Borussia Mönchengladbach:Nasskalt gelaunt in Jerez

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Vielleicht bald Teamkollegen: Gladbachs Thorgan Hazard (rechts) und Dortmunds Jadon Sancho. (Foto: Bernd Thissen/dpa)
  • Der Sportchef von Borussia Mönchengladbach beschwert sich über die Ausmaße des Transfers von Christian Pulisic von Borussia Dortmund.
  • Max Eberl findet, dass die Größenordnung von über 60 Millionen Euro anderen Klubs Probleme bereiten könnte.

Von Ulrich Hartmann

Es ist nicht gerade heiß im Süden Spaniens, aber mit knapp zehn Grad doch recht angenehm und obendrein sonnig. Daheim am Niederrhein müsste der Fußballmanager Max Eberl jedenfalls frösteln, dort ist es nasskalt bei vier Grad. Man musste sich also ein bisschen wundern, dass der Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach im Trainingslager im idyllischen Jerez de la Frontera plötzlich drauflos geschimpft hat und dann auch noch über Geschäfte, die ihn nicht zwingend etwas angehen müssten.

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"Pervers" nannte Eberl zum wiederholten Male die Entwicklung der Ablösesummen im Fußball, und als Anlass für diese neuerliche generelle Feststellung nahm er die Verkaufssumme von Borussia Dortmunds Flügelstürmer Christian Pulisic, der für 64 Millionen Euro an den Londoner Premier-League-Klub FC Chelsea veräußert wurde. "Das sind Dimensionen, die vielen Vereinen in der Bundesliga echt Probleme bereiten können", sagte Eberl - vielleicht, weil er fürchtet, dass ihn dieses lukrative Dortmunder Geschäft demnächst doch etwas angehen könnte.

Denn mit den "vielen Vereinen" meint Eberl natürlich nicht irgendwelche Klubs, sondern vor allem den eigenen. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Dortmunder die im kommenden Sommer auf ihrem rechten offensiven Flügel entstehende Pulisic-Vakanz schließen möchten, und es gilt als noch wahrscheinlicher, dass sie dafür auch den Belgier Thorgan Hazard von Borussia Mönchengladbach ins Visier nehmen. Hazard spielt die beste Saison seiner Karriere, ist erst 25 und hat in Gladbach einen Vertrag bis 2020. Diese Konstellation bedeutet, dass Eberl mit Hazard zwar am liebsten bald verlängern würde, dass er ihn aber für den Fall, dass Hazard dies nicht wünscht, im Sommer auf jeden Fall verkaufen will. Denn im Sommer 2020 möchte Eberl den wertvollsten Spieler des Kaders keinesfalls ablösefrei gehen lassen.

"Pervers" nennt Eberl die Summen im modernen "Fußball-Monopoly" (noch so eine Lieblingsvokabel von ihm) auch deshalb, weil er allenthalben spürt, dass man in Mönchengladbach da kaum noch mithalten kann.

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Natürlich haben die Borussen durch die irren neuen Marktpreise schon so manchen lukrativen Verkauf getätigt und dabei den marktüblichen Übertarif gerne eingesteckt, und natürlich haben sie im vergangenen Sommer ihrerseits den französischen Stürmer Alassane Plea für stattliche 23 Millionen Euro aus Nizza erworben - aber als Eberl jetzt gefragt wurde, ob man in diesem Winter womöglich den beim FC Chelsea kaum eingesetzten früheren Gladbacher Andreas Christensen für die Innenverteidigung ausleihen oder kaufen wolle, da hat der Manager nur brüsk abgewinkt: "Diese Dimensionen auf dem Transfermarkt sind für Gladbach nicht mehr möglich - da sind wir sowohl bei den Ablösen als auch bei den Gehältern in die Chancenlosigkeit abgerutscht."

Bemerkenswerte Worte sind das aus dem Lager des aktuellen Bundesliga-Dritten. Obwohl in der Tabelle derzeit nur hinter Borussia Dortmund und Bayern München eingestuft, fühlen sich die Gladbacher wirtschaftlich deutlich abgehängt; sie sähen keine Chance, Hazard zu halten für den Fall, dass sich Dortmund wirklich um den schnellen Belgier bemüht.

Und Hazard ist ja nicht der einzige, um den sich Gladbach sorgen muss angesichts der starken mannschaftlichen Leistungen in dieser Saison. Auch der Stürmer Plea, obwohl vor einem halben Jahr erst verpflichtet und mit einem Vertrag bis 2023 gebunden, gilt angesichts seiner neun Bundesliga-Treffer schon als internationale Jagdbeute.

Dessen Verkauf im Sommer schließt Eberl angesichts des ohnehin schon drohenden Hazard-Abgangs allerdings kategorisch aus. Das Gladbacher Prinzip - günstig einkaufen, teuer verkaufen - funktioniert nur über einen längeren Zeitraum, und würde man Plea jetzt schon wieder veräußern, müsste man selbst tief in die Tasche greifen, um sofort gleichwertigen Ersatz zu beschaffen. Außerdem, sagt Eberl, "ist mein Ziel als Sportdirektor, mit Gladbach so viel Erfolg wie möglich zu haben - und zwar vor allem mit guten Spielern und nicht mit viel Geld auf dem Konto."

Allerdings könnte der dritte Tabellenplatz, auf dem die Gladbacher überwintern, nun trotz der beklagten wirtschaftlichen Chancenlosigkeit gegenüber Dortmund und München noch ganz schön wertvoll werden. Denn mit einer Qualifikation für die Champions League stünde eine relevante Einnahme ebenso in Aussicht wie ein Anreiz für die besten Spieler, dann doch am Niederrhein zu verbleiben - vielleicht ja sogar für Thorgan Hazard.

© SZ vom 08.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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