. Juli dieses Jahres, neun Monate nach seinem grauenvollen Unfall, starb der beliebte und bei Ferrari als künftiger Stammpilot hoch angesehene Franzose im Alter von 25 Jahren. Er erlangte nicht mehr das Bewusstsein, die Kopfverletzungen, die er sich auf dem International Racing Course von Suzuka zugezogen hatte, waren einfach zu schwerwiegend. In diesen Tagen treffen Bianchis Kollegen erstmals wieder am Ort des schrecklichen Geschehens vom 5. Oktober 2014 ein. Begleitet von einem mulmigen Gefühl.

„Der nächste Grand Prix in Japan wird sicher schwieriger für alle“, sagte Adrian Sutil in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Er hatte die Momente, die Bianchi das Leben kosteten, mitansehen müssen. Der mittlerweile 32 Jahre alte Gräfelfinger war mit seinem damaligen Sauber-Rennwagen vor Kurve sieben auf regennassem Asphalt vom Kurs abgekommen. Sein Auto musste geborgen werden.

Bianchi raste eine Runde später mit großer Geschwindigkeit praktisch unter den Bergungskran, an dem Sutils Sauber hing. Die Wucht des Aufpralls, der Bianchis Kopf ausgesetzt war, war enorm groß. „Das war ein extremer Unfall und es hat gedauert, bis einem solche Momente aus dem Kopf gehen. Ich würde nicht sagen, dass es ein bleibender Schock ist. Es öffnet einem die Augen, was wir da eigentlich tun“, betonte Sutil.

Bianchi war der 26. Fahrer, der seit der ersten Formel-1-Saison 1950 in einem offiziellen Training, einer Qualifikation oder in einem Rennen tödlich verunglückte. Über 20 Jahre war es zuvor aber zu keinem toten Piloten mehr gekommen, nachdem die Sicherheitsmaßnahmen infolge der fatalen Unfälle von Ayrton Senna am 1. Mai 1994 in Imola und Roland Ratzenberger einen Tag davor dramatisch verbessert worden waren. Nur so konnte seinerzeit wohl auch Robert Kubica den unfassbaren Crash 2007 im kanadischen Montréal nahezu unversehrt überstehen.

Doch wie viel Risiko muss, kann oder darf sein? Draufgänger jedenfalls sind in der Formel 1 fehl am Platz, Kalkül paart sich mit Können. Nico Rosberg formuliert es so: „Speed ist der Reiz. Das Duell mit den anderen und die Perfektion suchen.“ Risiko brauche er nicht. Ein Gefahrenpotenzial bei Geschwindigkeiten von deutlich über 300 Stundenkilometern ausschließen? Auch unmöglich. Minimieren ist wohl der Königsweg.

Der Internationale Automobilverband reagierte nach dem Unfall Bianchis schnell und führte die sogenannte virtuelle Safety-Car-Phase ein, in der die Wagen automatisch gedrosselt werden. Untersuchungen einer eigens durch die FIA einberufenen Kommission hatten ergeben, dass Bianchi in dem Gefahrenbereich die Geschwindigkeit nicht wie gefordert angepasst hatte.

Der Tod des ehemaligen Formel-1-Piloten Justin Wilson im August in der Indy-Car-Serie, und damit nur rund einen Monat nach Bianchi, hatte auch die Diskussion um geschlossene Cockpits intensiviert. Die FIA prüft entsprechende Ideen. „Wir dürfen nicht noch mal vor so seiner Situation stehen“, hatte Präsident Jean Todt am Wochenende nach Bianchis Unfall betont. Diese Mahnung wird allen wieder in Erinnerung kommen, wenn sie am Donnerstag auf dem Suzuka International Race Course ankommen und einer sehr, sehr schmerzlich vermisst wird: Ihr Kollege Jules Bianchi.

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